Biographie

Czerny, Adalbert Marianus

Herkunft: Galizien u. Bukowina
Beruf: Prof. f. Pädiatrie
* 25. März 1863 in Szczakowa/Galizien
† 3. Oktober 1941 in Berlin

Einer Pilsener Ingenieursfamilie entstammend, verbrachte Adalbert Czerny die Jugendjahre hauptsächlich in Wien, wo seine Eltern lebten. Das Medizinstudium absolvierte er in den Jahren 1881 bis 1888 an der deutschen Universität zu Prag. Seine akademischen Lehrer waren insbesondere die Physiologen Sigmund Meyer und Ewald Hering, der Pharmakologe Franz Hofmeister, der Chemiker Karl Hugo Huppert sowie der Physiker Ernst Mach. Bereits als Student arbeitete Adalbert Czerny von 1884 bis 1886 im Prager Physiologischen Institut als Assistent bei Sigmund Meyer. Studienschwerpunkte Czemys waren – neben der Physiologie – die Fächer Embryologie, Histologie und Physiologische Chemie.

Nach seiner Promotion im Jahr 1888 fand Adalbert Czerny in der deutschen Landesfindelanstalt zu Prag unter Professor Alois Epstein eine Anstellung als Assistent. Die Findelanstalt war eine der Universität angeschlossene Institution und diente auch der Ausbildung zum Pädiater.

Nach seiner 1893 im Fach Kinderheilkunde erfolgten Habilitation wechselte Adalbert Czerny im Jahre 1894 als außerordentlicher Professor nach Breslau über, wo er eine moderne Kinderklinik aufbaute und die Pädiatrie als Prüfungsfach im medizinischen Examen durchsetzte.

1903 wurde er in Breslau zum ordentlichen Professor ernannt, sieben Jahre später erhielt er einen Ruf nach Straßburg, dem er Folge leistete, 1913 schließlich ging der bereits bekannte Kinderarzt nach Berlin, wo er den Lehrstuhl des Kinderheilkundlers Otto Heubner an der Charité übernahm. Bis zu seiner Emeritierung 1932 blieb Adalbert Czerny an der Berliner Universität.

Im Jahre 1935 wurde er erneut berufen, und zwar auf den pädiatrischen Lehrstuhl der Medizinischen Akademie Düsseldorf. Im hohen Alter von 74 Jahren kehrte Czerny dann 1937 vom Rhein in die Reichshaupt-Stadt zurück, wo er noch vier Jahre im verdienten Ruhestand lebte. Adalbert Czerny leistete Bahnbrechendes auf seinem Fachgebiet. Neben Otto Heubner, Theodor Escherich und Meinhard von Pfaundler gilt Czerny als Begründer der modernen Pädiatrie, der auch zahlreiche Schüler um sich scharte. Die Anfange der Czerny-Schule innerhalb der Kinderheilkunde lassen sich bis in die Breslauer Zeit des Wissenschaftlers zurückverfolgen. Zahlreiche bedeutende in-, aber auch ausländische Pädiater aus aller Herren Länder wie Polen, Ungarn, Rußland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Holland, Belgien, der Schweiz, Italien, Griechenland sowie Japan und Amerika gehörten dieser Schule an. Hervorragende deutsche Czerny-Schüler waren die Gelehrten Max Klotz, Albrecht Peiper, Martin Thiemich, Hans Opitz,Karl Stolte, Hans Kleinschmidt, Walter Birk und Arthur Keller.

Die drei Forschungsschwerpunkte Adalbert Czernys und seiner Schule waren insbesondere die Pathologie des Stoffwechsels und die Ernährungsphysiologie des Säuglings, des weiteren die Konstitutionsanomalien beim Kind sowie die medizinische Kinderpsychologie. Wichtige Zeitschriftenaufsätze, Lehr- und Handbücher belegen Czernys Pionierleistung auf diesen Gebieten, so beispielsweise das 1906 bis 1918 erschienene Standardwerk Des Kindes Ernährung. Ernährungsstörungen und Ernährungstherapie (2. Aufl. 1925-1928) sowie der 1903 im Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 61, herausgekommene Aufsatz Die exsudative Diathese, in dem er die pathologische Disposition zu Haut- und Schleimhautentzündungen, eine Art der Konstitutionsanomalie, die sich schon im Kindesalter zeigen kann, grundlegend beschreibt und den Begriff ,exsudative Diathese‘ in die Medizin einführt. Mit diesem Aufsatz legte er den Grundstein der modernen Konstitutionslehre. Weitere maßgebliche Veröffentlichungen Adalbert Czernys sind das in zahlreichen Auflagen (beispielsweise 8. Aufl. 1934) erschienene, wirkungsmächtige Büchlein Der Arzt als Erzieher des Kindes (1. Aufl. 1908), Czernys einschlägige Arbeit zur Kinderpsychologie, ferner das 1939 publizierte Werk Die Pädiatrie meiner Zeit sowie Die Sammlung klinischer Vorlesungen über Kinderheilkunde (1942). Als Kinderarzt und Gelehrter erwarb sich Professor Adalbert Czerny größte Verdienste um die Herausbildung und Fortentwicklung der deutschen und internationalen Pädiatrie und wirkte prägend auf zahlreiche seiner Kollegen und Schüler. Als ein Vater der modernen deutschen Kinderheilkunde ging sein Name in die Medizingeschichte ein.

Lit.: [Anonym]: Czerny, Adalbert, in: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Zugleich Fortsetzung des Biographischen Lexikons der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, hrsg. von I[sidor] Fischer, Bd. L Berlin und Wien 1932, S. 286. – Walter Birk: Adalbert Czerny, in: Münch. med. Wschr. 80 (1933), S. 467-469. – Walter Birk: Adalbert Czerny, in: Münch. med. Wschr. 88 (1941), S. 1215; – PQ Großmann: Vor 125 Jahren wurde Adalbert Czerny geboren, in: Kinderärztl. Prax. 56 (1988), S. 139f.; – Hans Hartmann: Gesunde Kinder. Das Lebenswerk Adalbert Czernys. Berlin 1938; – Hans Kleinschmidt: Zum siebzigsten Geburtstage von Adalbert Czerny am 25. März 1933, in: Klin. Wschr. 12 (1933), S. 486f.; – Karl Kundratitz: Zum Gedächtnis Adalbert Czernys, in: Neue öst. Z. Kinderheilk. 7 (1962/63), S. III-VII; – J[ohannes] Oehme: Pioniere der Kinderheilkunde: Adalbert Czerny (1863-1941), in: Kinderkrankenschwester 3 (1984), S. 234; – J[ohannes] Oehme: Adalbert Czerny, in: Kindergesundheit (1987), H. 8, S. 10; – Hans Opitz: In memoriam Adalbert Czerny, in: Dtsch. med. Wschr. 88 (1963), S. 723-725; – Albrecht Peiper: Chronik der Kinderheilkunde. 2. Aufl. Leipzig 1955; – A[ugust] Reuß: Adalbert Czerny +, in: Dtsch. med. Wschr. 67 (1941), S. 1268f.; – Erwin Schiff: Adalbert Czerny (1863-1941), in: J. Pediat. 48 (1956), S. 391-399; – Manfred Stürzbecher: Czerny, Adalbert Marianus, Kinderarzt, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. EI, 1957, S. 460; – P[] Wunderlich: Zur Geschichte der Universitäts-Kinderklinik in Breslau unter Adalbert Czerny (1863-1941) von 1894-1910, in: Aren. Hist. Med. [Warschau] 42 (1979), S. 337-343.

Bild: Porträt entnommen aus Hans Hartmann (1938) (s. Lit. verz.).

Werner Gerabek