Biographie

Braunschweig, Luther von

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Hochmeister des Deutschen Ordens
* 1. Januar 1275
† 18. April 1335 in Stuhm/Westpr.

Als Sohn des Albrecht Magnus Herzog von Braunschweig stammte er, im Deutschen Orden eine Ausnahme, aus reichsfürstlichem Geschlecht. Durch die systematische Heiratspolitik seines Großvaters Otto v. Lüneburg, der 1235 zum Herzog erhoben worden war, ergab sich die Verwandtschaft Luthers auch mit den Thüringer Landgrafen und somit dem Deutschordenshochmeister Konrad von Thüringen (1239-1240) und dessen Schwägerin, der hl. Elisabeth. Sein Großvater Otto hatte bereits 1240/41 einen Kreuzzug nach Preußen zur Hilfe für den Deutschen Orden unternommen, sein Vater Albrecht 1265. Wenn auch somit starke Affinitäten zum Deutschen Orden vorhanden waren, so trat doch nur Luther in ihn ein, während ein Bruder Templer, ein anderer Johanniter wurde. Der Aufstieg Luthers bedingte wohl, daß drei seinerNeffen später ebenfalls dem Deutschen Orden beitraten. 1297 ist Luther erstmals als Ordensbruder in Preußen nachweisbar, bis 1304 stets im Gefolge des jeweiligen Landmeisters, doch ohne Amt. 1308-1312 urkundete er als Komtur von Gollub, einer der bedeutenderen Komtureien des Kulmerlandes an der Grenze zu Masowien. 1314-1330 verwaltete er die Komturei Christburg, die wegen ihrer Bedeutung nach der Übersiedlung der Ordensleitung von Venedig auf die Marienburg 1309 allmählich mit dem Großgebietigeramt des Obersten Trappiers verbunden wurde, vielleicht zum erstenmal unter Luther. Allerdings urkundete er als Oberster Trappier nur 1314-1318,1324 (?) und 1327-1330; die Verbindung jenes Amtes mit der Komturei Christburg war also noch nicht völlig festgelegt. Am 17. Februar 1331 wurde Luther zum Hochmeister gewählt. Er starb am 18. April 1335 und ist auf eigenen Wunsch im Chor des Königsberger Doms, seiner Gründung, begraben, wo sich bis zum Zweiten Weltkrieg seine Grabplatte und eine hölzerne Liegefigur mit Porträtcharakter – ein bedeutendes, kurz nach dem Tode entstandenes Kunstwerk – befanden.

Die Stärke seiner Amtsführung liegt in der Innenpolitik, wobei besonders der Bereich des Landesausbaus zu nennen ist, der bereits in seiner Christburger Amtszeit eine bedeutende Rolle spielte, während er außenpolitisch daran interessiert war, den Krieg mit Polen, der seit der Annektion Pommerellens durch den Orden 1308/09 immer wieder aufflammte, ohne Nachteile für den Orden zu beenden. Wesentlich ist seine Bautätigkeit, bereits in der Komturei Christburg im Bereich der Pfarrkirchen, später aber auch für die Burgen. Auf ihn geht der Bau der Annenkapelle der Marienburg zurück als Grablege der Hochmeister, die reichsfürstengleiche Stellung besaßen, sicher veranlaßt durch seine Herkunft. Bleibende Bedeutung erlangte er ebenfalls für die Dichtkunst, als Anreger der Danielparaphrase, Thilos von Kulm Buches „Von siben ingesigelen“ und vor allem die Übertragung der preußischen Ordenschronik Peters von Dusburg durch Nikolaus von Jeroschin. Seine anhand der entsprechenden Statutenänderungen nachweisbare Religiosität traf sich mit dem einem fürstlichen Hause eigenen Traditionsbewußtsein. Wenn Helm und Ziesemer ihn einen feingebildeten Mann, eine bedeutende Persönlichkeit nennen, so geht dies sehr wohl auf mittelalterliche Wertungen zurück. Allerdings muß offenbleiben, ob er wirklich „sepius in choro cantat, quum notas novit dulciter modulare et signanter sanctissimam Elizabeth tanquam sibi specialem matronam devotissimis obsequiis et laudibus venerabatur“, wie der Chronist Wigand von Marburg– aufgrund seiner Herkunft besonders auf die Verwandtschaft Luthers mit der hl. Elisabeth hinweisend – am Ende des 14. Jhs. berichtet; doch ist unter Luther das fürstliche Element des Hochmeisters in Preußen in besonderem und positivem Maße zum Ausdruck gekommen. Allerdings dürfen wir sicher nicht so weit gehen, die Parallele zwischen der Marienburg als neuem Musensitz und der Wartburg zu ziehen.

Luther trat jedoch nicht nur als Anreger auf, er dichtete auch selber. Dies ist eindeutigüberliefert durch Nikolaus von Jeroschin, der eine Legende der hl. Barbara in deutschen Versen bezeugt. Der Orden hatte eine besondere Beziehung zu Barbara: Ihr Haupt sollte in die pommerellische Burg Sartowitz an der Weichsel gekommen sein, die 1242 vom Orden erobert wurde, wobei man das durch einen Zettel als solches gekennzeichnete Haupt fand und nach Kulm überführte. Zwar ist Barbara keineswegs Patronin des Ordens geworden, sondern gerade im 14. Jh. in verstärktem Maße Georg, doch hat sie im westlichen Ordensland, besonders im Kulmerland, stets eine gewisse Rolle gespielt. Luther mochte als Komtur von Gollub und Christburg, also in der engeren Nachbarschaft jenes Geschehens, damit in Berührung gekommen sein; in jener Zeit dürfte seine Dichtung auch entstanden sein. Erhalten ist sie nicht, diente jedoch neben Nikolaus vor allem einer um 1350 entstandenen „Translatio et miracula S. Barbarae“ als Quelle.

Die Autorschaft Luthers für das Buch der Makkabäer ist umstritten. Sie stützt sich auf ein braunschweigisches Initialwappen in der Vorrede des Dichters, welches Helm und Ziesemer zuletzt „gleichsam als Eigentumsmarke“ betrachteten, hier jedoch das geistige Eigentum meinen. Die Argumentation ist keineswegs zwingend, auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, daß noch drei Neffen im Orden lebten, doch wäre es immerhin möglich. Der sonst in jener Zeit unübliche Stoff hat eine besonders enge Verbindung zum Deutschen Orden als mit dem Heidenkampf befaßten Ritterorden, wie es bereits im Prolog der Deutschordensstatuten zum Ausdruck kommt und in Ordensdichtungen (Daniel, Nikolaus von Jeroschin) sowie bildlichen Darstellungen in Preußen deutlich wird. Das Original der Handschrift entstand vor der Danieldichtung; es ist auf jeden Fall zu Lebzeiten Luthers zu datieren, vor 1322 zumindest in Arbeit, wenn nicht gar abgeschlossen. Das Buch der Makkabäer stellt jedenfalls ein beachtliches Beispiel der Deutschordensdichtung des 14. Jahrhunderts dar.

Lit.: Udo Arnold, Luther von Braunschweig, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Auflage, Bd. 5, Berlin 1984. – Simon Helms, Luther von Braunschweig. Der Deutsche Orden in Preußen zwischen Krise und Stabilisierung und das Wirken eines Fürsten in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, In: Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, Band 67, Marburg 2009. – Udo Arnold, Die Hochmeister des Deutschen Ordens, Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, Bd. 40, 2., verb. u. erw. Auflage 2014.

Bild: Grabmal. Hölzerne Liegefigur aus Dom zu Königsberg, Mitte 14. Jhdt. (Ausschnitt).

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Luther_von_Braunschweig

Udo Arnold