Biographie

Schesäus, Christian

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Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Humanist, Theologe
* 1. Januar 1535 in Mediasch/Siebenbürgen
† 30. Juli 1585 in Mediasch/Siebenbürgen

Es hat emsiger, von den verschiedensten Seiten vorangetragener Bemühungen bedurft, dem neulateinischen schöngeistigen Schrifttum des Humanismus in der europäischen Literaturgeschichtsschreibung den ihm gebührenden Rang zu erkämpfen. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die literarischen Hervorbringungen des siebenbürgischen Humanismus zu betrachten. Daraus zieht das Werk seines hervorragendsten Vertreters im ganzen Südosten, Christian Schesäus, Nutzen; und diese neue Betrachtungsweise wird ihm zukünftig wohl noch in erhöhtem Maße zugute kommen. Schesäus entstammt der sozialen Oberschicht des erst im 15. Jahrhundert zum unbestrittenen Vorort des sächsischen Selbstverwaltungsverbandes der „Zwei Stühle“ aufgestiegenen Kokelstädtchens Mediasch. Sein Vater, Stephan, war Richter der Zwei Stühle und hat seinen Söhnen Christian und Joachim eine sorgfältige Erziehung zuteil werden lassen. Während Christian Schesäus nach Kronstadt gehen durfte, „wo ich die Anfangsgründe der schönen Künste betreten habe“, wie er 1573 in einer Elegie auf die um das dortige neugegründete Gymnasium hochverdienten Gelehrten Honterus, Valentin Wagner und Jakob Mellembriger schreibt, tritt der Jüngere in die Fußstapfen des Vaters. In Kronstadt dürfte Christian Privatunterricht genossen haben, da sein Name in der seit 1544 gewissenhaft geführten Schulmatrikel fehlt. Vermutlich wegen der damals in Siebenbürgen heerenden Pest weicht er 1553 nach Bartfeld aus. Dort wird Leonhard Stöckel, der Reformator der Zips, sein vielgeliebter Lehrer, dem er in einer 1563 bei Lucius Transylvanus in Wittenberg erschienenen Gedenkrede ein schönes Denkmal gesetzt hat. 1556 bezieht Schesäus sodann die Universität Wittenberg, wo er am 6. März immatrikuliert wird. Er hört insbesondere bei Melanchthon und Nikolaus Seinecker, einem der geistigen Väter der Konkordienformel von 1577, mit dem ihn zeitlebens eine warme Freundschaft verbinden sollte. Noch im Jahr 1584widmet er Seinecker seinen in Leipzig gedruckten Pfarrerspiegel„Imago boni pastoris“.

1558 kehrt Schesäus in die Heimat zurück. Er wird zunächst Prediger in Klausenburg und schreibt seinem lutherischen Glaubensbruder, dem Stadtpfarrer und Superintendenten der ungarisch-siebenbürgischen Kirche, Franz Davidis, noch im selben Jahr ein Begrüßungsgedicht, dem gleichen Mann, der schon im August des nachfolgenden Jahres zum helvetischen Bekenntnis hinüberwechselt. Schesäus nächste Etappe ist das in idyllischer Abgeschiedenheit gelegene kleine Tobsdorf bei Mediasch, wohin er sich um 1560 als Pfarrer wählen läßt. Dort findet er die Muße, den Großteil seines nach dem Vorbild von Vergils Aeneis in zwölf Gesängen angelegten dichterischen Hauptwerks, der „Ruinae Pannonicae“, niederzuschreiben, das seinen Namen berühmt gemacht hat. 1569 beruft ihn dann seine Heimatgemeinde Mediasch zu ihrem Pfarrer. Als solcher bekleidet er zeitweilig auch die Würde des Kapitelsdechanten. Allzu früh wird er am 30. Juli 1585 von der Pest dahingerafft und im Chor der Mediascher Kirche beigesetzt. Der heute in die südliche Chorseite eingelassene Grabstein in hellem Marmor zeigt — außer der In- und Umschrift — als Wappen „im Lorbeerkranz den Baumstamm, auf dem Noahs Friedenstaube sitzt“.

In den „Ruinae Pannonicae“ nimmt sich Christian Schesäus nach humanistischer Gepflogenheit ein zeitgeschichtliches Thema vor: Die Auseinandersetzung des Hauses Habsburg mit dem Geschlecht der Zápolya’s um den Besitz Siebenbürgens von dem Fall Ofens (1541) bis zum Tod Johann Sigismunds im Jahr 1571. Der Ablauf der Handlung wird in historische Einzelgemälde aufgelöst, „und hier entwickelt er ein Talent der Darstellung, worin sich keiner seiner heimischen Zeitgenossen mit ihm messen darf“ (M. Albert). Sei es der Fall Ofens, die Ermordung des siebenbürgischen Statthalters Georg Utiessenovich gen. Martinuzzi, der Aufstand des niederen Szeklervolkes, die Eroberung der Feste Szigetvár mit dem Tod ihres Verteidigers Nikolaus Zrinyi, Tod und Begräbnis seines von Schesäus freilich über Gebühr eingeschätzten Gönners Johann Sigismund etc.: Es sind packende Gemälde von großer Anschaulichkeit und Prägekraft. H. Schuller, der sich zwischen der beiden Weltkriegen am eingehendsten mit dem Werk des Schesäus auseinandergesetzt hat, rühmt an ihm „die Kraft und die Fähigkeit, den riesigen Stoff künstlerisch zu formen“ und sieht in den „Ruinae eine, trotz einiger Abstriche, von Leben und Erleben erfüllte Dichtung“, für die er zurecht als „poeta laureatus“ gefeiert worden ist.

Die schon lange fällig gewesene kritische Schesäusausgabe, die 1979 im Budapester Akademieverlag erschienen ist, verzeichnet 12 Originalwerke. Außer den schon genannten Widmungsgedichten und einigen Hochzeits- und Trauerliedern hat er auf der Synode der siebenbürgisch-sächsischen Pfarrer von 1580 die erste zusammenfassende große Darstellung vom Ursprung und Verlauf der Reformation in Siebenbürgen gegeben. Auch hat er 1580 in Wittenberg eine Auslegung des 90. Psalmes in 7 Predigten in Druck gebracht.

Werke: Christianus Schesäus, Opera quae supersunt omnia.Edidit Franciscus Csonka. Budapest, Akademie-Verlag 1979, mit allen Angaben über frühere Drucke. Dazu die eingehende Besprechung von G. Gündisch in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 3, 1980, S. 61-63.

Lit.: J. Trausch, Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, Bd. III, Kronstadt 1871, S. 168-175. Ebenda Bd. IV von Fr. Schuller, Hermannstadt 1902, S. 376/377. M. Albert, Die Ruinae Pannonicae des Christian Schesäus. In: Programm des ev. Gymnasiums in Schässburg 1872/73. Hermannstadt 1873, S. 49-75. – H. Schuller, Des Christian Schesäus „Bellum Pannonicum Solymanni imperatoris Turcorum ultimum“, in: Beiträge zur Geschichte der ev. Kirche A.B. in Siebenbürgen. (Festschrift Fr. Teutsch). Hermannstadt 1922, S. 85-109; Derselbe, Die handschriftlich erhaltenen Gesänge aus Schesäus‘ Ruina Pannonica. Mediasch 1923; Derselbe, Christian Schesäus als Lyriker. Mediasch 1927, – B . Capesius, Sie förderten den Lauf der Dinge. Bukarest 1967, S. 233-288.