Zum 41. Mal trafen sich die Donauschwaben in Bad Niedernau, um das Gelöbnis einzulösen, das 76 Jahre zuvor Pater Wendelin Gruber den Internierten der jugoslawischen Vernichtungslager Gakowa und Rudolfsgnad bei Eucharistiefeiern abgenommen hatte, nämlich jährlich zu wallfahren, wenn sie die Todesnot überleben würden.
Ungewohnt persönlich und anrührend verlief der morgendliche Gottesdienst mit Pfarrer Klaus Rapp, der die Pilger eingangs aufforderte, sich zu begrüßen und sich gegenseitig vorzustellen. Ebenso verfuhr Rapp selbst gegenüber seinen Zuhörern. Schon zum dritten Mal nach 2015 feiere er diesen Gottesdienst. 1956 in Pforzheim geboren, stammt Klaus Rapp von einem einheimischen Vater und einer Mutter aus Indija in der Provinz Vojvodina ab. Heute ist er Pfarrer in Hemsbach, Sulzbach und Laudenbach, direkt an der hessischen Grenze zwischen Weinheim und Heppenheim. Verantwortung trägt er auch als Stellvertretender Vorsitzender des St. Gerhardwerks und als Vorsitzender der Stiftung St. Gerhard. Bewegend sei für ihn ein Besuch in Serbien zusammen mit Erzbischof Zollitsch gewesen. Unter anderem wurden dabei Gedenkfeiern auf der Heuwiese für die 212 deutschen Mordopfer der Gemeinde Filipowa vom November 1944 sowie für die des ehemaligen Hungerlagers Gakowa abgehalten.
Im Gedenken seien aber noch viele mehr mit uns verbunden, so Pfarrer Rapp: alle, die damals in Serbien, auf dem Fluchtweg, in ihrer neuen Heimat starben, die den Glauben durch ihre Lebensgeschichte verloren, deren Familiengeschichten so belastet sind durch Flucht und Gewalt, durch Tod und Verbrechen, dass sie sich einem solchen Treffen nicht aussetzen können, darüber hinaus viele Nachkommen, die sich nicht mehr für die Geschichte der Vertriebenen interessieren. Und es seien nicht anwesend die Menschen, die heute auf der Flucht sind, unter Vertreibung und Terror leiden, wie etwa die Ukrainer. Wir alle mit unseren je eigenen Erlebnissen und Erfahrungen, unserer Angst und Hoffnung denken, so Rapp, an die Anliegen und Sehnsüchte der Menschen, die eben nicht da sind.
Im Hauptteil seiner Predigt bat Rapp Jesus Christus um sein Hiersein und sein Erbarmen, indem er nach dem Evangelisten Lukas das Fest Christi Himmelfahrt deutete und darüber berichtete, dass der auferweckte Jesus den Emmausjüngern erschien, anschließend den elf Aposteln in Jerusalem begegnete und seine Abschiedsrede hielt. Aber nicht wie sonstige Abschiede Verlassenheit, Verzweiflung oder Trauer hinterlassen, verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern zwar endgültig und unwiderruflich, doch ohne Trennungsschmerz, Trauer oder Wehmut. Vielmehr kehren die Jünger in großer Freude nach Jerusalem zurück, sind immer im Tempel und preisen Gott, weil Jesu Abschied gar kein wirklicher Abschied war, sondern im Geist würden sie miteinander verbunden bleiben, im Geist wird den Jüngern ein neuer Zugang eröffnet. Jesu Heimgang zum Vater sei kein Rückzug aus dieser Welt. Nicht von ungefähr habe die Kirche anfänglich Christi Himmelfahrt und Pfingsten zusammen gefeiert. Christi Himmelfahrt sei kein Tag der Trauer, sondern ein Fest der Freude und des Geistes. Dabei sei die Geistgabe kein Selbstzweck, vielmehr nehme Jesus seine Jünger als Zeugen: In seinem Namen sollen sie fortan allen Völkern Umkehr zu Gott und Vergebung anbieten. Die Stärkung aus der Höhe ermächtige also zu einer starken Botschaft: Gemeinschaft mit Gott ist möglich, Versöhnung und Eintracht werden geschenkt, um Christi willen. Für die Verkündigung dieser frohen Botschaft werden die Jünger abschließend gesegnet, es wird ihnen Gutes zugesagt und gewünscht. Nicht wir als Kirche seien wichtig, sagte Rapp, sondern das, wofür wir durch Gottes Geist gestärkt werden: zur Bezeugung göttlicher Versöhnung. Und dort, wo sie angenommen wird und gelingt, sei der Himmel, sei Christus gegenwärtig. Himmel, das sei keine Größe des Jenseits, sondern ein Ereignis des Diesseits; keine Vertröstung, sondern Realität für jeden, der sich aufmacht, mitten im Alltag den Dienst der Versöhnung zu üben. Christi Himmelfahrt sei das Fest der Zusage, dass Jesus da ist, wo Menschen Gottes Geist Raum geben und das Licht der Osterkerze nicht auslöschen, so Rapp abschließend.
Nach einem geselligen, von Familie Reichert aus Rottenburg zubereiteten Mittagessen wurde um 14.00 Uhr die Marienandacht abgehalten. Pfarrer Klaus Rapp beleuchtete das Thema der Marienfrömmigkeit. Wie sie bei der Hochzeit von Kanaan den Mangel an Wein erkenne, sehe Maria überall Not und Mangel der Menschen und lege deshalb beim Menschensohn, an den sie glaubt, Fürsprache ein. Zur Abrundung der Wallfahrt boten Frauen aus Bad Niedernau Kaffee und Kuchen an.
Stefan P. Teppert