Tagung, 19. - 21.06.2023

Verständigungspolitische und historische Fachtagung „Das deutsche Kulturerbe in der Ukraine im Spiegel der Geschichte: Stabilitätsanker in der Europäischen Union – Perspektiven für eine kulturelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Standards für Minderheitenschutz als EU- Beitrittskriterium“

Die Ukraine steht seit dem russischen Angriffskrieg im Zentrum des Weltgeschehens.

Mit Bestürzung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Russland versucht, unter einem eklatanten und in seiner Dimension schlicht unvorstellbaren Bruch des Völkerrechts, seine imperialistischen Machtinteressen mit kriegerischen Mitteln und grausamen Gewaltorgien gegen die Zivilbevölkerung durchzusetzen. 77 Jahre nach dem Ende des von Nazideutschland verursachten Zweiten Weltkriegs mit seinem im deutschen Namen begangenen Völkermord, dem im Anschluss weiteres unermessliches Leid der Flüchtlinge und Vertriebenen gefolgt war, schien es unvorstellbar, dass sich in Europa derartige Ereignisse wiederholen könnten. Krieg und Kriegsverbrechen, Flucht, Vertreibungen, Deportationen dürfen im Geiste der Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 keinen Platz mehr in Europa und in der Welt haben.

© Quelle: Benjamin [‚O°] – Bundesamt für Strahlenschutz
In einem völkerrechtlichen Einführungsvortrag wird die Frage der Souveränität der Staaten und der Unverletzlichkeit der Grenzen erörtert, die die unverzichtbaren Grundlagen des friedlichen Zusammenlebens der Nationen in Europa und darüber hinaus bilden.

Im Weiteren wird die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Hilfestellung seitens der EU-Anrainerstaaten für die Ukraine in den Fokus genommen, insbesondere die Rolle der kirchlichen Gemeinden in Deutschland und im östlichen Europa. Ein starkes Zeichen der Hoffnung für die Bewältigung der ukrainischen Flüchtlingskrise setzt auch der ehrenamtliche Einsatz der deutschen Minderheiten aus der Ukraine und den ostmitteleuropäischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, was ebenfalls thematisiert werden soll.

Im geschichtspolitischen Teil der Fachtagung soll die Geschichte der Ukrainer und der ukrainischen Staatswerdung beleuchtet werden. Entgegen Putins Narrativ von einem nicht existierenden ukrainischen Volk wird die Geschichte einer selbständigen, im Laufe der Jahrhunderte organisch gewachsenen ukrainischen Nation geschildert. Ein besonderes Augenmerk soll u.a. auf die letztlich gescheiterten Versuche einer ukrainischen Staatsgründung am Ende des Ersten Weltkriegs gerichtet werden. Andererseits wird schwerpunktmäßig die Gründung der ukrainischen Sowjetrepublik und deren verfassungsmäßig und völkerrechtlich einwandfrei anerkannter Austritt aus der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und die Ausrufung der unabhängigen Ukraine 1991 dargestellt werden.

In einem weiteren Themenblock der Tagung soll auf die Geschichte, das Kulturerbe und die Rolle der deutschen Minoritäten in der Ukraine eingegangen und Perspektiven für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Deutschland und dem östlichen Europa aufgezeigt werden.

Es bleibt z.T. immer noch unbekannt, dass auf dem Gebiet der heutigen Ukraine, neben mehreren anderen Minderheiten (z.B. der polnischen, ungarischen, rumänischen, griechischen und russischen), auch eine Reihe sehr unterschiedlicher, zahlenmäßig starker deutscher Minderheiten lebten bzw. immer noch leben, wenn auch in einer durch Flucht und Vertreibung, Deportationen und Um- und Aussiedlungen deutlich verminderten Zahl. Ihre ehemaligen bzw. immer noch vorhandenen Siedlungsgebiete befinden sich heute teil- und zeitweise unter russischer Besatzung, umso wichtiger ist es, an das Kulturerbe dieser Gebiete zu erinnern und es zumindest auf eine ideelle Art und Weise zu bewahren.

© Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Die nationalen Minderheiten sind ebenso wie die ukrainische Mehrheitsbevölkerung von den Kriegsereignissen betroffen und verdienen unsere Aufmerksamkeit, Solidarität und Hilfe. In diesem Zusammenhang soll die Geschichte und das reiche und vielfältige Kulturerbe der Schwarzmeerdeutschen, Krimdeutschen, Wolhyniendeutschen, Galiziendeutschen, der sog. Schönbornfranken, Bukowinadeutschen, Bessarabiendeutschen und der Deutschen in Kiew thematisiert und die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit entsprechenden Einrichtungen in Deutschland wie z.B. dem Bessarabiendeutschen Verein, dem Bukowina-Institut an der Universität Augsburg oder der Landsmannschaft Weichsel-Warthe eruiert und erörtert werden.

Zum Abschluss der Tagung soll in einer Podiumsdiskussion über das neue, im Dezember 2022 beschlossene Minderheitsgesetz für die Ukraine diskutiert werden. Dabei sollen auch die Minderheitenschutzgesetze in den EU-Anrainerstaaten als Beispiele mit Vergleichsmöglichkeiten herangezogen werden. Das ukrainische Minderheitengesetz stellt ein enorm wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union dar, zumal die Mutterstaaten der in der Ukraine lebenden Minoritäten mehrheitlich Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind (Deutschland, Polen, Ungarn, Rumänien und Griechenland). Die gesetzliche Erfüllung und Einhaltung der europäischen Standards für den Minoritätenschutz im ukrainischen Minderheitengesetz spielt als EU-Beitrittskriterium eine hervorragende Rolle bei den Verhandlungen über die Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union. Eine liberale, minoritätenfreundliche Gestaltung des neuen ukrainischen Minderheitengesetzes kann daher den EU-Beitrittsprozess des Landes wesentlich beschleunigen und manchen Stolperstein aus dem Weg räumen.

An der Veranstaltung können Sie auch per Live- Stream (ohne Anmeldung) per YouTube https://bit.ly/kulturstiftungvideo

 

 

 

 

Sollten Sie an der Veranstaltung in Präsenz teilnehmen wollen, wenden Sie sich bitte an den zuständigen
Referenten Vitalij Brodhauer:
vitalij.brodhauer@kulturstiftung.org

Tagungsprogramm (Änderungen vorbehalten): Einladung-Flyer-Ukraine