Zacharias Ursinus (Bär, Beer), führender Theologe des 16. Jahrhunderts, wurde in Breslau am 15. Juli 1534 geboren. Sein Vater Kaspar Ursinus, Sohn des in Wiener Neustadt ansässigen Konrad Beer, war nach dem Studium in Wien 1528 nach Breslau gekommen, wo er als Erzieher, dann als Prediger tätig war und die Patriziertochter Anna Roth heiratete. Knapp 16jährig bezog Zacharias Ursinus die Universität Wittenberg zu einem rund siebenjährigen Studium, an dessen Ende die Teilnahme am Wormser Religionsgespräch von 1557 mit seinem Lehrer Melanchthon stand. Nach kurzem Aufenthalt in Genf bei Calvin und in Paris wurde Ursinus 1558 als 4. Lehrer an die Elisabethschule seiner Vaterstadt berufen, wo er – die Abendmahlslehre im reformierten Verständnis vertretend – bald als „Sakramentierer“ verklagt wurde (123 Thesen im Jahre 1559). Er gab seine Stelle daraufhin auf, wandte sich nach Wittenberg (wo Melanchton inzwischen verstorben war) und Zürich, von wo er dem pfälzischen Kurfürsten Friedrich III. empfohlen wurde.
So übernahm er im September 1561 den philosophischen und theologischen Unterricht am Heidelberger Sapienzkolleg; von 1562-1567 hatte er auch den Lehrstuhl für Dogmatik an der Universität inne. Aus zwei lateinischen Katechismusentwürfen von 1562 ging ein Jahr darauf die deutsche Endfassung des Heidelberger Katechismus hervor, der neben Luthers Kleinem Katechismus einen hervorragenden Platz im deutschen, ja im europäischen Protestantismus gewinnen sollte. Auf der Dordrechter Synode von 1619 wurde dieses Compendium zur Grundlage der Unterweisung in allen reformierten Kirchen erklärt; Mitverfasser war der unter Calvin theologisch geschulte Jurist Kaspar Olevian aus Trier.
Innerprotestantische Streitigkeiten, vor allem mit dem benachbarten Württemberg, zeitigten Rechtfertigungsschriften; Kirchenzuchtfragen führten zu wegweisenden Gutachten für den Landesherrn, welcher Ursinus bewog, einen ehrenvollen Ruf des Berner Rates nach Lausanne abzulehnen (1571). Mit der Rückwendung des kurpfälzischen Kirchenregimentes bei Friedrichs Tod (1576) in das lutherisch-orthodoxe Lager verlor Ursinus – seit 1574 verheiratet mit der Heildelbergerin Margareta Trautwein – seine Stellung (Oktober 1577); er folgte einem Ruf des kalvinisch gesinnten Pfalzgrafenbruders Johann Kasimir an dessen Neugründung in der Nebenresidenz Neustadt/Weinstraße, das „Casimirianum“ (1578), dessen Lehrkörper sich aus den in Heidelberg entlassenen Professoren zusammensetzte. In Neustadt veröffentlichte Ursinus 1581 eine Verteidigungsschrift gegen das 1580 zustande gekommene lutherische Konkordienbuch („Christliche Erinnerung vom Condordibuch“), hier starb er am 6. März 1583, ohne die Wiederherstellung des reformierten Bekenntnisses in der rechtsrheinischen Pfalz durch Johann Kasimir als neuen Administrator noch zu erleben. Seine Bestattung fand im Chor der Neustädter Stiftskirche statt, wo seine – modern leicht veränderte – Grabinschrift ihn rühmt als „aufrichtigen Theologen, in Wort und Schrift scharfen Bekämpf er der Häresien von der Person und dem Abendmahl Christi, als scharfsinnigen Philosophen, als klugen Menschen und als strengen Erzieher der Jugend“.
Ursinus war in seiner ganzen Lebens- und Wirkenszeit eng mit Schlesien verbunden. Von dort kamen zahlreiche Studierende nach Heidelberg (so aus Breslau, Hirschberg, Frankenstein), die dann vielfach in pfälzische Kirchendienste traten. Eine ständige Verbindung mit Breslau bestand durch die enge Freundschaft mit dem kaiserlichen Leibarzt Crato von Crafftheim, dem die meisten und persönlisten Briefe von Ursinus galten. Crato vermittelte ihm jeweils die neuesten politischen und kirchlichen Nachrichten aus Schlesien, Böhmen, Polen und Litauen. Sein schlesischer Schüler Johann Jungnitz gab aus Ursinus’ Nachlaß 1585den ersten Band seiner theologischen Schriften heraus, zwei Jahre später eine Aristoteles-Auslegung; sein begabtester Schüler David Pareus aus Frankenstein (1548-1622) nahm sich seit 1581 der Herausgabe seiner Vorlesungen an und gilt mit dem späteren Heidelberger Hofprediger Abraham Scultetus aus Grünberg (Schlesien) (1566-1624) als Hauptvertreter der pfälzischen „Irenik“. In einer an Bekenntniskämpfen wahrlich nicht armen Zeit persönlich um Vermittlung und Ausgleich bemüht, bereits mit 40 Jahren von der Vision bedrängt, daß der Winter seines Lebens heranrückte, voll Verständnis für andere, aber streng gegen sich selbst, hatte er an seinem Heidelberger Studierzimmer die Worte stehen:
Amice, quisquis huc venis
Aut agito paucis, aut abi
Aut me laborantem adjuva!
Mein Freund, wer immer du hier stehst,
O, faß dich kurz, bevor du gehst,
Oder hilf mir bei der Arbeit!