Biographie

Bleyer, Jakob

Herkunft: Donaugebiet
Beruf: Germanist, Volkstumspolitiker
* 25. Januar 1874 in Tscheb in der Batschka
† 5. Dezember 1933 in Budapest

Jakob Bleyer wurde als Sohn einer wohlhabenden donauschwäbischen Bauernfamilie geboren. Nach dem Besuch der ungarischen Gymnasien in Neusatz und Kalotscha studierte er deutsche und ungarische Philologie an der Universität in Budapest, wobei Gustav Heinrich (1845-1922) und Gideon Petz (1863-1943) seine wichtigsten Lehrer waren. Er beendete sein Studium 1897 mit der Promotion und der Prüfung für das Höhere Lehramt. Danach unterrichtete er in Budapest und Ödenburg. In diese Zeit fällt auch seine Heirat mit Wilhelmine Holzinger. Da er beabsichtigte, die Laufbahn eines Universitätsdozenten einzuschlagen, ließ er sich für ein Jahr beurlauben, um in Deutschland in München und Leipzig seine Studien fortzuführen. Nach seiner Rückkehr habilitierte er sich und wurde (unbesoldeter) Privatdozent, so daß er weiterhin als Lehrer unterrichten mußte. 1908 wurde er als ordentlicher Professor an die Siebenbürgische Universität in Klausenburg berufen. Von 1911 bis zu seinem Tode lehrte er an der Budapester Universität. Hier begründete er zusammen mit G. Petz das Germanistische Seminar. Bleyer wandte sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit in besonderem Maße der Erforschung der deutsch-ungarischen literarischen Beziehungen zu. Er stellte die große Bedeutung der Kaiserstadt Wien als Umschlagplatz und Vermittlerin westlichen Kultureinflusses auf Südosteuropa heraus und regte viele siedlungs- und kulturgeschichtliche, literarhistorische und volkskundliche Arbeiten an, die in der Schriftenreihe „Német philológi ai dolgozatok“ (Arbeiten zur deutschen Philologie) und in der ab 1929 von Bleyer geleiteten Zeitschrift „Deutsch-ungarische Heimatblätter“ erschienen. Seine politische Tätigkeit begann im Jahre 1917 mit der Veröffentlichung kulturpolitischer Aufsätze über die Magyarisierungsbestrebungen der ungarischen Behörden gegenüber den Deutschen. Mit anderen ungarndeutschen Persönlichkeiten beteiligte er sich an den Kämpfen gegen die kommunistische Regierung Bela Kuns. Nach dem Zusammenbruch von dessen Räterepublik übernahm er im Kabinett des Ministerpräsidenten Stefan Friedrich das Nationalitätenministerium, von dem er nach Anfeindungen im Dezember 1920 zurücktrat. Danach nahm er seine Lehrtätigkeit an der Universität wieder auf. Mit ganzer Kraft setzte er sich für die kulturelle und politische Stärkung der deutschen Bevölkerung Ungarns ein, die nach dem Vertrag von Trianon und den daraus folgenden Gebietsabtretungen noch ca. 500000 Menschen betrug. Dazu gehörte im Jahr 1921 die Gründung des „Sonntagsblattes für das deutsche Volk in Ungarn“ und des „Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins“, der sich rasch über das ganze Land verbreitete. Nach sieben Jahren hatte er ca. 27500 Mitglieder und 180 Ortsgruppen. Er veranstaltete allgemeinbildende Vorträge in deutscher Sprache, errichtete Büchereien und führte musikalische Veranstaltungen sowie Trachtenfeste durch. Seit 1926 war Bleyer als Abgeordneter des deutschen Wahlkreises Villány Mitglied im ungarischen Parlament und somit seit 1901 erster Abgeordneter der Deutschungarn. In seinen Parlamentsreden wies er auf die minderheitenfeindliche Schulpolitik und die Magyansierungstendenzen des ungarischen Staates hm. Durch alle diese Aktivitäten wurde Bleyer zum unumstrittenen Führer der Deutschen in Ungarn und Anwalt für ihre Gleichberechtigung im ungarischen Staat, als dessen Bürger er sich fühlte und dem er loyal gegenüberstand.

Lit.: Pukánszky, Bela von: Jakob Bleyer. In: Handwörterbuch des Grenz- und Auslanddeutschtums. Bd. 1. Breslau 1933, S. 479-480; Südostdeutsche Heimatblätter. 3 (1954), Folge 1/2 (enthält zahlreiche Beiträge, die Leben und Werk von J. Bleyer betreffen); Weidlein, Johann: Jakob Bleyer (1874-1933). In: Alemannisches Jahrbuch. 1954, S. 405-420; NDB 2; Moser, Hugo: Jakob Bleyer als Wissenschaftler. In: Südostdeutsches Archiv. 2 (1959), S. 171-185; Schwind, Hedwig: Jakob Bleyer. Ein Vorkämpfer und Erwecker des ungarländischen Deutschtums. München 1960; Schwob, Anton: Jakob Bleyer. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. München 1974, S. 214-215.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Bleyer

Harro Kieser