Biographie

Segieth, Paul

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler
* 2. Januar 1884 in Königshütte/Oberschlesien
† 5. Juni 1969 in Hundham, Samerberg/Oberbayern

Eine kleine Kohlestiftzeichnung des Elfjährigen vermittelt eine Vorstellung, wie Paul Segieth, am 2.1.1884 als Sohn eines Hochofenbauers in Königshütte geboren, dort lebte und aufwuchs: ein Junge hütet die Kühe, im Hintergrund sichtbar die Geburtsstadt, eine schöne ruhige Landschaft mit Krüppelweiden, ein Ort, der in dem jungen Paul Segieth die Sehnsucht schürte nach Lebendigem, nach städtischer Atmosphäre.

Dies bedeutet zunächst, nach einer Lehre als Dekorations- und Kirchenmaler, ein Malereistudium in Breslau an der Akademie bei den Lehrern H. Roßmann, L. Taschner und H. Poelzig. Reizvolle Karten für das Sängerbundfest in Breslau (1907), sowie Porträts oberschlesischer Bauern, vor allern aber seiner Studienkollegen W. Besta, R. Bednorz und F. Spiegel zeigen nicht nur die dekorative Begabung, sondern das steigende Interesse und die feine Einfühlsamkeit des Zeichners von Menschen.

Als Paul Segieth am 7.5.1911, vom „Leuchten“ der Kunststadt München stark angezogen, dort eintraf, faszinierten ihn die Menschen der Stadt so sehr, daß er tagelang in den Literatencafes, wie dem „Größenwahn“ (Stefanie) und dem Hofgarten zubrachte: Else Lasker-Schüler, Roda-Roda, Meyrink, Oppenheimer, Karl Arnold, Erich Mühsam u. a., aber auch viele Münchener „Typen“ sind in unzähligen Skizzen festgehalten.

Seine Existenz fußte zu dieser Zeit hauptsächlich auf den Beiträgen zur Münchener Wochenschrift „Jugend“, die, 1896 von Georg Hirth gegründet, zu einem Sammelbecken fortschrittlicher junger Künstler wurde, und für die auch Segieth’s Akademieprofessor A. Jank illustrierte. Diese Arbeiten dokumentieren die Entwicklung Paul Segieth’s vom Dekorationsmaler reizender, flächig-bunter Vignetten und Kopfleisten zum atmosphärischen Schilderer Münchner mondänen Lebens (Pension Fürmann), wobei ein zunehmender malerisch-impressionistischer Einfluß spürbar wird. Während des Ersten Weltkrieges, als Soldat des 8. Bayerischen Infantrieregiments eingezogen, gelang es Paul Segieth, sich als Maler zu behaupten. In Frankreich und Rußland entstanden Aquarelle und Ölbilder, in denen die Landschaft als Stimmungsträger über die reine Dokumentation von Kriegsereignissen und Schauplätzen dominiert.

Gleich nach dem Krieg begann die Zeit der großen Aufträge: 1918-23 hielt er sich als Porträtist vieler Industrieller (z. B. Fam., von Opel) und Gutsbesitzersfamilien im Rheinland auf. 1925 beauftragte ihn die Rhein-Main-Donau AG, das Kachlet-Stauwerk bei Passau und eine Darstellung des zukünftigen Hafens für Nürnberg-Fürth für die Verkehrsausstellung zu malen.

In den folgenden Jahren ist es die Natur und die Landschaft, die Paul Segieth immer mehr beschäftigen. Der üppig grüne Englische Garten mit seinen schattigen Wegen, vor allem aber die klassischen Münchner Sommerfrischen, die er durch seine junge Frau, Tochter eines Antiquitätenhändlers, kennenlernte, inspirierten ihn zu Impressionen wie „Vormittags, Straße nach St. Heinrich“ oder „Monopteros am Abend im Mai“. Diese Arbeiten mit Motiven vom Starnberger See oder dem Samerberg sind häufig in der „Jugend“ zu finden und wurden im Glaspalast ausgestellt. Zwischen 1933-45 zeigte der Künstler keine Ausstellungsaktivitäten. Während des Krieges, 1943, zog die Familie endgültig auf den Samerberg in ein altes Bauernhaus. Mit Recht wird diese Gegend als späte Chiemgauer Malerkolonie bezeichnet: Um die Jahrhundertwende lebte und arbeitete hier Segieth’s Breslauer Lehrer Roßmann; K. H. Müller, C. Gerhardinger, J. Schmid-Schilding, R. Sieck und viele andere wanderten malend über das Hochmoor westlich des Chiemsees. Diese Landschaft wurde nun für Paul Segieth zur Lebensaufgabe. In gründlichsten Farb- und Lichtstudien versuchte er den Jahres- und tageszeitlichen Stimmungen beizukommen. Unermüdlich bis ins hohe Alter schritt der Freilichtmaler mit seiner Staffelei durch das ruhige Hochtal, hielt bald lichte, luftdurchströmte Sommerfelder, bald harte, kalte Winterberge in seinen Bildern fest. Eine Jubiläumsausstellung im Münchner Kunstverein ehrte den Achtzigjährigen. 1969 verstarb Paul Segieth und ruht heute an einem Lieblingsplatz des Landschafters, in Steinkirchen.

Clelia Segieth