Im kleinen niederschlesischen Ort Neustädtel wurde Fritz Lubrich geboren. Als seinem Vater, Fritz Lubrich senior, eine Kantorenstelle angeboten wurde, zog die Familie mit ihm ins Eulengebirge. Schon als Schüler vertrat der junge Fritz hin und wieder den Vater an der Orgel. Das Gymnasium besuchte er in der nahen Eichendorff-Stadt Neisse im alten Bistumsland. Nach dem Abitur wurde er ins Lehrerseminar in Sagan aufgenommen. Aber er fühlte sich von klein auf zur Musik hingezogen und wollte kein Lehrer werden.
Glücklicherweise wurde sein außerordentliches musikalisches Talent entdeckt, und so bekam er durch eine gute Fügung einen Studienplatz am „Königlichen Konservatorium“ in Leipzig, wo hervorragende Musiker lehrten. Durch den weithin bekannten Thomaskantor Karl Straube erhielt er Unterricht an der Orgel. Die Meisterklasse für Komposition hatte der damals bereits berühmte Max Reger unter sich. Ein Glücksfall für den begabten jungen Musiker.
Während Fritz Lubrichs Studienzeit schrieben das Konservatorium und Max Reger einen Kompositionswettbewerb aus, an dem er sich auch beteiligte. Er erhielt ganz unverhofft den ersten Preis, der mit einem stattlichen Preisgeld ausgestattet war.
Das öffnete ihm die Tore zu angesehenen Stellungen. Bereits im Jahr 1919 – er war gerade zwanzig Jahre alt geworden – übernahm Fritz Lubrich den damals weithin bekannten „Meisterschen Gesangsverein“ in Kattowitz in Ostoberschlesien, mit dem er in vielen Großstädten erfolgreich auftrat. Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war besonders in Oberschlesien von politischen Unruhen überschattet. Umso mehr bemühte sich der junge Musiker um Völkerverständigung. Dass die Musik ein ideales Medium dafür wäre, davon war er überzeugt. Es gelang ihm sogar, in Warschau Johann Sebastian Bachs Hohe Messe in h-moll sowie Ludwig van Beethovens Missa solemnis erstmals mit großem Erfolg aufzuführen. In sein Ensemble hatte er Deutsche und Polen aufgenommen.
Auch die moderne Musik gehörte zu seinem breit gefächerten Repertoire. So gelangten unter seiner Leitung beispielsweise Werke Arthur Honeggers wie auch zeitgenössischer polnischer Komponisten zur Aufführung.
Trotzdem wurde dieser friedliebende Musiker nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ebenfalls aus der Stadt seiner Erfolge vertrieben, er fand jedoch in Hamburg sein künftiges Zuhause und einen beruflichen Neubeginn. Bis zum Jahr 1952 leitete er die dortige „Singakademie“. Er gründete den „Hamburger Sing- und Instrumentalkreis“, der zur Volkshochschule gehörte. Weiterhin war er aber als ein gefragter Orgelvirtuose oft auf Tournee.
Zudem widmete er sich seinen eigenen Kompositionen, zu denen viele Liedvertonungen gehörten. Gern besuchte er die „Wangener Gespräche“, bei denen er manches Orgelkonzert gab. Der umgängliche und freundliche Mann, der gewöhnt war, auf den berühmtesten und größten Orgeln zu konzertieren, war sich nie zu gut dafür, auch auf einem kleineren Instrument zu spielen. Dafür reiste er von der Hansestadt nach Wangen im Allgäu, wo der „Wangener Kreis – Gesellschaft für Literatur und Kunst: Der Osten e.V.“ seinen Sitz hat, und manches seiner Lieder kam dort, von ihm am Flügel begleitet, zur Uraufführung. Diesem Kreis von Literaten, Musikern, Malern und Bildhauern fühlte er sich bis zu seinem Lebensende besonders eng verbunden.
Fritz Lubrich hatte nicht nur im Bereich der Musik sein Wissen und Können ausgebildet, er besaß auch ein feines Gespür für Literatur, insbesondere für Lyrik. Hier traf er Poetinnen und Poeten, deren moderne Dichtung ihn immer wieder inspirierte.
Schließlich konnte er auf ein reiches kompositorisches Schaffen verweisen. Es umfasst etwa 200 Orgel-, Klavier- und Chorwerke.
Nach der ersten Preisverleihung während seiner Studienzeit in Leipzig erhielt er noch weitere Ehrungen und Auszeichnungen. 1911 wurde ihm der Arthur-Nicklisch-Preis zugesprochen. Im Jahr 1917 verlieh ihm das „Kaiserlich- Königliche Ministerium für Kultus und Unterricht“ in Wien den Professorentitel. 1953 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, und zwei Jahre vor seinem Lebensende folgte der „Oberschlesische Kulturpreis“.
Fritz Lubrich verstarb in Hamburg, seinem langjährigen Wohnort.
Bild: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.
Monika Taubitz