Nach vier Jahren konnte vom Verband der Deutschen in Lettland erstmals wieder das Liederfest der deutschen Minderheit im Baltikum mit Chören aus Lettland, Estland und Litauen ausgerichtet werden, das mit einem „Europäischen Friedenskonzert“ in der Alten St. Gertrudkirche in Riga begangen wurde. Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen unterstützte gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in der FUEN nachhaltig die Wiederbelebung des Chorfestivals und des Europäischen Friedenskonzertes und konnten die hessische Staatsministerin für Bundes und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund, Lucia Puttrich MdL, dafür gewinnen die Schirmherrschaft zu übernehmen. Das Bundesland Hessen verbindet mit den baltischen Staaten eine gelebte Zusammenarbeit und unterstützt seit 1990 als Patenland die Brückenfunktion der Deutsch-Baltischen Gesellschaft zum Baltikum. Aber auch insgesamt setzte das Bundesland wichtige Impulse für eine Unterstützung der deutschen Minderheiten und für eine verstärkte Zusammenarbeit dieser mit den deutschen Heimatvertriebenen.Darüber hinaus setzte sich die Kulturstiftung im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine für eine finanzielle Förderung des Freistaates Sachsen ein, um auch die Teilnahme eines Jugendchors der deutschen Minderheit aus Mukatschewo / Munkatsch (Transkarpatien) in der Ukraine zu ermöglichen.Das Friedenskonzert bildete gleichzeitig den Auftakt eines internationalen Kolloquiums der Kulturstiftung unter dem Titel „Künstler als Brückenbauer – Vordenker hin zu einem vereinten Europa – Grenzüberschreitende Kulturvermittlung als Instrument der Völkerverständigung“, das vom Bundesministerium des Innern und für Heimat gefördert wurde. Ausgangspunkt des Kolloquiums war der 200. Todestag des Görlitzer Johann Christoph Brotze, der in Riga gestorben ist und im ganzen Baltikum hoch verehrt wird. Dr. Aija Taimina, Expertin zum Leben und Werk von Brotze, gab eine Einführung in die Tagungsthematik.Der deutsche Botschafter in Lettland Christian Heldt und der ukrainischer Botschafter in Lettland Anatolii Kutsevol nahmen persönlich am Europäischen Friedenskonzert teil und dankten in ihren Grußworten Kulturstiftung und AGDM für deren nachhaltige grenzüberschreitende Unterstützung im Zeichen der Begegnung, Zusammenarbeit und Völkerverständigung. Bezugnehmend auf den Ukrainekrieg verwies Botschaft Held u.a. auf die Bedeutung, dass wir Alle, die wir Europa als einen gemeinsamen Kulturraum verstehen – als Einheit in Vielfalt – die Ukraine so gut wir können unterstützen. Denn so wie Tallin, Riga Vilnius, Berlin, Dresden und Görlitz sind auch Kyiv, Odesa und Lwiw (Lemberg) Teil unserer gemeinsamen geistigen europäischen Landkarte, so Botschafter Held.Botschafter Kutsevol brachte seine Freude zum Ausdruck, dass auch ein ukrainischer Chor der deutschen Minderheit aus Mukatschewo am Friedenskonzert teilnimmt. Kultur trage nachhaltig zur Völkerverständigung bei. Gleichzeitig verwies er u.a. darauf, dass in Transkarpatien, so wie in den anderen Landesteilen der Ukraine zahlreiche weitere nationale Minderheiten heimisch sind und man deren kulturelle Identität schätze und schütze. Diese Werte, nämlich der Respekt und der Schutz der kulturellen Identität und Vielfalt verbinden die Ukraine mit Europa und man verteidige auch dies gegenüber dem russischen Aggressor.Der hessischen Staatssekretär Becker begrüßte per Videogrußwort im Namen der hessischen Landesregierung, des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein und der hessischen Europaministerin Lucia Puttrich die Teilnehmer am Friedenskonzert. Staatssekretär Uwe Becker erklärte, dass das gemeinsame Singen Menschen in ganz besonderer Weise verbindet und Brücken auch über Sprachbarrieren hinweg baut. Bezug nehmend auf die „Singende Revolution“ im Baltikum im Jahr 1989 verwies er darauf, dass auch für die deutsche Minderheit im Baltikum Musik Ausdruck von Tradition und eines Miteinanders sind, weshalb das Liederfest etwas ganz besonderes sei.Der sächsischen Landesbeauftragten für Vertriebene und Spätaussiedler Dr. Baumann übermittelte die Grüße aus dem Freistaat Sachsen. Er freue sich, dass es der Kulturstiftung und den vielen Engagierten gelungen ist, dass das Konzert und die damit verbundene Tagung stattfinden können. „Kunst und Kultur pflegen und ‚machen‘ ist gemeinsames Leben, Austausch, Reichtum im Denken und Handeln“, so Dr. Baumann. Als Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen habe er es gerne unterstützt, dass in Riga auch ein Chor der deutschen Minderheit aus der Ukraine, wie schon im letzten Jahr in Breslau, auftreten kann, womit ein Miteinander und Unterstützung gelebt wird. Minderheiten besitzen eine nicht zu unterschätzende Mittlerrolle und sie sind ein Mehrwert für die Region, denn sie gestalten diese mit ihrem besonderen Erfahrungsschatz in allen Belangen mit, so Dr. Baumann.Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft deutschen Minderheiten (AGDM) in der FUEN, Bernard Gaida, erklärte, dass die deutschen Minderheiten „eine Familie“ seien. Minderheiten leben immer mindestens in zwei Welten, die die Mehrheitsgesellschaft bereichern. Als AGDM sei man immer Brückenbauer und Heimatvertriebene und Heimatverbliebene seien zwei Seiten der gleichen Medaille, die die Geschichte getrennt hat. Man sei eine Familie, die getrennt war und so wie heute komme man wieder als eine Familie zusammen – gemeinsam zu einer grenzüberschreitend verbindenden wichtigen wissenschaftlichen Konferenz und anderseits, in die Konferenz eingebettet, stehe dieses Konzert als gelebtes Symbol der positiv besetzten völkersverständigenden Kraft von Kultur und Kulturaustausch, denn „Wo man singt, da lass Dich nieder, denn böse Menschen kennen keine Lieder“, so Bernard Gaida.Ilze Garda, Vorsitzende des Verbandes der Deutschen in Lettland, dankte für die Unterstützung zur Wiederbelebung des Liederfestes der deutschen Minderheit, in dessen Rahmen das Europäische Friedenskonzert stattfand und moderierte durch das Gesangsprogramm der Chöre aus Estland, Lettland, Litauen und der Ukraine.Vorstandsvorsitzender Dr. Gierlich / Geschäftsführer Konhäuser: Für uns als Kulturstiftung war es gemeinsam mit der AGDM ein Herzensanliegen als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine dieses Europäische Friedenskonzert auszurichten und gleichzeitig dem Liederfest der deutschen Minderheit im Baltikum neues Leben einzuhauchen. Es freut uns sehr, dass 2023 ein Anfang gemacht wurde und wir würden uns sehr freuen, wenn in den kommenden Jahren es eine finanzielle Förderung zulässt, dass erneut alle deutschen Chöre aus dem Baltikum hieran teilnehmen können. Denn Künstler bauen heute wie damals Brücken und gerade vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sind Brückenbauer, wie beispielsweise die Chöre der deutschen Minderheit, wichtiger denn je. Sie sind auch Ausdruck der verbindenden Kraft der Kultur in einem auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit basierenden Europa. Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, die nunmehr nahezu 50 Jahren besteht, begreift ihrerseits das deutsche kulturelle Erbe im Geiste Völkerverständigung, des grenzüberschreitenden Austausches und im Geiste des europäischen Integrationsgedankens als Teil einer gesamteuropäischen Geschichte und wird sich auch weiterhin für den grenzüberschreitenden Austausch zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen und zwischen den Völkern Europas einsetzen.
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