Biographie

Stona, Maria

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Schriftstellerin
* 1. Dezember 1861 in Schloss Strebowitz
† 30. März 1944 in Schloss Strebowitz

Die Schriftstellerin Maria Stona wurde als Tochter des Gutspächters Joseph Stonawski geboren, der im Jahre ihrer Geburt das Gut Strebowitz mit dem Schloss kaufte. Die Mutter Marie stammte aus Bludowitz im Kreis Teschen in Oberschlesien. Als 20-Jährige heiratete Maria Dr. iur. Albert Scholz, den Sohn des Unternehmers Alois Scholz, der Direktor der Bergwerke in Witkowitz war. Mit Scholz lebte sie in Chropin an der March, wo 1882 ihre Tochter Helene geboren wurde, die als Bildhauerin 1974 in Rom starb. Ihre Ehe wurde 1899 geschieden, dann heiratete sie den Schriftsteller Karl Erasmus Kleinert, dem sie nach seinem Tode 1933 mit einem Buch Ein Altösterreicher – Karl Erasmus Kleinert ein literarisches Denkmal setzte. Sie fing früh an zu schreiben und veröffentlichte ihre Werke unter dem Namen Maria Stona, wobei sie die beiden ersten Silben ihres Mädchennamens wählte. Als ihr Vater starb, erbte sie das Gut und das Schloss Strebowitz sowie das Gut Martinau. Das Schloss mit seinem Park machte sie zum Treffpunkt eines Kreises von Literaten, zu dem Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach und die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner ebenso gehörten wie der schlesische Schriftsteller Paul Keller, der Autor Roda-Roda, der dänische Literaturkritiker Georg Brandes und Männer und Frauen der Politik. Maria Stona unternahm Reisen nach Ost- und Südeuropa und förderte junge tschechische, deutsche und polnische Künstler in ihrer multinationalen Heimat.

Ihr erstes Buch der Liebe, das in Wien und Berlin erschien, erlebte wie das folgende Liebe einer jungen Frau mehrere Auflagen. Es folgen Lyrik-Bände wie klingende Tiefen und Flammen und Fluten, später auch Novellen und heitere Geschichten, Romane und Reisebeschreibungen. Ihre Lyrik war heimatverbunden und gilt heute als sentimental, aber Stona galt zu Lebzeiten als eine der angesehensten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Josef Mühlberger nennt in seiner Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen 1900-1939 ihre Lyrik epigonenhaft, hebt aber Stonas Satire über das Kleinstädtertum und über Geschlechtsgenossinnen hervor. In Die Provinz unterhält sich und O du spaßige Welt der Frauen wird das deutlich. Aufgewachsen im Völkergemisch der alten Donaumonarchie beschrieb Stona einfühlsam tschechische, polnische, deutsche und jüdische Mitbürger im mährisch-schlesischen Gebiet mit dem kulturellen Gegensatz der Herzogs- und Kulturstadt Troppau und dem Industriegebiet von Ostrau, das damals noch in Mährisch- und Schlesisch-Ostrau geteilt war. Ihre Themen entnahm sie ihrer Umwelt am Oberlauf der Oder und der Oppa. So schuf sie ähnlich wie ihre Landsmännin Marie von Ebner-Eschenbach Dorfgeschichten wie Mein Dorf – Novellen und Skizzen aus Schlesien, aber auch Gesellschaftsromane wie Der Rabenschrei – Roman einer Scheidung oder Die wilde Wol-hynierin mit dem Untertitel Roman aus der Ukraine, in dem sie die Lebensgeschichte ihrer Kusine mütterlicherseits zum Anlass nimmt, Galizien als altes österreichisches Kronland vorzustellen. Über ihre Reisen schrieb sie in Büchern wie Von Prag in die Provence über Straßburg, Verdun und Reims, Das schöne Spanien und Eine Fahrt nach Karpathorußland.

Maria Stona starb 1944 und musste nicht mehr erleben, wie 1945 die Rote Armee auch das Schloss Strebowitz ihrer Familie nahm. Nach ihrem Tode übersetzte die tschechische Schriftstellerin Helena Salichova Stonas Lyrik ins Tschechische.

In der Vertreibung gaben 1961 zum 100. Geburtstag Landsleute Texte von ihr heraus, so die Erinnerungen an ihre Mutter in Erzähltes Erbe – Auslese ostdeutscher Erzählkunst und Dorfgestalten aus dem Vorfeld von Groß-Ostrau, die im Odertor-Verlag für Schrifttum aus dem Ostsudetenland erschienen.

Lit.: Franz Brümmer, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwar, Leipzig 1913. – Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, Band 3. – Österreichisches Bibliographisches Lexikon Band 11. – Josef Mühlberger, Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen. Reichenberg 1931. 2. erweiterte Auflage, München 1981.

Bild: Archiv der Kulturstiftung.

Rudolf Grulich