Biographie

Chrotek, Maria Annuntiata (Ada)

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Ordensfrau
* 8. August 1890 in Großpriesen/Nordböhmen
† 14. August 1939 in Großpriesen/Nordböhmen

Komtesse Ada Chotek, die spätere Mutter Maria Annuntiata Chotek und Gründerin der Kongregation der Schwestern von der Heiligsten Eucharistie der Diözese Leitmeritz, wurde auf dem herrschaftlichen Sitz ihrer Familie geboren. Ada war eine Verwandte der 1914 in Sarajevo ermordeten Sophie Chotek, der Frau des österreichischen Thronfolgers.

Der Urgroßvater Adas, Graf Carl Chotek von Chotkowa und Wognin, hatte 1840 das Gut in Großpriesen erworben und in der Folgezeit noch Anbauten vorgenommen. Als jüngste von drei Kindern wuchs die kleine Komtesse dort unbeschwert auf. Nach ihrer Schulzeit bei den Sacre-Coeur-Schwestern in Riedenburg schien Ada ein weiterhin sorgloses Leben entgegenzustehen, zeitgleich hatte sie in ihrer Jugend den Entschluss gefasst: „Ich will heilig werden! Immer mehr nach Vollkommenheit zu streben, an mir zu arbeiten, besser und reiner zu werden!“

Dunkle Wolken zogen jedoch in der Chotek’schen Familie auf, als Nini, Adas ältere Schwester nach einer Blinddarmoperation plötzlich starb. Die Ironie des Schicksals wollte es wohl so, dass der Vater der Komtessen Nini den Eintritt bei den Sacre-Coeur-Schwestern kurz zuvor verboten hatte. Stattdessen sollte sie zusammen mit Ada bei der Verwaltung der Güter helfen. Dieser schicksalshafte Tod der Schwester, mit dem der Vater nur schwer fertig wurde, ebnete für Ada dagegen den Weg in ein frommes Leben, das ganz der Liebe zum Heiland und zum Nächsten gelten sollte. Ada genügte es aber nicht, „nur“ in eine klösterliche Gemeinschaft einzutreten. Sie wollte Gründerin eines eigenen Werkes sein. Auch die Zusammenarbeit mit einem ihrer engsten Vertrauten, dem pensionierten Priester und Erzdechant Anton Kubath, weckte in ihr die Motivation zur pastoralen Arbeit. In der Folge gründete Ada die marianische Kinder- und Jungfrauenkongregation und führte die Ministranten sowie den Tarcisius-Bund.

Innerlich bereits auf einen Klosterberuf fixiert, holte Ada bei verschiedenen Vertrauten Ratschläge und Empfehlungen bezüglich ihrer Bestimmung ein, so auch bei Pater Franz Lang, dem Rektor des Redemptoristenklosters Filippsdorf, und beim Bischof der Diözese Leitmeritz, Dr. Josef Groß. Daneben nahm sie an Exerzitien teil, wie auch im Dezember 1921 mit Gräfin Kinsky-Hartig, die Ada in der Folgezeit oft als ihre „Seelenmutter“ bezeichnete. 1922 legte die 32-jährige Komtesse ihr Gelübde der Jungfräulichkeit ab. Es war eine Zeit, in der sie nach Zeichen, ja nach Sternen wie bei der Berufung der heiligen Dreikönige, suchte. Sterne, die ihr den Weg weisen würden, den sie gehen musste, um ganz dem Herrn zu dienen. Ihr innigster Wunsch war es, in einem Klosterleben dieser Berufung nachzugehen, doch Pater Lang sah schon früh in ihr viel mehr: Ada sollte selbst ein apostolisches Werk für Böhmen gründen.

Nach einer Absage zum Eintritt in das Kloster in Steyl erhielt Ada den Hinweis auf das Anbetungskloster in Hall bei Innsbruck, das den „Töchtern des Herzens Jesu“ gehörte. Hier bat Ada erneut um Aufnahme und erhielt mit der Zusage auch die Aufforderung, die endgültige Entscheidung mit der Familie vorzubereiten und anschließend bekannt zu geben. Als ob sich das Schicksal zugunsten Adas fügen würde, erhielt sie von Vater und Mutter letzten Endes die Erlaubnis für den Klosterberuf, nicht zuletzt auch deshalb, da der Vater den Tod von Nini immer noch nicht überwunden hatte. Da der Weggang aber für die Eltern Adas eine lebensbedrohende Katastrophe bedeutet hätte, sollte Ada in der Heimat bleiben und stattdessen selbst ein Kloster gründen. Die zwei Bedingungen von Bischof Dr. Josef Groß waren erfüllt, denn die Zustimmung der Eltern war vorhanden, ebenso hatte Adas Vater ihr ein Haus sowie einen vorgezogenen Teil des Erbes zugesichert.

In ihrem weiteren Leben sollte Pater Karl Maria Andlau S.J. ein wichtiger Berater für Ada werden. Im Buch Antwort der Liebe sieht Rudolf Grulich in Andlau sogar „fast einen Mitbegründer der Kongregation, da er mit aufopfernder Liebe das Werk förderte, der Gründerin mit dem reichen Schatz seiner Erfahrungen zur Seite stand und manche Schwierigkeiten überwinden half.“

Grundlegend für das gegründete Eucharistische Sühnewerk war wohl die Caritas, der Dienst am Nächsten, den Ada Chotek besonders gut verstand und der ihr sehr wichtig war. Darunter fielen die Betreuung von Kranken- und Armenhäusern sowie von körperlich behinderten Kindern, aber auch Erholungs- und Ferienheime für Kinder und Mütter, später auch als Cho­tek’sche Fürsorgestätten bekannt. „Durch das Beispiel aufopfernder Liebestätigkeit, vereint mit anhaltendem Sühnegebet, hoffte sie, dass die Vereinigung des Eucharistischen Sühnewerkes mit Gottes Hilfe einen guten und versöhnenden Einfluss auf die der Religion meist entfremdeten und feindlich gesinnten Herzen der Arbeiterbevölkerung ausüben würde. So sollte das Volk allmählich Gott und der Religion wieder nähergebracht werden.“

Der nächste Schritt geistlicher Gemeinschaft war die Anfertigung der ersten Ordenskleider, die blaugrau sein sollten nach dem Wunsch der Gründerin. Unterdessen waren auch die Arbeiten am Mutterhaus abgeschlossen im Teil des Chotek’schen Schlosses, den Ada von ihrem Vater zugesprochen bekommen hatte. Am Christkönigsfest 1933 konnte es eingeweiht werden. Mit dem Bezug des Mutterhauses in Großpriesen zeichnete sich die Familie Chotek einmal mehr als eine Patronatsherrschaft im echten Sinn des Wortes über die Leute des Ortes aus.

War die kleine Schwesterngemeinschaft schon bald sichtbar gewachsen und hatte ihren Weg gefunden, trachtete Bischof Dr. Anton Weber, der Nachfolger des verstorbenen Bischof Groß, danach, die kirchliche Bestätigung des Werkes durch den Heiligen Stuhl einzuholen. Dazu einigte man sich zunächst auf einen Namen: „Kongregation der Schwestern von der Heiligsten Eucharistie“ und entwarf ausführliche Konstitutionen. Am 30. Juni 1937 erfolgte die Anerkennung durch Rom und der 21. November 1937 wurde für die feierliche Errichtung gewählt. Dabei wurde auch die Leitung der Kongregation offiziell bestimmt, Generaloberin wurde Ada Chotek, die nun den Namen Mutter Maria Annuntiata trug. Noch vor der offiziellen Anerkennung der Kongregation hatte sich die Gemeinschaft schon ausgebreitet. Es entstanden außerdem in der Folgezeit Filialen im nordböhmischen Bodenbach an der Elbe, in Schwaden („Marienburg“) und zwei Niederlassungen in Böhmisch-Leipa und Niemes sowie in Dolna Krupa in der Slowakei, die später noch nach Bucany bzw. Tyrnau verlegt wurde.

Mit dem Münchner Abkommen gelangte Großpriesen und die meisten Filialen zum Deutschen Reich, was größtenteils freudig begrüßt wurde. Später sollten auf die Euphorie Verfolgungen durch die Nationalsozialisten folgen. Auch die Cho­tek’schen Fürsorgestätten wurden in diesem Zuge aufgelöst, das Haus der Schwestern in Schwaden wurde beschlagnahmt. Körperlich ohnehin geschwächt durch ein Unterleibskrebsleiden taten die „Aktionen“ der Nationalsozialisten ihr übriges dazu, dass sich der Gesundheitszustand von Mutter Maria Annuntiata zusehends verschlechterte, obgleich sie mit einer enormen Energie gegen die Krankheit ankämpfte und sogar noch im Rollstuhl an Wallfahrten teilnahm. Am 14. August 1939 verstarb Mutter Maria Annuntiata Chotek im Kreise ihrer Mitschwestern und wurde am 17. August unter großer Anteilnahme in der Chotek’schen Familiengruft in Waltirsche beigesetzt.

1946 wurden die Schwestern nach Salzburg ausgesiedelt und konnten nach langem Suchen und Umbauen das neue Mutterhaus in Salzburg-Hernau beziehen. Im Jahre 1987 erfolgte die Überführung Mutter Annuntiatas auf den Friedhof von Leitmeritz. „Ein Sonnenstrahl für alle sein“, das war Mutter Annuntiatas sehnlichster Wunsch, dem sie mit Hingabe nacheiferte – und es gelang ihr auch:

Dass nämlich diese Gemeinschaft in Österreich noch heute besteht, alle Hindernisse überstanden hat und sich nach der Vertreibung unermüdlich um eine neue Wirkungsstätte bemüht hat, spricht ganz für den Geist ihrer Gründerin – und für ihr selbsterklärtes Prinzip- und Losungswort, das sie zeitlebens immer antrieb und nach dem sie lebte: „Heute – nicht morgen soll angefangen werden!“

Lit.: Rudolf Grulich, Antwort der Liebe. Leben und Werk von Mutter Maria Annuntiata Chotek (Für Kirche und Volksgruppe 9), Königstein 1997.

Bild: Eucharistie-Schwestern, Salzburg.

Julia Nagel, 2017