Am 4. August 2020 jährte sich die Unterzeichnung des Wiesbadener Abkommens zum 70. Mal. In diesem Dokument bekannten sich 1950 Vertreter sudetendeutscher Vertriebener und tschechischer Exilorganisationen zum erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem gemeinsamen, friedlichen Europa.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und der Sudetendeutsche Rat würdigen in Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen mit der Festschrift „70 Jahre Wiesbadener Abkommen – von Vertreibung zu Verständigung“ die große Bedeutung dieses Nachkriegsdokumentes. Die erscheinende umfangreiche Festschrift versammelt Beiträge aus der Politik, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Bedingt durch die Corona-Pandemie konnte eine öffentliche Veranstaltung im Jubiläumsjahr, in dessen Rahmen die Publikation vorgestellt werden sollte, nicht mehr stattfinden.
Das Wiesbadener Abkommen stellt im Geiste echter und tiefer Versöhnung am Vorabend der Unterzeichnung der Charta der Heimatvertriebenen ein wichtiges Friedenssymbol dar. Zu Recht kann man das Wiesbadener Abkommen als ein Fundament für die Einigung Europas betrachten. Bereits in der Eichstätter Erklärung 1949 und in der Detmolder Erklärung 1950 hatten sich sudetendeutsche Politiker für einen Verzicht auf Rache und für ein friedliches Zusammenleben mit den tschechischen Nachbarn ausgesprochen.
In seiner Einleitung zur Festschrift erklärt Reinfried Vogler, Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung, den historischen Rahmen des Wiesbadener Abkommens: „Es lag wohl an den noch frischen Wunden von beiderseits erlittenem Unrecht und Leid, sicher auch an dem Bemühen, die Spirale von Unrecht, Rache und Gewalt zu unterbrechen, aber gewiss auch an der geistigen Größe und Souveränität der Handelnden und deren Mut, Neues durchzusetzen, dass mit diesem ersten Abkommen zwischen Sudetendeutschen und Tschechen nach der Vertreibung ein Zukunftskonzept entstanden ist, das mit seinen Aussagen zu Vergangenheit und vor allem zur Zukunft damals wahrhaft visionäre Züge trug.“
Das Wiesbadener Abkommen bekundet den Wunsch beider Seiten, in der Tschechoslowakei demokratische Verhältnisse herzustellen und den Sudetendeutschen die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen. Ähnlich wie in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen wird eine Kollektivschuld für das gegenseitig zugefügte Unrecht abgelehnt. Die Schäden, die dem tschechischen Volk wie den Sudetendeutschen zugefügt wurden, sollten wiedergutgemacht und die geistigen Urheber dieser Schäden bestraft werden. Über die endgültigen staatspolitischen Verhältnisse sollten die Völker in Freiheit entscheiden, heißt es im Abkommen.
Zur Entstehung der Festschrift trug nachhaltig Margarete Ziegler-Raschdorf, Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, bei. Auch Volker Bouffier, Hessischer Ministerpräsident, Gert-Uwe Mende, Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden, sowie der hessische Landesverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft unterstützten das Vorhaben. Die Festschrift (Broschur, 108 Seiten, ISBN 978-3-88557-246-6) ist bei der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft und dem Sudetendeutschen Rat erhältlich. Finanziell gefördert wurde die Erstellung der Festschrift maßgeblich durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport und das Kulturamt der Stadt Wiesbaden.
Die Vorstellung der Festschrift wird auf dem Youtube-Kanal der Kulturstiftung am 25. Januar 2021 ab 17 Uhr live gestreamt und ist bleibt dort anschließend abrufbar: www.bit.ly/kulturstiftungvideo
Die Festschrift enthält Beiträge von:
- Reinfried Vogler, Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Präsident der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Kronberg
- Volker Bouffier, Hessischer Ministerpräsident
- Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
- Gert-Uwe Mende, Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden
- Prof. Dr. Manfred Kittel, Universität Regensburg, Berlin
- Margarete Ziegler-Raschdorf MdL a.D., Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Wiesbaden
- Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert H. Gornig, Universität Marburg
- Prof. Dr. Rudolf Grulich, Leiter des Instituts für Kirchengeschichte Böhmen-Mähren-Schlesien e.V., Friedberg/H. (Ockstadt)
- Bernd Posselt MdEP a.D., Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft
- Daniel Hermann, Kulturminister der Tschechischen Republik a.D., Prag
- Christa Naaß, MdL a. D., Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates