„Siebenbürgen“ heißt die vom Karpatenbogen umschlossene Hochebene in deutscher Sprache.
Als die Ungarn dies Gebiet ab dem 11. Jahrhundert eroberten, nannten sie es von ihrem Land aus gesehen „Land jenseits des Waldes“ – damit waren die bewaldeten Westkarpaten gemeint –, lateinisch „Transsilvania“, auf ungarisch „Erdély“, von wo die Rumänen die Benennung „Ardeal“ ableiteten. Bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts gehörte dies Gebiet zum Königreich Ungarn und wurde nach der Vernichtung und Besetzung Ungarns durch die Türken im Jahre 1542 ein autonomes Fürstentum und türkischer Oberhoheit.
Im Landtag von Siebenbürgen war die „Union der drei Nationen“ (Unio trium nationum) maßgebend. Dies waren der ungarische Adel, die Szekler und die Siebenbürger Sachsen.
Die Szekler waren eine von den Ungarn sprachlich assimilierte verbündete Völkerschaft, die militärisch organisiert in Grenzgebieten des ungarischen Reiches zur Verteidigung der Grenzen angesiedelt wurde, zuletzt an der Ostgrenze Siebenbürgens.
Die Siebenbürger Sachsen wurden von der ungarischen Königskanzlei so bezeichnet, weil von den Ungarn alle germanischen Stämme etwa nördlich der Mainlinie „Sachsen“ genannt wurden, zum Unterschied von den Süddeutschen, die man nach slawisch-russischem Vorbild „németek“ nannte, also Leute „die nicht (unsere Sprache) haben“. Die Siebenbürger Sachsen sind von den ungarischen Königen zuerst im 12. und 13. Jahrhundert vor allem aus dem Rheinland als „Gäste zum Schutze der Krone“ berufen worden. Das sollte heißen, sowohl zur Landesverteidigung an der Südgrenze, als auch vielmehr zur wirtschaftlichen Stärkung des Landes.
Die siebenbürgische Autonomie hörte auf, als nach der Belagerung von Wien durch die Türken im Jahre 1683 die habsburgischen Truppen immer weiter nach Südosten vordrangen.
Durch den Vertrag von Blasendorf (1687) wurden nach dem Grundsatz „Volentes nolentes protegit vos Majestas Sua“ den habsburgischen Truppen Quartiere in Siebenbürgen zur Verfügung gestellt und große Geldsummen für den Unterhalt der kaiserlichen Armee. Im Jahre 1688 sagte sich Siebenbürgen von der türkischen Oberhoheit los und anerkannte die Oberhoheit der Habsburger. Nach dem Tod des letzten siebenbürgischen Fürsten Michael Apafi 1690 übernahm praktisch Kaiser Leopold I. (1655-1705) die Herrschaft über Siebenbürgen und verlieh dem Land eine Art Verfassung durch das so genannte „Leopoldinischen Diplom“ von 1691. Dadurch wurden die Privilegien der drei ständischen „Nationen“ (Adel, Szekler und Sachsen) bestätigt und auch die Rechte der vier „rezipierten Religionen“ (Katholiken, Reformierte, Lutheraner und Unitarier), ebenso auch die alte Gesetzgebung des Landes.
Für die zentrale Verwaltung Siebenbürgens wurde neben dem „Gubernium“ (Regierung) im Lande selbst eine „Hofkanzlei“ in Wien eingerichtet, deren Leiter ein „Vizekanzler“ war, während in Siebenbürgen ein „Oberster Kanzler“ (cancellarius supremus) wirkte. Ab 1742 wurde dieser „Provinzialkanzler“ (cancellarius provincialis) genannt, während der Leiter der Siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien „Hofkanzler“ (cancellarius aulicus) genannt wurde.
Im Jahre 1765 ernannte die Kaiserin Maria Theresia den Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803) zum siebenbürgischen Hofkanzler. Aber weil er Protestant war und seinem Grundsatz „fidem genusque servabo“ treu blieb, konnte er nicht zum offiziellen Hofkanzler ernannt werden, sondern nur zum Präses einer Hofkommission, die die siebenbürgischen Angelegenheiten zu bearbeiten hatte (1765-1774).
Samuel von Brukenthal wurde am 21. Juli 1721 in Leschkirch nordöstlich von Hermannstadt als jüngstes Kind des Leschkircher Königsrichters Michael Breckner geboren. Samuel Breckner besuchte das Hermannstädter Gymnasium, erwarb sich danach erste Rechtskenntnisse in Neumarkt am Mieresch und hatte seine erste Praxis 1741 beim siebenbürgischen Gubernium in Hermannstadt.
Von 1743-1745 besuchte er die Universität in Halle und hatte danach beim Hermannstädter Magistrat verschiedene Ämter inne, zuletzt war er dort Vizenotär. Im Jahre 1751 war er erstmals als Deputierter der Sächsischen Nationsuniversität – dem obersten Verwaltungs- und Gerichtsorgan der Siebenbürger Sachsen – am Wiener Hof und hatte am 25. März 1753 seine erste Audienz bei der Kaiserin Maria Theresia. Im Jahre 1754 wurde er Gubernialsekretär und 1760 Gubernialrat.
Im Jahre 1761 wurde er zum Comes der Sächsischen Nation in Siebenbürgen gewählt, aber von der Kaiserin nicht in diesem Amt bestätigt.
Am 11. Januar 1762 ernannte ihn die Kaiserin aber zum siebenbürgischen Provinzialkanzler und verlieh ihm am 1. März 1762 den Titel eines Freiherrn mit dem Adelsprädikat „von Brukenthal“, wohl in Anlehnung an seinen Familiennamen Breckner = Brückner.
Im Jahre 1765 wurde Brukenthal zum Präses der Siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien ernannt, also praktisch Hofkanzler.
Als solcher verfasste er eine Vorstellung an die Kaiserin, das Fürstentum Siebenbürgen zu einem Großfürstentum zu erheben.
Am 2. November 1765 wurde von der Kaiserin Maria Theresia das Diplom über die Erhebung Siebenbürgens zum Großfürstentum ausgestellt.
Durch die barock langatmige Urkunde wurde Siebenbürgen „mit dem Schmuck eines angeseheneren Titels und einer bedeutenderen Würde ausgezeichnet“ und „kraft gegenwärtiger Urkunde mit umfassender Wirkung zur Würde eines Großfürstentums“ erhoben. Des Weiteren wird auch das neue Landeswappen ausführlich beschrieben um „dadurch seine durch das neue Vorrecht erhöhte Würde allen deutlich kund (zu) tun“.
Weiter heißt es, dass „durch dieses Unser reichliches und überaus gnädiges Wohlwollen gegenüber demselben Großfürstentum Siebenbürgen, … Wir durch so ehrenvolle öffentliche Urkunden der Nachwelt bezeugen und bekunden“ wollen.
Die feierliche Urkunde wurde mit einer Goldenen Bulle als Siegel versehen, also einem goldenen Metallsiegel, und von der Kaiserin eigenhändig unterschrieben.
Die Proklamation der Urkunde verzögerte sich jedoch, weil der Künstler, der das neue Landeswappen malen sollte, sich dafür über ein Jahr lang Zeit ließ. In Siebenbürgen selbst hatte die erst im Oktober 1767 erfolgte Bekanntmachung der Rangerhöhung des Landes nur eine geringe Beachtung erfahren. In der Rangordnung im Titel der Kaiserin Maria Theresia nahm das Großfürstentum Siebenbürgen seither den elften Platz ein.
Das Landeswappen enthielt die heraldischen Elemente der „drei Nationen“: im oberen Teil stand für den ungarischen Adel ein Adler, für die Szekler eine Sonne und ein Mond, und für die Sachsen standen im unteren Teil sieben stilisierte Türme für den deutschen Landesnamen „Siebenbürgen“.
Das Großfürstentum Siebenbürgen war damals in folgende Verwaltungseinheiten gegliedert:
Land der Ungarn
– die sieben Komitate (von Norden nach Süden; sie deuten die Etappen der Eroberung durch die Ungarn an): 1. Szolnok, 2. Doboka, 3. Klausenburg, 4. Thorenburg, 5. Kokelburg, 6. Hunyad, 7. Weißenburg, seit 1764 geteilt in Unterweißenburg und Oberweißenburg
– die Distrikte (Grenzgebiete mit militärischer Organisation): 1.Kövár, 2. Fogarasch, 3. Hatzeg
Land der Szekler
– die sieben Szeklerstühle (Gerichtsbezirke): 1. Oderhellen, 2.-4. die „Drei Stühle“ Sepsi, Kézdi, Orbai, 5. Csik, 6. Marosch, 7. Aranyosch.
Land der Sachsen
– die „Sieben (sächsischen) Stühle“ (von Westen nach Osten): 1. Broos, 2. Mühlbach, 3. Reußmarkt, 4. Leschkirch, 5. Schenk, 6. Schäßburg, 7. Reps mit dem Hauptstuhl Hermannstadt;
– die „Zwei Stühle“ Mediasch und Schelk
– die beiden Distrikte Bistritz und Kronstadt.
Wie auch aus dieser Übersicht hervorgeht, hatte die Zahl „Sieben“ im mittelalterlichen Siebenbürgen eine besondere Bedeutung, die sich auch im deutschen Landesnamen findet. Dieser wurde von der ursprünglichen „Zibinsburg“ – nämlich Hermannstadt als Burg am Zibinsfluss – abgeleitet und als „Siebenbürgen“ eingedeutscht. Es gab spätestens ab dem 14. Jahrhundert auch die lateinische Bezeichnung „Septem castra“ für Siebenbürgen. Aber auch heute kann nicht gesagt werden, welches diese sieben Burgen waren. Sie stehen jedoch im Landeswappen von 1765 stellvertretend für die Siebenbürger Sachsen.
Nach dem Anschluss Siebenbürgens an Ungarn durch den Ausgleich von 1867 wurde das siebenbürgische Wappen auch in das ungarische Reichswappen aufgenommen und nach der Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien im Jahre 1918 auch in das neue rumänische Staatswappen von 1922.
Das alte Landeswappen Siebenbürgens von 1765 bildet auch einen Teil des neuen Staatswappens von Rumänien von 1992. So stehen die sieben Türme als Stellvertreter für die Siebenbürger Sachsen auch heute im Wappen Rumäniens.
Bild: Wappen des Großfürstentums Siebenbürgen / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.
Lit.: Joseph Trausch, Schriftsteller-Lexikon oder biographisch-literärische Denkblätter der Siebenbürger Deutschen, I, Kronstadt 1868. – Robert Csallner, Quellenbuch zur vaterländischen Geschichte, Hermannstadt 1905. – Albert Arz von Straussenburg, Beiträge zur Siebenbürgischen Wappenkunde, Köln-Wien 1981, (Siebenbürgisches Archiv Band 16). – Rolf Kutschera, Landtag und Gubernium in Siebenbürgen 1688 – 1869, Köln Wien 1985 (Studia Transylvanica Band 11). – Harald Roth, Kleine Geschichte Siebenbürgens, Köln-Weimar-Wien 1996.
Gernot Nussbächer