Claus Biederstaedt aus Hinterpommern war seit den fünfziger Jahren ein bekannter Schauspieler in Westdeutschland. Seit 1952 hat er in Dutzenden Filmen für Kino und Fernsehen Rollen übernommen, so in den Kriminalserien „Der Kommissar“, „Derrick“, „Der Alte“ und in zwei Folgen der „Schwarzwaldklinik“. Außerdem war er die deutsche Stimme von Marlon Brando und Yves Montand.
Er war der einzige Sohn Fritz Biederstaedts (1897-1971), eines Studienrats an der Jobstschule in Stargard. Der Vater wurde als Reserveoffizier im Zweiten Weltkrieg noch eingezogen und an der Ostfront eingesetzt. Der 1935 verstorbene Großvater Paul Biederstaedt war Superintendent an der Marienkirche in Prenzlau/ Uckermark. Ihm verdankte indirekt der Enkel seine Rettung aus einem von der „Roten Armee“ an der Ostfront gebildeten Kessel, aus dem er mit dem Fahrer eines Militärfahrzeugs, der seinen Großvater kannte, entkommen konnte.
Bei seinem Vater erlernte Claus Biederstaedt das Klavier- und das Orgelspiel und sang im Chor mit, die Mutter sang Solopartien in Händels Messias und in Bachs Weihnachtsoratorium. Im Alter von 15 Jahren wurde er Flakhelfer, ein Jahr darauf wurde er an die Ostfront einberufen. Nachdem seine Mitschüler alle gefallen waren, gelang es ihm, mit einem verwundeten Soldaten nach Westen zu fliehen. Seine Mutter, die auf einem Treck unterwegs war, war der Überzeugung, ihr einziger Sohn wäre gefallen, brachte sich um und wurde in einem Massengrab beigesetzt.
Als er seinen Vater wiedergefunden hatte, zog er mit ihm nach Hamburg, um am humanistischen Wilhelms-Gymnasium das Abitur abzulegen. Einer seiner Mitschüler dort war der spätere Literaturkritiker Joachim Kaiser (1928-2017), der aus Ostpreußen stammte. Das Medizinstudium gab er im vierten Semester auf und nahm Schauspielunterricht bei Will Quadflieg (1914-2003) am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.
Nach der Abschlussprüfung spielte er als Theaterschauspieler an den Bühnen in Hamburg, Berlin, München, Köln und Wiesbaden. Später arbeitete er auch als Theaterregisseur und inszenierte Carl Zuckmayers (1896-1977) Stücke Des Teufels General (1946) und Der Hauptmann von Köpenick (1931) 1985 und 1986, Gerhart Hauptmanns (1862-1946) Stück Vor Sonnenaufgang (1889) folgte 1993. Seit Anfang der fünfziger Jahre wirkte er auch in zahlreichen Hörspielen mit.
Er war seit 1974 in zweiter Ehe verheiratet und hatte seit 1961 einen Sohn aus erster Ehe. Zuletzt lebte er in der Kleinstadt Eichenau/ Oberbayern. Er gab 2008 alle beruflichen Engagements auf. Wegen mehrerer Operationen an seiner Zunge, die von Krebs befallen war, konnte er kaum noch sprechen. Er starb zehn Tage vor seinem 92. Geburtstag und ist auf dem Gemeindefriedhof von Eichenau beigesetzt.
Bild: Autogrammkarte 1960er Jahre.
Jörg Bernhard Bilke