Biographie

Rünger, Gertrud

Herkunft: Posener Land
Beruf: Opernsängerin
* 1. Januar 1899 in Posen
† 11. Juni 1965 in Berlin

Die gebürtige Posenerin wuchs in Posen auf und besuchte dort die Schule. Ihre Musikpädagogen erkannten ihr musikalische Begabung und rieten den Eltern, ihre Stimme ausbilden zu lassen. Doch die Eltern wehrten sich dagegen. Daher verließ die Tochter aus eigenem Entschluß unangekündigt ihr Elternhaus und fuhr mit ihren wenigen Ersparnissen nach Berlin. Dort begann sie, in der Inflationszeit auf sich allein gestellt, unter großen Entbehrungen mit dem Musikstudium. Sie war Schülerin der Kammersängerin Professor Hertha Dehmlow. Mit großer Energie und unermüdlichem Fleiß schaffte sie es nach vier Jahren, ihr Studium zu beenden und ihr erstes Engagement anzutreten.

Im Jahre 1924 debütierte Gertrud Rünger am Staatstheater in Gera, wo sie bis 1927 blieb, danach sang sie in Nürnberg und Köln, bevor ihr bereits 1929 der große Sprung an die Staatsoper von Wien gelang. Dort blieb sie bis 1935. Zugleich war sie von 1932 bis 1938 an der Staatsoper von Berlin verpflichtet. Besonders große Erfolge hatte sie bei den Salzburger Festspielen, wo sie 1932 bis 1933 die Amme in der Richard Strauss-OperDie Frau ohne Schatten sang. Dieser Erfolgkonnte bei einem Gastspiel in Venedig mit dem Komponisten am Pult erneuert werden. Bei den Salzburger Festspielen 1934 sang sie auch die Klytämnestra in Elektra von Strauss und 1938 die Leonore inFideliovon Beethoven.

1934 gastierte Gertrud Rünger in Amsterdam und in Den Haag als Venus im Tannhäuservon Richard Wagner. Weitere Auslandstourneen führten die nach Paris, London (Coventgarden), Monte Carlo, Amsterdam, Barcelona, Madrid, Antwerpen und an die Mailänder Scala. Auch an den Staatsopern in Dresden und München war sie zu Gast. Bei den Salzburger Festspielen lernte sie den Direktor der Metropolitan Oper New York, Johnson, kennen, der sie von 1936 bis 1939 dorthin engagierte. Von 1939 bis 1944 sang sie an den Staatsopern von Wien und München. Seit 1949 war sie wieder an der Staatsoper Berlin verpflichtet. Später gab sie Gesangsunterricht. In Klein Machnow bei Berlin hatte die Künstlerin, die zur Kammersängerin ernannt worden war, sich ein Eigenheim eingerichtet und fand ausgleichende Freude an ihrem Garten.

An Gertrud Rüngers Stimme bewunderte man die üppige Fülle der Tongebung und die mitreißende Dramatik ihres Vortrages. Hatte sie zu Beginn ihrer Karriere Alt-Partien gesungen, so wandelte sich ihre Stimme später zum hochdramatischen Sopran. Ihre stimmliche Dramatik kam vor allem im Wagner-Gesang (Brünhilde, Venus, Isolde, Brangäne) zum Ausdruck. Leider gibt es von ihr nur wenige Schallplatten, immerhin aber viele Rundfunkaufnahmen. Beeindruckend war ihr Weg, den sie, aus bescheidenen familiären Verhältnissen kommend, mit Energie und Fleiß, ihrer Neigung und Begabung folgend, genommen hatte und auf dem sie zu einer erfolgreichen und gefeierten Künstlerin geworden war.

Lit.: Deutsches Theaterlexikon. 21. Lieferung, Bern 1977. – Kutsch/ Riemann: Unvergängliche Stimmen. Kleines Sängerlexikon. 2. Auflage München 1982. – Gertrud Rünger: Der verkannte Amerika-Vertrag. In: Heimatbund-Nachrichten. Zeitschrift der Deutschen aus Bromberg u.d. Netzegau. Berlin 17.1937 Nr. 2, S.1-2. – Hugo Rasmus: Lebensbilder westpreußischer Frauen. Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens Bd. 22, Münster i. W. 1984.

Bild: Ausschnitt aus dem Rollenfoto in “Tiefland” von Eugen d’ Albert, vom 8. Dezember 1945 in der Staatsoper Berlin.Fotograf: Abraham Pisarek. Bild aus dem Besitz des Stadtmuseums Berlin.

 

Hugo Rasmus