Erich Meder war ein echtes Original: urkomisch, geistreich, ironisch, einer, der seinen Landsleuten ins Herz und aufs Maul schaute. Mit treffsicherem Witz und erstaunlicher Nachhaltigkeit brachte der Vollblutwiener das Lebensgefühl der Wiener in Texten für Lieder und Schlager auf den Punkt. Nicht selten allerdings stehen die Verfasser von Texten, die eingängig vertont wurden, im Schatten der Stars, die auf der Bühne, im Radio oder Film als ihre Interpreten auftreten, den Applaus und die Popularität kassieren. So war es auch bei Erich Meder, der mit seinen geistreich-komischen Lieddichtungen einen enormen Erfolg erzielte, Gassenhauer, Ohrwürmer und Evergreens schuf, aber im Hintergrund blieb, privat zurückgezogen lebte und nach seinem Tod 1966 in Vergessenheit geriet. Doch 2017 erschien eine Biografie, die das Wiener Original zu würdigen weiß, und seit Kurzem werden seine größten Hits von österreichischen Ensembles neu entdeckt und präsentiert. Immer noch können Meders charmante Reime, sein subtiler Wortwitz, seine nostalgische, mit einer guten Portion Wiener Schmäh gewürzte Nachdenklichkeit – gesungen zu den unvergessenen Melodien – das Publikum begeistern.
Erich Johann Meder wurde am 28. Juli 1897 in Brünn in eine Ärztefamilie geboren, die sich 1905 in Wien niederließ. Sein Großvater mütterlicherseits war dort Stadtphysikus gewesen. Nach Abitur und Kriegsdienst studierte Meder Welthandel und schloss 1920 als Diplomkaufmann ab. Er war zunächst Bankbeamter und Kaufmann und versuchte sich als Erfinder, ließ u.a. ein Windrad und einen Spielzeugvogel patentieren. Ab 1934 verdiente er seinen Lebensunterhalt als freiberuflicher Schriftsteller, lieferte Texte für Reklamefilme und verfasste die meist heiteren, humorvollen oder ironischen Texte für Lieder, teils mundartlich, jedenfalls variantenreich. In mehr als drei Jahrzehnten wurden es über 1.200 Liedideen, die ihn zum Chronisten der Wiener Seele machten und von denen viele heute zu echten Klassikern des Wienerlieds zählen.
Seine erste Hervorbringung war „Ich möchte gerne wissen, ob sich die Fische küssen“, für den Felix Maly und Hans Johann Haas die Melodie komponierten. 1936 kreierte er den „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän“, das ausladendste Wortungetüm, das je in einen deutschen Schlager einging. Die Musik dazu schrieb Charles Loubé. Wirklich populär wurde Meder durch die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Hans Lang und die Interpretation einiger Lieder der beiden durch Hans Moser auf Schallplatte. Auch Maria Andergast, Paul Hörbiger, Heinz Rühmann, Marika Rökk, Heinz Conrads, Peter Alexander, Hans-Joachim Kulenkampff und Heinz Erhardt sowie Wolfgang Ambros und Otto Schenk verhalfen seinen Texten zu Popularität. Von Erich Meder stammen Evergreens wie „Stell Dir vor es geht das Licht aus“, „Der Alte Herr Kanzleirat“, „In der Kellergassn“, „Der alte Sünder“ u.v.m. Die englische Version von „Jetzt ist es still / It’s Oh So Quiet“ wurde 1951 mit Betty Hutton als Sängerin berühmt. Die isländische Popsängerin Björk erzielte 1995 mit ihrer Version einen Welterfolg. Von Meder stammen auch zehn Hörspiele, die im Radio gesendet wurden.
Aus seinem Privatleben ist wenig bekannt. Ein Leben lang musste er seine Homosexualität verheimlichen. Sein aus Salzburg stammender Lebensgefährte Georg Reichert, den er wahrscheinlich seit 1921 kannte, hat an seinen Schöpfungen als Mitautor einen nicht näher bestimmbaren Anteil. Erich Meder hat über 30 Jahre im Haus Lenaugasse 11 in der Josefstadt gewohnt, wo die gemütvollen Texte zu seinen bekannten Filmschlagern und Wienerliedern entstanden sind.
Er starb am 18. September 1966 in Wien. Am 29. September 2017 fand an seinem Wohnhaus die feierliche Enthüllung einer Gedenktafel statt. Ehrengäste waren die berühmte Schauspielerin Waltraud Haas und der legendäre Radio- und Fernsehmacher, Schauspieler, Theaterregisseur und Autor Teddy Podgorski.
Lit.: Wolfgang Stanicek: Erich Meder. Ein Schlagertexter als Chronist der Wiener Seele. Hrsg. von Wolfgang Bacher. Berndorf: Kral-Verlag 2017. – Dieter Schmutzer: Wienerisch g’redt. Geschichte der Wiener Mundartdichtung. Wien: Der Apfel 1993, S. 294f.
Bild: Stanicek, Erich Meder 2017
Weblinks: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Erich_Meder
Stefan P. Teppert