Biographie

Preyer, Johann Nepomuk

Herkunft: Banat
Beruf: Kommunalpolitiker, Schriftsteller
* 28. Oktober 1805 in Lugosch/Banat
† 11. Oktober 1888 in Kirchberg am Wechsel/Niederösterreich

Der Stammbaum der Preyer führt von Köln am Rhein nach Wien, wo ein Vorfahre die Belagerung von 1683 durch die Türken „Millidarisch durchgestanden“ hat. Georgius Preyer, der Vater (1761 bis 1816), wird schon in jungen Jahren Beamter im Banat und bringt es schließlich zum kameralherrschaftlichen Rentamtmeister in Lugosch. Nachdem die erste Frau und alle fünf Kinder gestorben waren, vermählte sich Georg Preyer mit Josepha von Leyritz, der Tochter eines Werschetzer Hauptmanns aus der Militärgrenze.  Johann Nepomuk ist das erstgeborene der sieben Kinder aus dieser Ehe. Zwei Jahre nach dem Tode des Vaters kam der Dreizehnjährige als Zögling an das Piaristengymnasium nach Temeschburg, um anschließend die höhere Schule in Segedin zu besuchen, wo er auch die ungarische Sprache erlernte. Danach studierte Preyer Rechtswissenschaft in Großwardein und Preßburg, verbrachte zwei Jahre als Praktikant in Temeschburg und schloß sein Studium in Pest ab.

Temeschburg, die größte, damals noch überwiegend deutsche Garnisonstadt des Banates und seit 1782 Freistadt, war ab 1828 für fast 45 Jahre die Wirkungsstätte des Juristen Preyer. Höhepunkt seiner öffentlichen Tätigkeit waren die Jahre 1844-1858, in denen er als Bürgermeister die Geschicke der Stadt lenkte. Diese vierzehn Jahre waren die bewegtesten des 19. Jahrhunderts. Sie umfassen die letzte Zeit des „Vormärz“ und die Revolution von 1848/49 sowie den größten Teil des darauffolgenden neoabsolutistischen Jahrzehnts mit der Einrichtung der „Wojwodschaft Serbien und Temescher Banat“ (1849-1860) als kaiserliches Kronland mit Temeschburg als Verwaltungszentrum. Die im März 1848 vom Kaiser sanktionierte neue Verfassung hatte neben der Befreiung der Bauern von den Grundlasten auch größere Städtefreiheit, Pressefreiheit und ein neues Wahlrecht gebracht. Auch nach diesem neuen, demokratischen Wahlrecht wurde Preyer in seinem Amt als Bürgermeister mit großer Mehrheit bestätigt. In den Revolutionswirren gelang es ihm, durch geschicktes Taktieren größeren Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Die wiederholten heftigen Beschießungen der Festung während der 107tägigen Belagerung durch Einheiten des madjarischen Revolutionsheeres hatten jedoch große Verwüstungen angerichtet, und noch lange danach wüteten Cholera und Typhus unter den Bewohnern. Während der anschließenden Wiederaufbauphase hat Preyer für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Stadt Großes geleistet. In diese Jahre fallen die rapide Entwicklung des Bankwesens, die Gründung der Handels- und Gewerbekammer, der Ausbau des Eisenbahn- und Telegraphennetzes, die Einführung der öffentlichen Straßenbeleuchtung, Gründung eines Musikvereins, einer Musikschule; besondere Förderung durch den Magistrat erfuhren die Opern- und Theatergesellschaft. Die Stadt nahm einen derartigen Aufschwung, daß sie von fremden Besuchern anerkennend als „Klein-Wien“ bezeichnet wurde. Allerdings geriet Preyer, indem er die Interessen der Zivilbevölkerung vertrat, häufig in heftige Konflikte mit den militärischen Baubehörden, so daß er im Februar 1858 schließlich mit einer geringen Pension in den Ruhestand geschickt wurde. Preyer verließ die Stadt und begab sich nach Gmunden am Traunsee, wo er sich bis 1861 der literarischen Muse widmete und mit wachem Interesse das politische Geschehen in und um Österreich verfolgte. Seine Zukunftsprognosen für das Habsburgische Reich waren pessimistisch.

Nach der Rückgliederung des Kronlandes „Wojwodschaft Serbien und Temescher Banat“ an Ungarn kehrt Preyer 1861 nach Temeschburg zurück, ist als Gerichtsrat, später als Präsident des Strafgerichts und ab 1871 als erster Gerichtsrat des königlichen Gerichtshofes tätig. Seine letzten Lebensjahre – ab August 1876 – verbrachte er in Kirchberg am Wechsel, wo seine Tochter Isabella, verh. Tisch, wohnte.

Neben einer größeren Anzahl sozialwissenschaftlicher Abhandlungen (u.a. „Des ungrischen Bauer’s früherer und gegenwärtiger Zustand, nebst einer Darstellung der Folgen und Wirkungen desselben“ Pest 1838), verfaßte Preyer 1853 die erste Stadtgeschichte, „Monographie der königlichen Freistadt Temesvár“, die für das Verständnis der historischen Entwicklung des Banates und seiner Hauptstadt auch heute noch von größter Bedeutung ist. Preyers literarisches Schaffen umfaßt Gedichte, Aphorismen, Balladen, Theaterkritik, Versepen und Dramen. Seine Dichtungen stehen vielfach in engem historischem Bezug zu seiner Banater Heimat. Darüber hinaus finden soziale Probleme und Fragen seiner Zeit immer wieder ihren Niederschlag in seinen Arbeiten, die leider nicht mehr vollständig erhalten bzw. auffindbar sind, zumal viele der kleineren Dichtungen nur in Zeitschriften („Iris“, Pest; „Spiegel“, Ofen; „Sammler“, Wien) und Almanachen erschienen. Eine Auswahl seiner Gerichte unter dem Titel „Ver sacrum“ erschien 1858 bei Habacher in Gmunden, die Verserzählung „Salamon“ 1869 in sechs Folgen in der „Temesvárer Zeitung“. Von den vier gedruckten Dramen sind zwei bei Brockhaus in Leipzig erschienen („Canova“, dramatisches Gedicht, 1853; „Die Sulioten“, Trauerspiel, 1854), die beiden anderen („Hannibal, Trauerspiel, 1882, und „Hunyadi László“, Trauerspiel, 1882) bei Gerold in Wien. Zwei weitere, das 1832 in Temeschburg aufgeführte dramatische Gedicht „Die Sühnung“ und das Lustspiel „Der Gefangene seiner Frau“, sind derzeit nicht auffindbar.

Preyers Schaffen orientierte sich an den großen Werken der klassischen Literatur. Auf sein klassizistisches Epigonentum weist der Blankvers ebenso hin wie die stellenweise übersteigerte und von Sentenzen durchsetzte Sprache, das Bemühen, Leidenschaften zu zügeln und die Sittengesetze im Sinne eines idealen Humanismus siegen zu lassen.

Lit. (Auswahl): Franz Anton Basch: Preyer Nepomuk János egy elfeleden hánáti német iró. (J. v. Preyer als vergessener Banater deutscher Dichter). Budapest 1927. Stefan Binder: Deutsche Dichtung in Rumänien. Das vormärzliche Schrifttum, in: Neue Banater Zeitung, Nr. 81-89 und 24, Juni 1972; Rudolf Hollinger: Bürgermeister und Poet dazu, in: Neuer Weg, Nr. 6119,4.1.1969; Franz Liebhard: Ein großer Mann des Banats, in: Neue Banater Zeitung, Nr. 1767 und 1773,21. u. 28. VII. 1968; Anton Peter Petri: Johann Nepomuk Preyer starb vor 80 Jahren, in: Banater Post, Nr. 2, 15.2.1968; Robert Reiter: Dichter und Bürgermeister – Johann Nepomuk Preyer, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 28.10.1941; Täuber, Radegunde: Johann Nepomuk Preyer (1805-88). Einige Daten aus seinem Leben und Wirken. In: Forschungen zur Volks- und Landeskunde, 1975/2, S. 89-102; Radegunde Täuber: Johann Nepomuk Preyer. Sein Leben und Werk in Wort und Bild. Bukarest, Kriterien Verlag, 1977; Wettel, Franz: Gedenkblätter Biographische Skizzen, in: Deutschbanater Volksbücher Nr. 29, Temeswar, 1918; Johann Wolf: Das Revolutionsjahr 1848/49 im Banat. In: Neuer Weg, Nr. 2221ff. vom 8. 6.-5. 7. 1956 (in 12 Folgen); Heinz Stănescu: Johann Nepomuk Preyer, in: Marksteine. Literaturschaffende des Banat s. Facla-Verlag, Temeswar 1974.