Der Sohn deutscher Juden war der k.u.k.-Humorist. Er hat mit der „seltensten Sprachkraft den Ausdruck, die Pointe, das Wort für die Situation, für Personen und Zustände gefunden und geformt … Sein Deutsch ist mustergültig, sein Stilgefühl unbeirrbar: Er ist ein Wunder an Erzähltechnik… Dieser Mann spricht alle Sprachen des Kontinents… und jedesmal so unheimlich echt.“ (Kurt Tucholsky) Karl Kraus, der Fackel-Kraus, erkor ihn allerdings zu seinem „Lieblingsfeind“. Roda schrieb ihm zu viel.
Roda Rodas Vater kam aus Mähren nach Slawonien, wurde Verwalter des Gutes Alágino des Grafen Ladislaus Pejachevich (Pejačević), der von 1880 bis 1883 Banus von Kroatien war. Rodas Herz hing an Österreich, im besonderen an Slawonien, dem Land seiner Kindheit. Seine Haltung war betont deutschbewußt. Mit 18 Jahren wurde er Katholik. Sein Taufpate war der Graf Pejachevich selbst. 1899 ließ sein Vater den Namen Rosenfeld in „Roda“ ändern; der Schriftsteller führte ab 1906 den Familiennamen „Roda Roda“. Sein bewegtes Leben schilderte Roda selbst, aber so anekdotenhaft, daß es seine Biographen schwer haben, Dichtung von Wahrheit zu unterscheiden. Daß sein Urahn Leopold als Pferdedieb 1684 in Essegg (Osijek) gehenkt worden sei, nahm ihm ohnehin niemand ab. Er verlegte seinen Geburtsort von Mähren nach Slawonien und hielt so Biographen und Lexikographen zum Narren. „Ein fürchterliches Gewitter tobt über Zdenci, einem winzigen Ort in der ungarischen Pußta. Es gießt in Strömen, es donnert und blitzt, daß einem Hören und Sehen vergeht. Da schlägt der Blitz in das elterliche Schlafgemach ein… Darob erschrak meine Mutter und gebar mich.“ (Roda Rodas Roman, 1924.)
Der verkrachte Jus-Student in Wien, der natürlich seine Lebensaufgabe im Schriftstellerberuf sah, trat 1892 ins Heer ein, verpflichtete sich auf zwölf Jahre, war längere Zeit in Essegg (Osijek) einquartiert (zeitweise auch in Graz, Agram und in Wiener Neustadt), bekam wegen disziplinärer Verstöße 30 Tage „Quartierarrest“. In seinen Dienstbeschreibungen werden aber sein großes Talent, sein Fleiß, sein fester Charakter, sein heiteres Gemüt und seine „Schneidigkeit“ als Reiter hervorgehoben. 1901 gehörte zu seinen „wildesten“ Jahren. Er, der Mitarbeiter am MünchnerSimplizissimus,lernte in Essegg die Schauspielerin Adele Sandrock kennen. Sie war um acht Jahre älter als er und war die Geliebte Arthur Schnitzlers. Die leidenschaftliche Liebe führte aber nur zur Verlobung, weil es Kaiser Franz Joseph mit der Ehegenehmigung nicht eilig hatte. (Adele Sandrock trat noch zu Goebbels Zeiten als „resolute Alte“ in zahlreichen Filmen auf.)
Roda Roda kennt alle Völker Slawoniens und zeichnete sie in Schwänken, Kurzgeschichten, Anekdoten, meist gemütvoll, oft auch ätzend satirisch. Der Sekretär des nationalkroatischen Bischofs deutscher Herkunft Stroßmayer „mußte mir eine verstaubte Flasche Karlowitzer vorsetzen, die der Bischof von seinem ‚Kollegän‘ bekommen hatte“, dem ‚Walachen‘ (dem serbisch-orthodoxen Patriarchen), „als die Serbän noch Menschän warän“. (Roda Rodas Roman, 1924).
Er kennt natürlich auch die Donauschwaben Slawoniens. „Vor 200 Jahren sind die Deutschen auf Kaiser Karl des Sechsten Ruf eingewandert: Bauern aus Hessen, der Pfalz, aus Franken und Schwaben. Man nennt sie ‚die Schwaben‘ allzusammen… Die Stadt Essegg ist deutsch (im Sumpf der Drau, ‚des deutschen Söldners Grab‘)“.
1902 verließ Roda Roda das Heer, bereiste den Balkan, Italien, Spanien, ging 1904 nach Pommern. Seit 1906 lebte er in München. Während der Bosnienkrise 1908 war er Berichterstatter in Belgrad, 1912, zu Beginn des Balkankrieges, in Konstantinopel, Athen und Belgrad. Im Ersten Weltkrieg war er Berichterstatter des k.u.k. Oberkommandos in Galizien, Wolhynien, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Montenegro und Italien. Nachher lebte er in den Karpaten, in Tirol und seit 1920 wieder in München. Vortragsreisen führten ihn 1923 nach Nordamerika, 1924 nach Paris und Portugal, 1926 abermals nach Frankreich. 1933 übersiedelte er mit seiner Frau Elsbeth, einer verwitweten Freifrau von Zeppelin, nach Graz, 1937 in die Slowakei, den Winter 1937/38 verbrachte er in Brüssel, emigrierte in die Schweiz, mußte aber 1940 das Land verlassen und entschied sich für die USA, wo er an Leukämie verstarb. 1948 wurde seine Urne in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt.
Werke: Kukuruz, Lustige Geschichten aus Slawonien, 1898. – Von Bienen, Drohnen u. Baronen, 1908. – Der Schnaps, der Rauchtabak und die verfluchte Liebe, 1908. – Schummler, Bummler, Rossetummler, 1909. – Der Feldherrnhügel. Dramatische Schnurre, 1909 (wegen „Beleidigung von Militärpersonen“ wurde das Stück 1910 vom Spielplan abgesetzt). – Serbisches Tagebuch. 1918. – Roda Rodas Roman, 1924. – Roda Roda erzählt (Humoresken), 1926. – Der Knabe mit den dreizehn Vätern, 1927. – Das große Roda-Roda-Buch, 1933. – Die rote Weste, 1947. – Begegnung mit Bischof Stroßmayer. In: Anton Scherer: Die nicht sterben wollten. Donauschwäbische Literatur von Lenau bis zur Gegenwart. 1985, S. 159-163.
Lit.: Anton Scherer: Betrachtungen zu einer Roda-Biographie. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 36 (1987), S. 60-63. – Rotraut Hackermüller: Roda Roda. Bildbiographie, 1986. – Ilse Stiaßny-Baumgartner: Roda Rodas Tätigkeit im Kriegspressequartier, Wien 1982 (Diss. Maschinenschrift).
Anton Scherer