Es war der Schriftsteller Bruno Hanns Wittek (1895-1935), der einst im Zusammenhang mit der Darstellung der Lebensgeschichte eines befreundeten Malers die Vermutung äußerte, es dürften erstaunlich viele bedeutende Künstler aus jenem „sanftwelligen Hügelland“ rings um den Altvater hervorgegangen sein, dem auch er selbst zugehörte. Selbst wenn man sich auf die Repräsentanten der bildenden Kunst beschränkt, ergibt sich in der Tat ein stattliches Register. Sogar bei Einengung des Gesichtsfeldes allein auf die Bildhauer bieten sich dem Lexikographen recht prominente Namen dar, etwa Bernhard Kutzer, Josef Obeth, Hans Schwathe, Paul Stadler und Leo Thom. In dieser „Glyptothek“ darf jedoch keinesfalls Engelbert Kaps fehlen, einer jener Bildhauer, denen es beschieden war, nach der Vertreibung weiterhin künstlerisch aktiv zu sein.
Engelbert Kaps, Sohn eines Webers, war noch kein Jahr alt, als bereits sein Vater starb, und als Neunjähriger verlor er seine Mutter. Verwandte nahmen sich zwar des Waisenkindes an, doch waren ihm in jeder Hinsicht entbehrungsreiche Jahre auferlegt.
Seine berufliche Laufbahn begann Kaps 1899 als Lehrling in der Marmor- und Granitwarenfabrik W. Thust in Gnadenfrei bei Reichenbach (Eulengebirge). Dann besuchte er in Saubsdorf (mit damals elf Marmorbrüchen) die sogenannte Marmorfachschule (später: Staatliche Fachschule für Steinbearbeitung). Direktor Eduard Zelenka wurde auf das junge Talent aufmerksam, verhalf ihm zu einem Landesstipendium und förderte ihn mit der Zielsetzung, Kaps‘ Aufnahme in die Wiener Akademie der bildenden Künste zu erwirken. Nach einer Art Vorbereitungsjahr in Wien (1906) stellte sich der Erfolg ein: Von 36 Bewerbern wurden zehn ausgewählt, unter ihnen Engelbert Kaps. Seine künstlerische Ausbildung erlangte er bei den Professoren Hans Bitterlich und Josef Müllner (seit 1910) sowie in der Meisterklasse von Professor Edmund von Hellmer. Schon als Student arbeitete Kaps in seinem eigenen Atelier in Niklasdorf sowie in Freiwaldau, nämlich in den Semesterferien, aber auch in Wien.
Der Erste Weltkrieg, den der junge Künstler im Infanterie-Regiment Kaiser Nr. 1 an der galizischen Front und im Raum Görz mitmachte, zuletzt als Oberleutnant, unterbrach zwar die zu erwartende Karriere. Doch auch in dieser Zeit erhielt Kaps Aufträge von seinen Kameraden, selbst aus den Reihen höchstrangiger Offiziere. Seit Kriegsende arbeitete Kaps in seinem Atelier in Freiwaldau, verlegte es aber bald nach Saubsdorf. An seiner Seite tätig war seine Frau, die Bildhauerin Maria geb. Melzer, Tochter des Saubsdorfer Arztes, die er 1918 kennengelernt hatte.
Als freischaffender Künstler wurde Kaps mit Aufträgen geradezu überhäuft, so daß er zeitweise 30 Gehilfen beschäftigte. Noch als 85jähriger erinnerte er sich an seine Mitarbeiterin Fifi Geßner, die von 1928 bis 1930 auf dem Wege der Berufsfindung praktizierte, sich später jedoch einer ganz anderen Lebensaufgabe verschrieb und unter dem Namen Joy Adamson berühmt wurde, etwa als Autorin des BestsellersFrei geboren … Eine Löwin in zwei Welten.
1923 gründete Kaps zusammen mit dem Maler Raimund Mosler die „Vereinigung bildender Künstler Schlesiens“, die speziell von E. W. Braun, dem Direktor des Landesmuseums in Troppau, unterstützt wurde.
Im künstlerischen Schaffen zeichnen sich bei Kaps, der sich unterschiedlichen Materials bediente (Granit, Sandstein, Marmor, Korallenkalkstein, Alabaster, Holz, Metall), einige Schwerpunkteab. So schuf er Büsten: E. W. Braun, Viktor Heeger, Paul Heider, Th. G. Masaryk; Goethe, Nietzsche, Richard Wagner; Kriegerdenkmäler: Freiwaldau, Freudenthal, Goldenstein, Jägerndorf, Landskron, Müglitz, Niklasdorf, Reihwiesen, Römerstadt, Sandhübel, Saubsdorf, Taschendorf, Troppau; Grabmäler oder Skulpturen für Gräber: Familiengruft mit Karyatiden für Familie Förster, Zuckmantel, 1922; Grabmal Weißhuhn, Troppau, um 1924; Grabmal F. Schmidt, Bronze, Jägerndorf, 1924; Grabmal Willibald Müller, Sandstein, Troppau, 1925; Sarkophag Januschke, Marmor, Lichten, 1927; Grabmal Feldmarschall Böhm-Ermolli, Troppau.
Die Qualität seiner Kunst dokumentiert sich in einer Reihe von Ausstellungen, unter anderem in Brünn, Kaschau, Prag, Berlin, Stuttgart, Regensburg, Kirchheim unter Teck. Es ist weitgehend bekannt, was Kaps in den Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs an Kunstwerken gestaltet hat, aber es gibt noch keine definitive Aufstellung darüber, was sich aus jener Zeit erhalten hat bzw. wo es verwahrt wird.
Biographisch sei ergänzt, daß Kaps‘ erste Ehe nur neun Jahre überdauert hat. 1930 lernte er die Lehrerin Elisabeth Müller kennen, heiratete sie, und diesem Bund entstammen drei Kinder. – Ab 1936 war Kaps Bürgermeister von Saubsdorf, und 1943 wurde er als Offizier zur deutschen Wehrmacht einberufen. Diese beiden Fakten könnten als Ursache dafür gelten, daß Kaps nach Kriegsende ein Jahr in dem tschechischen Internierungslager Adelsdorf und im sogenannten Todeslager Wüthseifen bei Thomasdorf zubringen mußte. Seine Familie war bereits abtransportiert worden; er selbst gelangte im Herbst 1946 als Heimatvertriebener nach Seyboldsdorf in Niederbayern, fand nach mühevollem Suchen seine Angehörigen und holte sie zu sich. Die nächste Station war Hohenlimburg im Sauerland, wo seine Frau eine Anstellung als Lehrerin fand und wo er mit dem Hohenlimburger Korallenkalkstein zu arbeiten begann. Dann ging er nach Regensburg, wo er sich ein letztes Mal ein Atelier einrichtete. Es folgten noch Bremen, weil sein Sohn dort wohnte, der den 1969 verwitweten Vater aufnehmen wollte, und schließlich wieder Regensburg, und zwar wegen eines ihm zusagenden Altersheims, in dem er bis zu seinem Lebensende verblieb.
Werke (gesichert): Weihnachtsaltärchen (Lindenholz, 1948, Privatbesitz); Adalbert Stifter (Büste, Eichenholz, 1956, Bundesvertriebenenministerium Bonn); Viktor Heeger (Hochrelief mit Gedenkplatte, 1958, Memmingen); Warmwalzer (im Auftrag der Hoesch-Walzwerke, Bronze, 1959, Lennebrücke in Hagen-Hohenlimburg); Gedenktafel Direktor F. Eigl (1963, Gymnasium Kirchheim unter Teck); Kopf einer Negerin (Hohenlimburger Kalkstein, 1963, Leihgabe im Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg); Troppau-Denkmal (Muschelkalk, 1964, Bamberg); Johann Schroth (Büste, 1966, Oberstaufen); Prießnitz-Brunnen (1969, Kirchheim unter Teck).
Lit.: Bergland-Verlag Fritz Burschofsky (Hg.): Freiwaldau (Hohenstadt 1938). – Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg und P. und H. Rißler (Hg.): Der Bildhauer Engelbert Kaps (Katalog zur Ausstellung vom 21.4. bis 27.6.1988 in der Ostdeutschen Galerie Regensburg). – Rudolf Kretschmer: Saubsdorf im Wandel der Zeiten (Nördlingen 1992).