Biographie

Richter, Franz Xaver

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Musiker, Komponist, Musiktheoretiker
* 1. Dezember 1709 in Holleschau/Mähren vermutl.
† 12. September 1789 in Straßburg

Für Franz Xaver Richter ist der Geburtsort noch nicht festgestellt. Nach den Lexikonangaben soll er am 1.12.1709 im mährischen Holleschau geboren sein, dagegen nach Marpurg in seinen Beyträgen von 1756, dessen Angaben sich weitgehend als zutreffend erwiesen haben, in (Ober-)Ungarn. Aufgrund einer Notiz in der Straßburger Sterbeurkunde kommt als Geburtsort Kratz bzw. Chrast an der Hernád (jetzt Slowakei) in Frage. Eine gründliche kontrapunktische Ausbildung belegt sein Werk. Möglicherweise war er sogar Schüler von Johann Joseph Fux. Nach einer Italien-Reise läßt sich für den 2. April 1740 seine Anstellung als Vizekapellmeister des Fürstabts Anselm von Reichlin-Meldegg zu Kempten (Allgäu) nachweisen; im Februar 1843 heiratet er bereits in Kempten die Maria Anna Josepha Moz.Ende 1747 tritt er als Baßsänger und Violonist in die berühmte Mannheimer Hofkapelle ein. Studienfahrten führen ihn in Nachbarländer. Im April 1869 geht er als Domkapellmeister an das Straßburger Münster, Ignaz Pleyel hilft ihm in den letzten Jahren als Vizekapellmeister. Richter stirbt in Straßburg am 12.9.1789.

In Kempten schreibt er Sinfonien, in Mannheim Instrumentalkompositionen und weniger für die Kirche. Später in Straßburg komponiert er vornehmlich Kirchenmusikwerke. Seine kontrapunktischen Fähigkeiten lassen ihn immer wieder zur Fuge in seinenKompositionen zurückgreifen. Seine Lehrmeinung hat er in einer Schrift „Harmonische Belehrungen oder gründliche Anweisungen zu der musikalischen Ton-Kunst oder regulären Composition“ niedergelegt, die 1804 in französischer Übersetzung erschienen ist (bei Sieber in Paris). Als Autor erhält sich Richter selbst in der Mannheimer Schule eine eigenständige Kompositionshaltung.  Nach Ed. Schmitt ist Franz Xaver Richter unter den Mannheimern der Kontrapunktiker und der Kirchenmusiker schlechthin. Durch den Tod Schmitts ist es leider nicht zu einer Edition ausgewählter Kirchenmusikwerke von Richter gekommen. Das von Schmitt erstellte Werkverzeichnis der geistlichen Arbeiten läßt die Fülle seiner kirchenmusikalischen Kompositionen erkennen. Im Gegensatz zu den wenig bekannten Kirchenmusikwerken sind Richters Instrumentalkompositionen seit Riemanns Entdeckung der Mannheimer Schule wiederbelebt worden. Es gibt von seinen Instrumentalwerlen auch etliche Schallplatteneinspielungen.

Neuausgaben: Sinfonien, in: Denkmäler der Tonkunst in Bayern Bd. III, l, VII, 2 l XVI), (hrsg. von Hugo Riemann, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1902, 1906 und 1915). – Sechs Kammersonaten hg. von Walter Upmeyer, Bärenreiter Kassel u.a. (1965, Hortus Musicus Nr. 86). – 5 Divertimenti (a quadro), in: Musica Antiqua Bohemica Bd. 71, Supraphon Praha-Bratislava 1969.

Lit.: Robert Münster, [Artikel] Franz Xaver Richter, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 11, Bärenreiter Kassel u.a. 1963, Spalte 455-460. – Peter Mechlenburg, Die Sinfonien der Mannheimer Schule, mschftl. Diss. München 1962. – Heinrich W. Schwab, Mannheim und Böhmen. Ein Beitrag zur Musikgeschichte Südwestdeutschlands, in: Saarheimat 9. Jg. 1965, S. l-8. – Walter Lebermann, Zu Franz Xaver Richters Sinfonien, in: Die Musikforschung 25. Jg. 1972, S. 471-480. – Eduard Schmitt: Kirchenmusik der Mannheimer Schule, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1982 (Denkmäler der Tonkunst in Bayern, Neue Folge Bd. 2).