Biographie

Rottmayr, Johann Michael

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Maler
* 11. Dezember 1654 in Laufen/Salzach
† 25. Oktober 1730 in Wien

Wurde die barocke Kunst in Süddeutschland und Böhmen zu einem großen Teil vom Wirken der Gebrüder Asam geprägt und beeinflußt, gilt dies für den österreichischen Raum genauso umfassend durch das weitgespannte Schaffen Johann Michael Rottmayrs. Dieser wurde als Sohn des Organisten Friedrich Rottmayr und seiner Gattin Margareta Magdalena in Laufen an der Salzach geboren und am 11. Dezember 1654 in derdortigen Pfarrkirche getauft. Eine erste künstlerische Ausbildung erhielt Rottmayer bereits im Elternhause, war seine Mutter doch eine recht angesehene Malerin. 1675 zog er dann aber zur Fortsetzung und Vervollkommnung seiner Studien nach Italien und war bis 1687 Schüler Johann Carl Loths in Venedig.

Über den weiteren Lebensweg Rottmayrs, der im übrigen durch ein umfangreiches und gut dokumentiertes Schaffen an vielen Orten ausgezeichnet ist, liegen allerdings widersprüchliche Angaben vor. Nach einigen soll sich Rottmayr nach seiner Rückkehr zunächst nach Böhmen gewandt haben, wo er sich durch Arbeiten für die Grafen von Thun-Hohenstein, besonders durch die Gestaltung eines Deckenfreskos im Palais der Grafen zu Prag empfahl, das Szenen aus dem Trojanischen Krieg darstellte und 1794 durch ein großes Feuer vollständig vernichtet wurde, wodurch die genaue Zuschreibung leider nicht mehr möglich ist. Anschließend soll er nach Salzburg gekommen sein, wo zu dieser Zeit mit dem Kardinal Johann Ernst ein Mitglied der Thunschen Familie das Amt des Erzbischofs bekleidete. Nach anderen ging er von Venedig direkt nach Salzburg als einem der damaligen Zentren der Kunstförderung und des Mäzenatentums, um sich, wenn möglich bei Hofe oder im Dienste der Kirche, ein Auskommen zu sichern.

Jedenfalls stammen aus der Salzburger Zeit mehrere sakrale Werke, so der in das Jahr 1691 zu datierende Hochaltar für die Kirche in Michaelbeuren oder das jetzt in Graz befindliche Gemälde der „Opferung Isaaks“ aus dem folgenden Jahr, sowie, als Hauptwerk, die Fresken im Karabiniersaal der erzbischöflichen Residenz. Von Salzburg aus lieferte Rottmayr in den Jahren 1693-1695 auch mehrere Gemälde nach Passau, neben der „Bekehrung Sauli“ und der „Rettung des Heiligen Sebastian durch Irene“ vor allem die „Enthauptung Johannes des Täufers“ für den dortigen Dom St. Stephan. Ob sich Rottmayr dabei auch persönlich in Passau aufgehalten hat, bleibt wiederum unklar.

1695 finden wir Rottmayr dann im mährischen Frain, wo er im Ahnensaal des Schlosses die Kuppel mit einer „Verherrlichung des Althanschen Hauses“ ausschmückte. Ob er sich gleich im folgenden Jahr nach Wien begab, wo er für den Rest seines Lebens mehr oder weniger ständigen Wohnsitz nahm, oder erst über Prag 1698 in die Residenz der Habsburger gelangte, ist wiederum nicht eindeutig zu ermitteln. Sehr schnell stieg er hier aber zu einem der bedeutendsten und einflußreichsten Künstler auf, der mit einer Vielzahl von Aufträgen aus Wien selbst, aber auch von anderen Orten her geradezu überhäuft wurde und eine größere Werkstatt aufbaute.

Gleich Rottmayrs erster größerer offizieller Auftrag in Wien, dieAusgestaltung der Decke im Speisesaal des Schlosses zu Schönbrunn im Jahre 1703, machte auf die Zeitgenossen durchaus Eindruck. Rottmayrwählte als Thema des Freskos die Ausfahrt der Griechen von Aulis und spielte damit auf die Abreise des späteren Kaisers Karls VI., damals als Karl III. König von Spanien, auf die Iberische Halbinsel an. Seine Wertschätzung durch den kaiserlichen Hof war so groß, daß er 1704 als Freiherr von Rosenbrunn gar in den Adelsstand erhoben wurde.

1705-1708 folgte dann, beauftragt durch die Fürsten von Liechtenstein, ein Zyklus von Deckenfresken mit Allegorien und Szenen aus der griechischen Mythologie für deren Gartenpalais in Rossau, 1714 das Kuppelfresko mit der „Himmelfahrt Mariä“ für die Kirche St. Peter in Wien. Daneben entstanden eine Fülle von Ölgemälden auf Leinwand, etwa ein „Heiliger Benno“ (1702), das Werk „Kephalos und Proklis“ von 1710 oder Rottmayrs bekanntestes Selbstbildnis aus dem gleichen Jahr.

Die Sommer verbrachte Rottmayr oftmals außerhalb Wiens, um sich auswärtigen Aufträgen zu widmen. So schuf er 1704-1706 das Langhausfresko mit dem Thema „Verherrlichung des Namens Jesu durch die Glieder der Gesellschaft Jesu“ für die Kirche St. Matthias in Breslau und 1717 das Deckengemälde im Marmorsaal des Schlosses Weißenstein bei Pommersfelden, das den „Sieg der Schönbornschen Tugenden über die Laster“ thematisiert. Die beiden bedeutendsten Aufträge führten Rottmayr jedoch wieder nach Salzburg und nach Melk.

Zu Salzburg setzte der Künstler in den Jahren 1710-1714 die Ausschmückung einzelner Räume in der erzbischöflichen Residenz fort.Ging er an den „Gottvater mit Engeln“ in der Privatkapelle der Erzbischöfe noch in Freskotechnik heran, entstanden sowohl der „Alexanderzyklus“ in den Paradezimmern als auch die Kartuschen mit Episoden aus dem „Paris-Mythos“ im Thronsaal in Form von in Öl ausgeführten Leinwandgemälden.

Für die Stiftskirche der Benediktiner-Abtei Melk schuf Rottmayer in den Jahren 1716-1723 fast den gesamten Bildschmuck. Wieder als Fresken entstanden die Verherrlichung der Dreifaltigkeit in der Kuppel und die des Heiligen Benedikt im Langhaus sowie musizierende Engel im Querschiff und ein Zyklus von Heiligen in den Seitenkapellen. Dazu kamen auf Leinwand ausgeführte Werke, meist für Altäre, so ein „Heiliger Michael“ oder eine „Anbetung der Könige“, später, 1727, noch eine „Taufe Christi“.

In den letzten Jahren seines Lebens konzentrierte sich Rottmayr vorwiegend auf sein abschließendes großes Werk, das Kuppelfresko mit der „Glorie des heiligen Karl Borromäus“ in der Wiener Karlskirche, das ab 1725 entstand. Daneben kann auch noch die Ausmalung der Chorkuppel in der Stiftskirche zu Klosterneuburg, die die Himmelfahrt Mariens zum Gegenstand hatte und an der Rottmayr von 1729 bis zu seinem Tod arbeitete, als Alterswerk des Künstlers gelten. Johann Michael Rottmayr verstarb am 25. Oktober 1730 im Alter von 75 Jahren in seinem Wohnhaus in Wien.

Ist in Rottmayrs Leinwandgemälden in Öl ein Spannungsbogen von den Anfängen in kontrastreicher Hell-Dunkel-Manier zu zunehmender polychromer Inkarnatmalerei festzustellen, zeichnet die Fresken eine klare Gliederung in Haupt- und Nebenszenen aus. Dies wird durch die farbige Abstufung, die die Hauptszenen im dominierenden Farbklang aus Rot, Gelb (Gold) und Blau ausführt und diesen konzentrisch zugeordnete Trabantenfiguren beifügt, erreicht. So entstehen weite, hell durchlüftete Himmelsregionen mit rhythmisch bewegten Bildern, die den Betrachter quasi ins Zentrum führen.

Eine Besonderheit Rottmayrs ist die häufig anzutreffende Übertragung von Bedingungen des Kuppelbildes auf Longitudinalräume, durch die große, weitumspannende und jochübergreifende Kompositionen hervortreten. In Zusammenarbeit mit den an den jeweiligen Bauten beteiligten Architekten entstanden so dreidimensionale Gesamtkunstwerke, die sowohl dem sakralen wie auch dem profanen Raum eine gleichwohl heiter- gelöste als auch ernste Festlichkeit verleihen und den Betrachter in sich aufzunehmen vermögen.

Im Schaffen Rottmayers manifestiert sich eine neue, aus der Verschmelzung italienischer und flämischer Elemente geborene Kunstauffassung, die gerade die Architekturmalerei nördlich der Alpen, besonders aber im habsburgischen Raum, bis weit in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein beeinflußte und erst durch den aufkommenden Klassizismus abgelöst wurde. Er kann als der eigentliche, mit der Herrschaft Karls VI. eng verbundene „Kaiserstil“ gelten, als dessen Charakteristika Monumentalität und Pathos, aber auch virtuose Polychromie und klare Komposition hervorstechen.

Lit.: Erich Hubala: Johann Michael Rottmayr, Wien/München 1981. – Albert Ilg: Johann Michael Rottmayr, in: Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Allgemeine Deutsche Biographie, 29. Bd., Leipzig 1889, S. 402-404. – Gerhard Woeckel: Johann Michael Rottmayr, in: Rolf Linnenkamp (Red.): Kindlers Malerei-Lexikon, Bd. 5, Zürich 1968, S. 140-142.

Bild: Johann Michael Rottmayr: „Selbstbildnis“, um 1710, abgedruckt in: Gerhard Woeckel: Johann Michael Rottmayr, S. 142.

Bernhard Mundt