Mit dem Mut Mariens
Zur traditionellen Wallfahrt „Kirche – Heimat“ auf den Dreifaltigkeitsberg bei Spaichingen, ausgerichtet vom St. Gerhardswerk e. V. in der Diözese Rottenburg, trafen sich am 23. Juni 2024 wieder donauschwäbische Heimatvertriebene und Aussiedler.
Zu Beginn des Wallfahrtsgottesdienstes um 11.00 Uhr begrüßte Pater Superior Alfons Schmid CMF die Pilger und hieß sie herzlich auf dem Dreifaltigkeitsberg willkommen, der bereits seit 1415 ein Wallfahrtsort ist. Bei aller Sorge um die gegenwärtigen Spannungen in der Welt freue er sich, die Donauschwaben und den Banater Chor wieder zu Gast zu haben.
Pfr. Paul Kollar aus Ludwigshafen, Geistlicher Beirat im St. Gerhardswerk, zelebrierte die Eucharistiefeier zusammen mit dem Obertürkheimer Vikar Ulrich Letzgus. Er bedankte sich zunächst für die altbewährte Gastfreundschaft der Claretiner und begrüßte die zahlreichen Wallfahrer, auch im Namen des St. Gerhardswerks. In seiner Predigt beschäftigte Kollar sich mit dem Motto dieser Wallfahrt „Mit dem Mut Mariens …“ Christen dürften darauf vertrauen, dass Gott sie in ihren schwächsten Momenten befähigt, sich nicht zu fürchten, und ihnen neue Zuversicht, ja Mut für die jeweilige Situation schenkt. Mut stehe am Anfang des Handelns, Glück an seinem Ende. Kollar lud dazu ein, sich umwälzende Momente im eigenen Lebenslauf, aber auch solche in unserer donauschwäbischen Volksgruppe in Erinnerung zu rufen, etwa die aufopferungsvolle Kolonisierung verwüsteter Gebiete, der Aufbau einer eigenen kulturellen Identität oder der erfolgreiche Neuanfang nach dem Verlust der alten Heimat. Die Mutigen, Beherzten, Entschlossenen verändern die Welt. Es bedürfe der Furchtlosigkeit, des Wagnisses und der Risikobereitschaft, um eine Herausforderung zu meistern. Aus Marias Lebensgeschichte können wir Beispielhaftes lernen, was Mut betrifft. „Mutig bin ich, weil ich schwach bin, mutig bin ich aber auch, wenn ich mich mit meinen Bitten Maria anvertraue“, schloss Kollar das Thema.
Für die musikalische Gestaltung des Wallfahrtsgottesdienstes sang wie in den Vorjahren der Darowaer Kirchenchor unter Leitung von Erich Meixner die Messtexte und Marienlieder. Franz Metz begleitete auf der Orgel.
Dr. Rainer Bendel dankte am Ende der Feier den Wallfahrern, dass sie sich aufgemacht hatten, dem Chor und Pfr. Kollar für die Gestaltung des Gottesdienstes und lud alle ein, in der Gaststätte auf dem Dreifaltigkeitsberg dem Vortrag beizuwohnen.
Auch am Nachmittag in der Gaststätte gab der Chor Proben seines Könnens. Nach dem Mittagessen informierte der 1955 in Darowa geborene Organist, Musikwissenschaftler und Dirigent Prof. Dr. Franz Metz über die Banater Musikstadt Lugosch, die noch bis ins 19. Jahrhundert, geteilt durch den Fluss Temesch, aus einem deutschen und einem rumänischen Stadtteil bestand. Auch wenn sie sich später vereinten, blieben doch die spezifischen ethnischen Mentalitäten und Kulturtraditionen weiterhin erhalten. Eine hervorragende Rolle spielte dabei die Musik. Dass Lugosch als Komitatshauptstadt zur Musikstadt wurde, sei besonders dem Kantorlehrer, Kirchenmusiker, Dirigenten und Komponisten Conrad Paul Wusching (1827-1900) zu verdanken. Er leitete die Kirchenmusik an der Minoritenkirche und gründete zusammen mit einigen Freunden 1852 den Lugoscher Gesangverein. In seinem Gefolge führten viele weitere Musiker die Musiktraditionen fort: etwa Stefan Valker, Josef Emanuel Ranftl, Wilhelm und Emmerich Schwach, Josef Willer, Andor Arató, Geza Neidenbach und Martin Metz. Der Orden der Minoriten bot der Lugoscher Kirchenmusik einen geeigneten Rahmen und Entfaltungsmöglichkeiten. Erst nach 1990 konnte Franz Metz viele Dokumente des vergessenen und teilweise aus ideologischen Gründen verschwiegenen deutschen Bereichs des faszinierenden Lugoscher Musiklebens wieder entdecken und erforschen. Um es ans Licht der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu ziehen, widmete Metz ihm eine 334 Seiten starke Abhandlung: „Wo man singt, da lass dich nieder. Wusching und die Anfänge der Lugoscher Musikgeschichte“. Das Buch erschien in der Edition Musik Südost 2023 in München.
Stefan P. Teppert