Ausstellungseröffnung „Backsteinarchitektur an der Ostseeküste. Neue Perspektiven der Forschung“ in Elbing / Elbląg

Im Archäologischen und Historischen Museum in Elbing / Elbląg fand am 5. März die Eröffnung der Wanderausstellung „Backsteinarchitektur an der Ostseeküste – Neue Forschungsperspektiven / Architektura ceglana na pobrżezu Bałtyku – Nowe perspektywy badań“ statt. Die 39 Tafeln, die bis Ende Sommers gezeigt werden, präsentieren den aktuellen Forschungsstand von Architekturhistorikern, Historikern und Archäologen zur mittelalterlichen Backsteinarchitektur, deren geografischer Reichweite (von Dänemark bis Lettland), Gebäudetypen von Kirchen über Burgen und Bürgerhäuser bis hin zu technologischen Fragen. Die Ausstellung bietet somit einen bedeutenden Einblick in die aktuelle internationale wissenschaftliche Forschung zur Backsteinarchitektur.

Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtete man im Ostseeraum, in dem es außer dem groben Feldstein kaum geeigneten Naturstein gab, monumentale Bauten aus rot bis gelb gebrannten Kunststein, perfektionierte man diese Technik bei der Errichtung künstlerisch ambitionierter Kathedralen, Kloster-, Stifts- und Pfarrkirchen, aber auch repräsentativer Burgen, Rathäuser und Bürgerhäuser. Bedeutende Beispiele finden sich an der unteren Weichsel, so in Westpreußen mit der mächtigen Marienburg und in Danzig mit der nicht weniger beeindruckenden Marienkirche. Ihre rasche Verbreitung und Dominanz in den nord- und ostdeutschen Küstenstädten verdankt die Backsteinarchitektur vor allem den engen Beziehungen im Verbund der Hanse. Man schuf damit eine Tradition, die bis ins 19. und 20. Jahrhundert fortdauerte und immer noch nachwirkt.

Die Ausstellung wurde von der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen aus Bonn unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Christofer Herrmann (Universität Danzig, Institut für Kunstgeschichte), Prof. Matthias Müller (Universität Mainz, Institut für Kunstgeschichte) und Dr. Ernst Gierlich, Geschäftsführer der Kulturstiftung, unter internationaler Beteiligung von 26 Kunsthistorikern und Bauforschern aus Deutschland, Polen, Dänemark und Lettland. Neben Dr. Gierlich nahm seitens der Kulturstiftung auch Thomas Konhäuser an der Ausstellungseröffnung teil.

Der Direktor des Archäologischen und Historischen Museums, Lech Trawicki, dankte in seinem Grußwort der Kulturstiftung für die enge Zusammenarbeit. Es freue ihn sehr, dass diese wertvolle Ausstellung jetzt auch in Elbing / Elbląg, gezeigt werden könne. In den Jahren 1251 bis 1309 war das Elbinger Ordensschloss der stellvertretende Hauptsitz des Ordensstaates und Sitz der Landmeister von Preußen, danach Sitz des Großspittlers. 1453 nahmen die Bürger Elbings an der Belagerung des Ordensschlosses durch die Polen teil und zerstörten 1454 das Schloss, dessen Ruinen 1554 weitgehend beseitigt wurden.

Dr. Gierlich begrüßte seitens der Kulturstiftung die zahlreichen Teilnehmer an der Ausstellung herzlich und dankte dem Direktor des Museums, Lech Trawicki, dass die Wanderausstellung jetzt auch in Elbing / Elbląg für eine breite Öffentlichkeit präsentiert werden kann, was der Kulturstiftung ein großes Anliegen war. Gerade die nationenübergreifende Identifizierung sei seit Jahrzehnten für die Kulturstiftung Motivation, sich insbesondere der Erforschung des Backsteinbaus zu widmen, öffne sich hier doch die Möglichkeit zu ebenso enger wie unkomplizierter fachlicher Kooperation zwischen Wissenschaftlern aus Deutschland und aus den östlichen Nachbarländern.

„Der Backstein wurde seit dem 12. Jahrhundert nicht zuletzt zum Charakteristikum der Architektur einer weitgespannten Region, die von Flandern im Westen bis ins Baltikum im Nordosten reicht. In besonderer Weise sind dabei die Landschaften der südlichen Ostsee von der Backsteinarchitektur geprägt. Nirgendwo sonst erscheint der Backstein so allgegenwärtig wie hier. Er wurde zu einem wesentlichen Bestandteil der Identität der Bewohner der Region, gleich welcher Nationalität“, so Dr. Gierlich. Ganz besonderer Dank gelte Herrn Dr. Kazimierz Pospieszny, der eine wichtige Ergänzung der Ausstellung durch die Präsentation neuester Forschungsergebnisse zur Konventsburg des Deutschen Ordens in Elbing vorgenommen habe.

Thomas Konhäuser von der Kulturstiftung ergänzte, dass die Ausstellung, die bislang in sieben polnischen Städten gezeigt wurde und unter der Beteiligung von zahlreichen  Kunsthistorikern, Bauforschern und Historikern aus Deutschland und dem gesamten Ostseeraum konzipiert wurde insbesondere auch Ausdruck der grenzüberschreitenden völkerverbindenden Kraft der Wissenschaft sei. Die Erforschung des kulturellen Erbes sei eine gemeinsame Aufgabe. Ausdruck hierfür sei auch die vorbildliche Zusammenarbeit des Archäologischen und Historischen Museum in Elbing / Elbląg mit der vor Ort lebenden deutschen Minderheit, so Konhäuser.

Nach der Eröffnung der Ausstellung referierte der Kunsthistoriker und Experte zur Schlossarchitektur in der Region, Dr. Kazimierz Pospieszny, einer der Mitautoren der Ausstellung, zum Thema „Die Burg des Landmeisters von Preußen in Elbing aus dem 13. Jahrhundert“. Dabei ging er auch auf Forschungsergebnisse ein, die vermuten lassen, dass das ehemalige Hochmeisterschloss größere Ausmaße gehabt haben könnte als die der Marienburg.

Ausstellungstafeln im historischen Kellergewölbe der Vorburg der ehemaligen Konventsburg in Elbing
v.l.n.r. Dr. Ernst Gierlich, Direktor Lech Trawicki, Dr. Joanna Szkolnicka, Kustos Wiesława Rynkiewicz-Domino, Thomas Konhäuser, Dr. Kazimierz Pospieszny
Vortrag von Dr. Kazimierz Pospieszny zur Elbinger Konventsburg

 

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Muzeum Archeologiczno-Historyczne w Elblągu