Biographie

Mendel, Gregor

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Abt, Naturforscher
* 22. Juli 1822 in Heinzendorf bei Troppau/Österr.- Schlesien
† 6. Januar 1884 in Brünn

Der Vererbungsforscher Johann Mendel, der als Mönch den Namen „Gregor“ erhielt, wurde am 20. Juli 1822 in Heinzen­dorf bei Odrau in Österreichisch-Schlesien geboren. Er starb am 6. Januar 1884 als Abt der Abtei Altbrünn des Augustinerordens in der mährischen Hauptstadt Brünn.

Als Sohn der Kleinbauern Anton und Rosina Mendel, der noch zwei Schwestern hatte, eine ältere und eine jüngere, half er schon als Kind im elterlichen Garten beim Veredeln der Obstbäume und züchtete Bienen im Garten der Dorfschule. Wegen ausgezeichneter Leistungen durfte er das Gymnasium in Trop­pau, der Hauptstadt des Kronlandes Schlesien, besuchen, musste allerdings von seinem 16. Lebensjahr an seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer selbst bestreiten und studierte 1840/43 am Philosophischen Institut der Universität Olmütz. Durch Erbverzicht seiner jüngeren Schwester, weshalb er nicht mehr nebenbei Geld verdienen musste, konnte er seine Prüfungen mit guten Noten abschließen, sah sich dann aber, wegen „bitterer Nahrungssorgen“ (Autobiografie), genötigt, sein Studium abzubrechen und Mönch zu werden.

Auf Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Friedrich Franz, wurde er 1843 in die Augustiner-Abtei St. Thomas in Altbrünn aufgenommen, wo er seine erbbiologischen Untersuchungen aufnahm und 1845/48 Theologie und Landwirtschaft an der Theologischen Lehranstalt in Brünn studierte, 1847 wur­de er zum Priester geweiht.

Da Gregor Mendel, wie seine Vorgesetzten im Kloster bemerkten, mehr der Wissenschaft als der Seelsorge zugeneigt war, bekam er eine Stelle als Hilfslehrer am örtlichen Gymnasium zugewiesen und bemühte sich 1850 für die Fächer Naturgeschichte und Physik um die Zulassung für das Lehramt an Gymnasien, bestand aber die Prüfung an der Universität Wien nicht, was daran lag, dass er sein Wissen unsystematisch als Autodidakt erworben hatte.

Sein Abt Cyrill Franz Napp (1792-1867) sorgte dann aber dafür, dass er 1851/53 in Wien studieren konnte, zum Beispiel Experimentelle Physik bei Christian Doppler (1803-1853) und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger (1800-1870). Danach, von 1854 bis 1868, war er wiederum als Hilfslehrer in Brünn eingesetzt, jetzt aber an der Oberrealschule. Schließlich wurde er, im Alter von 46 Jahren, zum Abt sei­nes Klosters ernannt.

Seine Kreuzungsversuche mit Erbsen hatte er 1856 begonnen, nachdem er schon seit 1854 erbkonstante Sorten geprüft und ausgewählt hatte. Er stellte Versuche mit rot- und weißblühenden Sorten an und mit Sorten, die gelben oder grünen Samen hatten. Nach 355 künstlichen Befruchtungen, aus denen er 12.980 Hybriden gewonnen hatte, konnte er gesicherte Erkennt­nisse über die Vererbungsgesetze vorlegen.

Nachdem er sechs Jahre hindurch erbbiologische Versuchsreihen aufgenommen hatte, gründete er 1862 mit befreundeten Naturforschern in Mähren den „Naturforscher-Verein Brünn“ und veröffentlichte 1866 seine Versuche über Pflanzenhybriden, die aber in der Fachwelt unbeachtet blieben. Auch sein 1870 veröffentlichter Aufsatz Über einige aus künstlicher Be­fruchtung gewonnene Hieracium-Bastarde fand kaum Resonanz. Selbst der Schweizer Botaniker Carl Wilhelm von Nägeli (1817-1891), der selbst Kreuzungsexperimente mit Habichts­kräutern betrieb und mit dem Gregor Mendel über seine Entdeckungen korrespondierte, erkannte die Bedeutung dieser Forschungsergebnisse nicht.

Gregor Mendel starb am 6. Januar 1884, im Alter von nur 61 Jahren, an einem Nierenleiden, ohne dass seine bahnbrechenden Erkenntnisse anerkannt worden wären. Anerkennung fanden sie erst zwei Jahrzehnte später, um 1900, als die drei Botaniker Hugo de Vries (1848-1935), Carl Correns (1864-1933) und Erich Tschermak (1871-1962) die Mendelsche Vererbungs­lehre wieder entdeckten und weiter entwickelten. Heute steht in Altbrünn als verspätete Anerkennung eine Statue des zu Lebzeiten verkannten Augustinermönchs.

Gregor Mendel und seine wissenschaftliche Leistung ist ein schönes Beispiel für das sudetendeutsche Kulturerbe und das der Vertreibungsgebiete überhaupt, deren Beitrag zur deutschen Wissenschaftsgeschichte und zur deutschen Kultur unermesslich ist.

Lit.: Carl Correns (Hrsg.), Gregor Mendels Briefe an Carl Nägeli 1866-1973 (1905). – Rolf Löther, Wegbereiter der Genetik. Gregor Johann Mendel und August Weismann (1990). – Robin N. Henig, Der Mönch im Garten. Die Geschichte des Gregor Mendel und die Entdeckung der Genetik (2001). – Silvia Eckert-Wagner, Mendel und seine Erben (2004). – Luca Novelli, Mendel und die Antwort der Erbsen (2009). – Eckart Roloff, Der Erbsenzähler, der seiner Zeit voraus war (2010/2012).

Bild: Wikipedia.

Jörg Bernhard Bilke