Biographie

Huyn, Paul Graf von

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Erzbischof von Prag
* 17. Februar 1868 in Brünn/Mähren
† 1. Oktober 1946 in Bozen

Paul Huyn wurde 1868 in Brünn als Sohn des österreichischen Generals und Feldzugmeisters Johann Carl Graf Huyn geboren und studierte nach der Matura in Innsbruck und Rom. Er hatte sechs Geschwister, darunter war der letzte österreichisch-unga­rische Militärgouverneur von Galizien, Generaloberst Karl Georg Graf Huyn, und der Kommandant der letzten großen Reiterschlacht in Europa, Otto Aloys Graf Huyn bei Jaroslawice 1914. Seine philosophischen und theologischen Studien konnte Paul Huyn mit einem dreifachen Doktorat abschließen, in Theologie, Philosophie und Kirchenrecht. Die Priesterweihe erhielt er am 7. Juni 1892. Nach seiner Aufnahme in die Diözese Brünn 1898 war er als Kooperator in Prossmeritz (Prosí­měříce) in Südmähren tätig, später als k.u.k. Geheimrat und Apostolischer Missionär. Kaiser Franz Josef ernannte ihn am 17. April 1904 zum Bischof von Brünn, nachdem Bischof Franz Sales Bauer im selben Jahr zum Erzbischof von Olmütz (Olomouc) ernannt worden war. Nach der Bestätigung des kaiserlichen Vorschlags am 14. Mai durch Papst Pius X. erhielt Huyn am 26. Juni in Olmütz die Bischofsweihe. Unter seiner Tätigkeit als Brünner Bischof fand 1909 die erste Diözesansynode statt und 1911 der erste deutsche Diözesan-Katholikentag. Auch berief er einige neue Ordensgemeinschaften in seine Diözese wie die Redemptoristen nach Tasswitz (Tasovice), die Karmeliten nach Kirchwiedern (Kostelní Vydří), ferner die Eucharistiner, die Salvatorianer und die Oblaten. Als 1916 nach dem Tode des Olmützer Erzbischofs Franz Sales Kardinal Bauer der Prager Erzbischof Kardinal Leo Freiherr Skrbensky von Hrziste auf Wunsch der Wiener Regierung vom Olmützer Domkapitel zum Erzbischof von Olmütz postuliert wurde, bestand Wien auf Bischof Huyn als neuen Erzbischof von Prag. Am 4. Oktober 1916 wurde er nominiert und am 8. Dezember in Prag feierlich inthronisiert. Huyn beherrschte kaum die tschechische Sprache, und seine sprachlichen Fehler, wenn er sich tschechisch an seine Gläubigen wandte, wurden wie in Brünn auch in Prag kolportiert. In Prag war er deshalb nicht beliebt, da die Tschechen seine Ernennung als Diktat Wiens empfanden. Nach der Ausrufung der Ersten Tschechoslowakischen Republik am 28. Oktober 1918 prägte der neue Präsident Thomas G. Masaryk, der aus der katholischen Kirche ausgetreten war, das Wort: „Mit Wien haben wir abgerechnet, mit Rom werden wir abrechnen.“ In Prag kam es zu antideutschen Ausschreitungen; die Mariensäule auf dem Altstädter Ring wurde gestürzt und in die Moldau gerollt. Dass Huyn nach dem Krieg den Königgrätzer Bischof Josef Doubrava zum Apostolischen Administrator der Prager Erzdiözese bestellte, soll auf einen Rat des Papstes Benedikt XV. erfolgt sein. Da die Prager Regierung auf Ablösung der deutschen Erzbischöfe von Prag und Olmütz drängte, verließ Huyn nach einer Firmreise in Eger die Tschechoslowakei und ging zunächst in die Schweiz, dann nach Italien. 1919 verzichtete er auf sein Bistum und bekam stattdessen den Titel eines Titularerzbischofs von Serdica und 1921 die Würde eines lateinischen Titularpatriarchen von Alexandrien. Er war der vorletzte lateinische Würdenträger dieses Titels, der wie die Würde eines lateinischen Titularpatriarchen von Antiochien vom Zweiten Vatikanum abgeschafft wurde. Huyn starb am 1. Oktober 1946 in der Benediktinerabtei Muri-Gries bei Bozen, wo er in der Stiftskirche begraben wurde. Obwohl die Erzbischöfe von Prag als Metropoliten von Böhmen fast immer mit der Kardinalswürde ausgezeichnet wurden, wurde dies Huyn wegen der innerkirchlichen und nationalen Streitigkeiten Böhmens verwehrt. Im Biographical Dictionary – The Cardinals of the Holy Roman Church wird er unter Benedikt XV. im Konsistorium vom 4. Dezember 1916 mit dem Breslauer Bischof Adolf Bertram als Kardinal in pectore genannt und behandelt. Während Bertrams Kardinalswürde am 5. Dezember 1929 bekannt gemacht wurde, geschah dies bei Huyn aus politischen Gründen nicht.

Lit.: ÖBL 1815-1950, Band 3, S. 21. – Zum Kardinalat in pectore: https://webdept.fiu.edu/̴mirandas/bios1916.htm. – Aleš Zelenka, Die Wappen der böhmischen und mährischen Bischöfe, Regensburg 1979.

Bild: www.leipertitz.de

Rudolf Grulich