Biographie

Schall, Raphael Joseph Albert

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler
* 27. Dezember 1814 in Breslau
† 18. August 1859 in Breslau

Zu einer oftmals abgebildeten Ikone schlesischer Malerei wurde das Freundschaftbild der drei schlesischen Maler Philipp Hoyoll (Breslau 1816-n. 1875 wohl London), Amandus Pelz (Altweistritz/ Glatz1812-1840 Düsseldorf) und Raphael Schall. Das Gemälde, im Besitz der Nationalgalerie Berlin (Leihgabe i. d. Ostdeutsche Galerie Regensburg) repräsentiert nicht nur allgemein auf bedeutende Art das Freundschaftsbild in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern im Besonderen in idealer Weise eine Malergemeinschaft, die auch alters- und herkunftsmäßig identisch ist. Das Bild enstand 1835 während der Düsseldorfer Studienzeit der drei Malerfreunde, die alle drei 1834 ihr Studium an der dortigen Akademie aufgenommen hatten. Die dreifache Monogrammierung auf dem Rahmen zeigt, dass es sich um eine Gemeinschaftsarbeit (l. n. r. Hoyoll, Pelz, Schall) handelt. Das Bild gibt ein Ateliergespräch vor einer Staffelei wieder. Hoyoll, der temperamentvolle Theoretiker, hat eine Zeichnung ins Gespräch gebracht. Der sitzende Pelz schaut zu ihm auf, zwischen Skepsis und Zustimmung. Über die Stuhllehne gebeugt Schall, nachdenklich das Blatt in der Hand von Pelz betrachtend. Jedem der Künstler ist ein Attribut zugeordnet – Schall ein Bleistift (übrigens mit Haltefeder), Pelz eine Palette und Hoyoll eine Krücke, welche seine Behinderung zeigt. Diese Krücke findet sich auch in der Majuskel H seines Monogramms auf dem Rahmen. Alle drei Maler hatten einen gemeinsamen Studiengang. Sie waren Schüler von Johann H. Chr. König (Braunschweig 1777-1867 Breslau) an der Kgl. Kunstschule in Breslau und gingen 1833 nach Berlin, wo sie kurz an der Kgl. Akademie der Künste in Berlin studierten, um dann nach Düsseldorf zu gehen.

„Schall, den sein Vater durch den Namen Raphael schon in der Wiege der Kunst weihte“ (Scheyer, S. 66), erhielt auch seine erste Ausbildung beim Vater, Joseph Schall (Glatz 1785-1867 Breslau), der Zeichenlehrer am Matthias-Gymnasium in Breslau war. Er hatte in Dresden studiert, war als Miniaturmaler und Lithograph geschätzt und ist mit Lehrwerken zur Kunst hervorgetreten.

Raphael Schalls große Begabung zeigte sich früh, und die Ausbildung beim Vater hatte ihn weit gebracht. Bereits als 12-Jähriger nahm er an der Breslauer Kunstausstellung 1827 teil. 1833 studierte er beim „Alten König“, durch dessen hohe Porträtkunst auch Schalls Bildnisse zur Vollendung gelangten. Das nahe Verhältnis zu König ist mit Schalls meisterlicher Bleistiftzeichnung des Lehrers von 1833 (NM Warschau) belegt. Diese Meisterschaft zeigt sich auch im Doppelbildnis von 1833 seiner beiden Breslauer Studienfreunde Robert Eitner und Albert Korneck. Mit dem Freund seiner Breslauer Kindheit, Adolph Menzel studierte er kurz an der Berliner Akademie. Seine Lehrer an der Düsseldorfer Akademie, die er von 1834 bis 1841 besuchte waren C. F. Sohn und seit 1837 Wilhelm Schadow. Unter dem Einfluss von Schadow wandte er sich der religiösen Malerei zu und verkehrte in den nazarenischen Kreisen Düsseldorfs. 1840 bzw. 1841 malte er zwei Altarbilder, welche der Kunstverein f. Rheinland u. Westfalen den Kirchen in Bockhorst b. Minden und Rellinghausen b. Essen stiftete. Weitere Ausstellungsbeteiligungen dieser Zeit waren beim Frankfurter Kunstverein und der Leipziger Kunstausstellung 1841, sowie bei der Berliner akademischen Kunstausstellung 1842 und 1844. 1842 erhielt er einen Gemäldeauftrag der Königin Elisabeth von Preußen zur Ausschmückung der Kapelle von Schloss Stolzenfels. Das Gemälde brachte ihm ein Stipendium des preußischen Staates ein, das ihn zur Weiterbildung als Historien- und Kirchenmaler 1844/45 nach Italien führte. Dort entstand sein leider verschollenes Hauptwerk Vertreibung der heiligen Elisabeth von der Wartburg nach dem Tod ihres Gemahls, das 1845 bei den Ausstellungen des Ausstellungsverbandes östlich der Elbe auch in Breslau gezeigt wurde, zusammen mit einer Marien-Verkündigung. Nach seiner Rückkehr wurde ihm die Fresken-Dekoration des restaurierten Schlosses Stolzenfels übertragen. Er kehrte nach Breslau zurück, wo er 1846 Elisabeth Hamacher heiratete, die Schwester des Düsseldorfer Malers Theodor Hamacher (Vater der in Breslau geborenen Maler Alfred u. Willy H.). Das Bildnis der Braut von 1843 zeigt „Königs Miniatur-Schulung“ und das „von Schadow vermittelte Nazarenertum“ (Scheyer). Als Kirchenmaler der Diözese Breslau schuf Schall in der Tradition der Düsseldorfer Spätnazarener eine größere Zahl von Altarbildern, Kreuzwegstationen und gelegentlich auch Wandmalereien. 1851/51 restaurierte er mit seinem Schwager Theodor Hamacher die Freskomalereien in der Totenkapelle des Breslauer Doms. Die Breslauer Lebensjahre sind von viel Arbeit geprägt gewesen, was vielleicht zu seinem frühen Tod mit 44 Jahren führte. So ist auch seine Beteiligung beim Ausstellungsverband östlich der Elbe seit der Übersiedlung in seine Heimatstadt nicht mehr nachzuweisen und nur zwischen 1837 und 1845 waren Werke von ihm in Breslau ausgestellt. Wahrscheinlich war ihm später keine Zeit mehr für freies künstlerisches Arbeiten gegeben. „Seine Tätigkeit für die katholische Kirche fiel in eine ungünstige Zeit, die seiner Begabung nicht gerecht wurde, doch als Porträtist gehört er zu den Besten der Generation vor 1850“ (Scheyer). Sein Werk ist weitgehend verschollen. Konvolute von Zeichnungen finden sich im Breslauer Diözesanmuseum, in den Nationalmuseen in Warschau und Breslau, im letzteren auch eine Abschrift des Tagebuchs seiner italienischen Reise. Eine vornehme Aufgabe der Forschung wäre, abgesehen von einer Ausstellung samt Katalog seiner Zeichnungen, eine Inventur seines heute noch nachweisbaren Schaffens für die Erzdiözese Breslau vorzunehmen. Dadurch könnten die Kenntnis um die große Meisterschaft von Schalls Kunst vermehrt werden, die sich bislang fast ausschließlich mit wenigen Zeichnungen, diese jedoch von erster Güte, begnügen muss.

Lit.: Div. Lexika: Boetticher, Thieme-Becker; Düsseldorfer Malerlexikon. – Ernst Scheyer, Johann H. Chr. König und das Schlesische Bürgerporträt, in: Schlesische Malerei der Biedermeierzeit, Frankfurt 1965, S. 60ff. (5 Abb.). – Schlesien in der Biedermeierzeit, hrsg. E. Trux, Würzburg 1987, Katalog zur Ausstellung im Historischen Museum der Stadt u. Grafschaft Wertheim, Stiftung Kulturwerk Schlesien Würzburg, S. 107f., 153, Katalognummern III, 42 u. 133. – Lutz Tittel, Philipp Hoyoll – Zerstörung eines Bäckerladens 1848, Foyerausstellung 5, Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg 1998 (div. S.).

Bild: Drei schlesische Maler, 1835, Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg.