Biographie

Heiliger, Bernhard

Herkunft: Pommern
Beruf: Bildhauer
* 11. November 1915 in Stettin/Pommern
† 25. Oktober 1995 in Berlin

„Gerade die Plastik ist kein Spiel mit ästhetischen Formen, Plastik ist gebannte Vitalität und räumliche Realität“. Das schrieb Bernhard Heiliger 1959 auf dem Höhepunkt seiner bildhauerischen Karriere. Er vertraut mehr als viele seiner Zeitgenossen dem handwerklichen, dem materialgerechten Formen. Sucht man nach Gründen, so ist man geneigt, seine Ausbildung dafür verantwortlich zu machen. Der 1915 geborene Stettiner absolviert 1933-35 eine Steinmetzlehre, ehe er sich in der Stettiner „Werkschule für gestaltende Arbeit“, einer Kunstgewerbeschule, einschreiben läßt. Seine Begabung wird dort schnell erkannt, und er erhält das Stipendium der Stadt Stettin, das ihm ein Studium an der „Staatlichen Hochschule für bildende Künste“ in Berlin von 1938-41 ermöglicht. In das Jahr 1939 fällt eine für Heiliger bedeutsame Studienreise nach Paris, wo er der damals in Deutschland kaum bekannten Kunst eines Maillol, eines Despiau und eines Brancusi begegnet. Nach vierjährigem Kriegsdienst und kurzer Kriegsgefangenschaft beginnt Bernhard Heiliger 1945 in Berlin als freier Künstler zu arbeiten. 1946 hat er seine erste Einzelausstellung in Berlin und kann sofort die Kunstkenner und Kritiker auf sich aufmerksam machen. Schon ein Jahr später erhält er einen Lehrauftrag an der „Hochschule für angewandte Kunst“ in Berlin-Weissensee, 1949 wird er als Professor an die „Hochschule für Bildende Künste“ in Berlin berufen. Aus Anlaß der Verleihung des Berliner Kunstpreises 1950 an Heiliger findet im Haus am Waldsee in Berlin eine umfassende Ausstellung statt. Heiliger zeigt vornehmlich bekleidete Gestalten von strenger, doch plastischer Fülle, setzt das Gewand ein, um plastische Wirkungen zu unterstreichen, findet sogleich eine moderne und durchaus eigenständige Formulierung. 1952 wird dem Künstler der Preis der Stadt Köln verliehen, 1956 der Große Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen, 1952 der Preis der Bundesregierung Deutschland für den Wettbewerb „Der unbekannte politische Gefangene“, und 1953 erringt Bernhard Heiliger für ebendiese Arbeit in London eine internationale Auszeichnung. Er beteiligt sich an Kollektivausstellungen, hat Einzelausstellungen im In- und in zunehmendem Maße im Ausland. 1953 stellt er auf der Biennale in San Paolo aus. 1956 in Venedig, 1955,56,59 in Antwerpen, 1956 und 58 in Holland, 1954 in Dublin, 1958 in London. Er ist bei der ersten Dokumenta (1957) in Kassel sowie auf den folgenden vertreten und im Museum of Modern Art in New York (1958), er repräsentiert deutsche Kunst bei der Weltausstellung in Brüssel (1958), wo er seinen „Figurenbaum“ zeigt; Bildhauerzeichnungen sind bei den Graphikerausstellungen des Deutschen Kunstrates in Europa und in Übersee zu sehen.

Bernhard Heiliger wird immer öfter gerufen, wenn es gilt, großplastische Gestaltungen im Zusammenklang mit Architektur zu schaffen. Seine Sensibilität für Architektur und sein Gefühl für plastische Form ermöglichen ihm, seine Plastiken in einen fruchtbaren Dialog mit der Architektur zu stellen. Man kann das von den frühen Arbeiten, wie dem Relief imSchiller-Theater Berlin (1950) sagen ebenso wie von seiner Hänge-Plastik „Kosmos 70“ (1970) am Reichtstagsgebäude in Berlin.

Bernhard Heiliger gehört zu den wenigen Bildnisplastikern der Nachkriegszeit, die Europa hervorbrachte. Seine Bildnisse von Karl Hofer (1951), Alexander Camaro (1953), Ernst Reuter (1955) und Kurt Martin (1959) legen davon Zeugnis ab.

Als Bildhauer durchläuft Heiliger eine kontinuierliche Entwicklung, die beim Gegenständlichen, der menschlichen Figur, ansetzt, zu immer größerer Abstraktion führt in seinen organisch-vegetabilen Plastiken und im Gegenstandslosen mündet. Die frühen Bronze-Torsen weichen seit Mitte der 50er Jahre allgemein vegetabilen-organischen Formen, die einst glatten Oberflächen werden aufgebrochen und münden raumgreifend in verspannendem Gestänge, die Oberfläche zerbröckelt, scheint verwittert, kann aber auch zum reizvollen Ornament werden. Die 60er Jahre sind gekennzeichnet durch das Bestreben, das plastische Volumen vom Boden zu lösen, in den Raum emporschweben zu lassen. Mehr und mehr arbeitet Heiliger nun mit dem Kontrast von polierten, spiegelnden Flächen und dunkler amorpher Oberflächenstruktur. Ende der 60er Jahre entstehen Plexiglaskästen mit Raumplastiken aus Aluminium, Polyester und anderen Materialien, die Heiliger „Miracles“ nennt und in den frühen 70er Jahren in Monumentalplastik überträgt. In den 70er Jahren erscheint in Heiligers Werk immer häufiger das Motiv der Kugel als Mittel, Dynamik und Bewegung sichtbar zu machen. In jüngster Zeit beschäftigt sich Heiliger mit Eisenskulpturen. So entsteht die Monumentalplastik ,Auge der Nemesis“, die 1981 vom Berliner Senat erworben wurde und einen ebenso prägnanten Akzent im Berliner Stadtbild zu setzen verspricht wie die „Flamme“, die seit 1963 auf dem Ernst-Reuter-Platz steht. Bernhard Heiliger erarbeitet seine Plastiken in Zeichnungen, die wie seine Aquarelle als selbständige künstlerische Leistungen geschätzt werden. Seine Werke sind in mehr als 90 öffentlichen Sammlungen, Museen und Plätzen der Welt aufgestellt. Auch sollte man nicht vergessen, daß Heiliger neben seinem eigenen Schaffen lange Jahre als Hochschullehrer erfolgreich und verantwortungsvoll tätig war. Er war Mitglied des Deutschen Kulturrates und ist seit 1956 Mitglied der Akademie der Künste. Seine Verdienste um die deutsche Kunst wurden mit der Verleihung der Plakette des Ostdeutschen Kulturrates (1969), der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzesdes Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1974) und des Lovis-Corinth-Preises des Bundesministeriums des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (1975) gewürdigt.

Lit.: Flemming, H. Th.: Bernhard Heiliger, Berlin 1962; Kammacher, A.M.: Bernhard Heiliger, St. Gallen 1978; In beiden Monographien weitere Angaben zum Oeuvre, zu Ausstellungen, zur Literatur und zu Filmen, dieüber Bernhard Heiliger gedreht wurden.