Biographie

Fickert, Georg Friedrich

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Kirchenlieddichter
* 20. November 1758 in Bartsdorf bei Striegau/Schlesien
† 6. Mai 1815 in Großwilkau bei Nimptsch/Schlesien

Nach und neben dem Baron Hans Ernst von Kottwitz (1757-1843) gilt der Pfarrer George Friedrich Fickert als Schlüsselfigur der frühen Erweckungsbewegung in Schlesien. Dabei weist der Baron mit seinem sozial akzentuierten Engagement bereits hinüber zur Inneren Mission, während der Pfarrer sich auf die geistlich-religiöse Erneuerung der vom Rationalismus beherrschten Kirche konzentrierte. Auf diese Weise ist Fickert zum Initiator der theologischen Wende der schlesischen evangelischen Kirche weg vom Geist der Aufklärung hin zum Geist der frommen Erweckung geworden. Miterlebt hat er diese Wende, die ab etwa 1830 datiert werden kann, nicht mehr.

Er selbst hatte diesen Umbruch während seines Theologiestudiums in Halle bereits für sich persönlich vorweggenommen. Sein Biograph Hellmut Eberlein zitiert einen Bericht, der diesen Vorgang in der Sprache der Erweckung als Rückwendung zum lutherischen (Herzens-)Glauben beschreibt:„Während seines dortigen Aufenthaltes (in Halle) geriet er, der von Haus aus dem alten lutherischen Glauben zugetan war, … unter den Einfluss der rationalistischen Theologie eine Zeit lang in völligen Unglauben und noch länger in allerlei quälende Zweifel und Anfechtungen. Aber auf eine … ihm unverdiente Weise wurde er durch Gottes Gnade wieder zum Glauben zurückgeführt und zwar zu dem lebendigen Glauben an die Sünden tilgende Sühnkraft des Blutes Christi, wie sie in der hl. Schrift als dem Brunnquell der Wahrheit zur Seligkeit bezeugt wird. Nun hatte er den Frieden Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, gefunden und fortan brannte in seinem Herzen das Feuer, von dem Jesus geredet, das er anzuzünden in die Welt gekommen sei, das Feuer der Liebe Gottes und der Bruderliebe, darin zu leben und davon zu zeugen seines Lebens Inhalt sein sollte“.

Mit dem „alten lutherischen Glauben“ ist die Grundeinstellung gemeint, die sich Fickert als Kind und junger Mensch aus dem Gesangbuch, der Bibel und dem lutherischen Katechismus im Wesentlichen als Autodidakt selbst angeeignet hatte. Die Eltern haben ihn religiös nicht gefördert. Der Vater, George Friedrich Fickert, war Freistellenbesitzer, Schneidermeister und Gerichtsgeschworener in Bartsdorf bei Striegau; die Mutter, Elisabeth, eine geborene Fichtner. In Bartsdorf wurde unser George Friedrich Fickert am 20. November 1758 geboren. Erst mit 13 Jahren schickten ihn die Eltern auf die Stadtschule in Striegau, drei Jahre später auf das Gymnasium in Schweidnitz. Am 2. Mai 1781, mit 22 Jahren, begann George Friedrich in Halle sein Studium. Nach sechs Semestern nahm er eine Hauslehrerstelle an. Zwölf Jahre musste er warten, bis er 1795, mit 36 Jahren, seine erste Pfarrstelle in Reichau im Kreis Nimptsch erhielt. Im selben Jahr verheiratete er sich mit Christiane Dorothea Laengner, Tochter eines Vorwerksältesten in Goldberg. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen zwei jung starben. 1810 erhielt Fickert einen Ruf nach Groß-Wilkau, ebenfalls Kreis Nimptsch. Hier ist er am 6. Mai 1815 im Alter von 56 Jahren gestorben.

Die Todesnachricht, die der Superintendent am 18. Mai 1815 herausgab, lässt auch heute noch aufhorchen. Denn dort wird gesagt, dass Fickerts früher Tod eine Folge„seines häuslichen Grams“ gewesen sei. Damit ist die äußere und die familiäre Not umschrieben, mit der der Pastor Fickert während seiner Berufstätigkeit zu kämpfen hatte. Ursache dieser Not war die große Armut, in der die Familie leben musste. Die Pfarrwidmut warf nicht viel ab, die Pfarrhäuser waren in schlechtem Zustand, die Bauern unwillig zur Abgabe des Dezem und zu Hilfeleistungen, zu denen sie eigentlich verpflichtet waren. Dazu kamen Missernten, aber auch die napoleonischen Kriege, die Schlesien hart trafen. Groß-Wilkau wurde von französischen Truppen besetzt, im Dorf wütete eine Feuersbrunst. Die Bewohner mussten sich in den umliegenden Wäldern in Sicherheit bringen. Viel schlimmer als das alles aber war der Kummer über die unglückliche Ehe, die die Fickerts führten. Christiane Dorothea hatte für die religiös-erweckliche Art ihres Mannes kein Verständnis, war grob zu den Gemeindegliedern, uninteressiert an seinem Beruf. Es ist möglich, dass sie psychisch krank war. Nach 18 Jahren Ehe kam es zur Trennung. Frau Fickert ging zu ihren Eltern nach Goldberg zurück. Die Gemeinde hielt zu ihrem Pastor. Auf seinen Grabstein setzte sie die Worte „Ein gesegneter Seelsorger“.

Offensichtlich ist es die Gemeindearbeit gewesen, in der Fickert Stärkung und Freude gefunden hat. Der Gottesdienstbesuch nahm zu, nachdem er eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Neuerung eingeführt hatte, sonntägliche katechetische Stunden, die dann zu Bibelstunden und Bibelbesprechstunden im Pfarrhaus ausgeweitet wurden. Stärkung und Freude bedeutete ihm darüber hinaus die Herausgabe der Christlichen Wochenblätter. Hier konnte Fickert seine schriftstellerischen und dichterischen Fähigkeiten voll entfalten und für das Reich Gottes einsetzen. Die Predigten, Berichte, Glaubenszeugnisse, Anekdoten, geschichtlichen Betrachtungen, die hier gedruckt wurden, waren in einer anschaulichen, herzenswarmen Sprache abgefasst und unterschieden sich schon dadurch von Stil und Inhalt der Predigten dieser Zeit. In den Wochenblättern hat Fickert auch Gedichte/Kirchenlieder, eigene und fremde, veröffentlicht; seine eigenen durchweg anonym. Forschungen haben ergeben, dass 22, möglicherweise auch 26 Gedichte von ihm selbst sein könnten. Sechs wurden in Liedersammlungen aufgenommen, darunter das bekannte MissionsliedO dass doch bald dein Feuer brennte von 1812,das heute noch im Evangelischen Gesangbuch (Nr. 255) zu finden ist. Durch den Weltgebetstag hat es weltweite ökumenische Bedeutung erlangt.

Systematische Auswertungen über die Verbreitung der Wochenblätter gibt es nicht. Es scheint aber, dass sie viel, auch in Gruppen gelesen, zum Teil auch weitergegeben wurden. Der für die kirchliche Zensur zuständige Breslauer Kircheninspektor David Gottfried Gerhard (1734-1808) begleitete sie mit seinem Wohlwollen. Die Herrnhuter schätzten und verbreiteten sie in ihren Arbeitsfeldern, auch im Ausland. So waren sie zum Beispiel in Livland bekannt. Insgesamt sind die Christlichen Wochenblätter eine wichtige Stimme des Pietismus in Schlesien. Erscheinen konnten sie überhaupt nur, weil es Fickert gelungen war, Sponsoren zu finden, die für die Kosten aufkamen. Er selbst hat sie in den Jahren 1806 bis 1815 redigiert. Verdient hat er daran nichts. Nach seinem Tod sind die Wochenblätter bis 1827 weitergeführt worden – unter dem Titel: „Christliches Wochenblatt für gesammelte und zerstreute Kinder Gottes und alle, die den Herrn von ganzem Herzen suchen. 11. Jahrgang 1816, Fortsetzung der bis zum Juni 1815 vom seligen Herrn Pastor Fickert in Groß-Wilkau unter demselben Titel herausgegebenen Schrift“.

Lit. in Auswahl: Abschiedspredigt gehalten zu Reichau als am 3ten Sonntag nach Trinitatis, den 8ten July 1810 und  Anzugspredigt in Groß-Wilkau; gehalten den 5ten Sonntag nach Trinitatis, den 22ten July 1810.  Reichenbach, gedruckt in der königl. privil. Stadtbuchdruckerey, bey Ernst Müller, 1810. – Ausführliches Verzeichnis in Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch II/1, Göttingen 1957, 273 f., III/2. ebd. 1990, 120 ff. – Chr.-E. Schott, Art. George Friedrich Fickert, in: Schlesisches Musiklexikon, hrsg. von L. Hoffmann-Erbrecht, Augsburg 2001, 163. – H. Eberlein, George Friedrich Fickert. Leben und Wirken eines schlesischen Erweckungspredigers, Liegnitz 1933. – A. Büchner, Das Kirchenlied in Schlesien und der Oberlausitz, Düsseldorf 1971, 257ff. (Das Ev. Schlesien VI/1) – Schles. Prov.Bl. 1822, 83.277; 1827, 52.94; 1838, Okt., Anh. 161.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Friedrich_Fickert

Christian-Erdmann Schott