Ernst Meyer, Sohn des Kammersekretärs Christian Dietrich Meyer (+1813) und dessen Ehefrau Anne Friederike, geb. Reinhold (+ 1799), erhielt zunächst Privatunterricht, besuchte von 1806 bis 1808 das Alumnatsgymnasium in Schulpforta und nahm 1809 in Göttingen das Studium der Jurisprudenz auf, das er nach eineinhalb Jahren abbrechen mußte, um als Hauslehrer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 1813 meldete sich Meyer freiwillig zu einem hannoveraner Jägerkorps, wurde im Laufe des Krieges Offizier der Reserve und tat zuletzt Festungsdienst in Ypern. 1816 begann er in Göttingen Medizin und Naturwissenschaften zu studieren. Er wurde 1819 promoviert und habilitierte sich als Privatdozent für Medizin an der Georgia-Augusta, an der er auch botanische Vorlesungen hielt. Nach Aufgabe seiner ärztlichen Tätigkeit trat Meyer 1823 über das Thema Metamorphose der Pflanzen in briefliche Verbindung mit Goethe, auf dessen Empfehlung hin Meyer 1826 als außerordentlicher Professor der Botanik an die Universität Königsberg i.Pr. berufen wurde (o. Prof. 30.1.1829), wo er zugleich Direktor des Botanischen Gartens wurde; er bemühte sich um dessen Verschönerung sowie um die Beschaffung ausländischer Pflanzen. In den Jahren 1846 und 1849 war er Prorektor; die Philosophische Fakultät zeichnete ihn mit der Ehrendoktorwürde aus; seine Ernennung zum Mitglied der Münchner Akademie der Wissenschaften traf in Königsberg kurz nach seinem Tode ein. – Meyer hatte 1827 seine Jugendliebe Friederike Isenbert geheiratet; die Ehe bliebkinderlos.
Die Reihe seiner monographischen Arbeiten über Pflanzengattungen hatte Meyer 1819 in der Regensburger Botanischen Zeitung mit dem Aufsatz Grundzüge zur Diagnostik der Arten in der Gattung Juncus eröffnet, dem die Dissertation Junci generis monographiae specimen im gleichen Jahre folgte. Seine Veröffentlichungen aus den 32 Königsberger Jahren zeigen, daß er sich weiterhin mit der Metamorphose der Pflanzen auf der Grundlage von Goethes Metamorphosenlehre, die er in der Fachwelt verteidigte, und mit der Familie der Junkazeen sowie mit weitläufigen pflanzengeographischen Untersuchungen beschäftigte. Er nutzte dafür Berichte und Pflanzensammlungen, die aus vielen Teilen der Welt nach Europa gelangt waren, so den Aufsatz des Grafen von Romanzoff über seine Weltumseglung Junceae expeditionis Romanzowianae (Linnaea, 1828). Meyer beschäftige sich auch mit der Flora des Landes: Preußens Pflanzengattungen nach Familien geordnet (1829); diese Untersuchungen mündeten ein in das zusammen mit C. Patze und L. Elkan herausgegebene Werk Flora Preußens (1850). Doch schrieb Meyer auch populärwissenschaftliche Aufsätze, etwa Um das Amylum (Preuß. Prov. Bll. 1839), Über die Coniferen (ebd.1841) oder Über Seidenflachs, besonders den neuseeländischen (ebd.1842), um einige Beispiele zu nennen. Zu seinen historischen Studien gehören u.a. Botanische Erläuterungen zu Strabons Geographie und einem Fragmente der Dikäarchos (1852). Meyers Hauptwerk ist schließlich die Geschichte der Botanik (1854-1857), die in vier Bänden von den Anfängen dieser Wissenschaft bei den Griechen bis zu den deutschen Vätern der Pflanzenkunde ins 16. Jahrhundert führt; der fünfte Band sollte 1859 erscheinen und den Abschluß dieses Werkes bilden, was der Tod jedoch verhinderte. An diesem Werk hatte Meyer mit Sorgfalt und überlegener Quellen- und Sprachkenntnis gearbeitet. Mit der Geschichte seiner Wissenschaft schrieb Meyer ein Stück Kulturgeschichte. Meyer hat sich auch dichterisch betätigt, aber seine von heiterer Lebensfreude geprägten Gedichte nicht veröffentlicht. – Meyer gehörte verschiedenen gelehrten Gesellschaften an, wie der Botanischen zu Regensburg, der Physikalisch-Ökonomischen zu Königsberg, dem Verein zur Beförderung des Gartenbaus zu Berlin und dem Landwirtschaftlichen Verein zu Elbing.
Lit.: Joh. Stephan Pütter, Versuch einer akademischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-Augustus-Universität zu Göttingen. Bd. 3, 1820; Bd. 4, ebd. 1838. – Hamberger/Meusel, Das gelehrte Teutschland. 5. Aufl. Bd. 18. 1821. – E. Wunschmann, in: ADB, Bd. 21,1885, S. 565-69 (Schr.- u. Litr.-Hinw.). –Julius Nicolaus Weisfert, Biogr.-litterar.-Lexikon für die Haupt- und Residenzstadt Königsberg u. Ostpreußen. 2. Ausg. 1898. – Lehnerdt, in: Altpr.-Biographie, 1. Lfg. Bd. II, 1942, S. 434 (Schr.- u. Litr.-Hinw.). – Goethes Werke, Hamburger Ausg., Bd. 13, S. 568f.; ebd. Bd. 14 (Reg.) – Dt. Biogr. Index, Bd. 3,1986.