Biographie

Abeles, Otto

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Zionist, Journalist, Schriftsteller
* 1. Mai 1879 in Rohatetz/ Südmähren
† 25. Mai 1945 in Tröbnitz

Otto Abeles war Sohn von Siegmund Abeles und Rosa, geborene Schrager, und besuchte das Gymnasium in Brünn und in Wien. Dort war er antisemitischen Bemerkungen und Demütigungen ausgesetzt, die ihn sehr deprimierten. Durch die Lektüre der Programmschrift Der Judenstaat (1896) von Theodor Herzl während seiner Gymnasialzeit wurde Otto Abeles bewusst, dass die weltanschauliche und politische Bewegung des Zionismus für ihn eine innere Befreiung bedeutete und ihn und andere zu kämpferischem Selbstverständnis und Widerstand gegen den Antisemitismus ermutigte, mit der Konsequenz, sich für ein Land Israel einzusetzen. Das war für ihn die Motivation, zusammen mit Robert Stricker und Berthold Feiwell die erste zionistische Schüler- und Studentenverbindung „Veritas“ zu gründen.

Nach seiner Gymnasialzeit begann er in Wien an der Universität das Studium der Rechtswissenschaften und promovierte 1905 zum Dr. jur.

Auch während der Studienzeit behielt er Kontakt zu der zionistischen Bewegung in Brünn. Nach der Promotion trat Abeles in den Staatsdienst und war bis 1928 als Jurist bei der österreichischen Eisenbahn in Wien tätig.

1905 heiratete Otto Abeles Mina, geborene Dembitzer. Ihr Sohn Benjamin wurde 1909 in Wien geboren. Er studierte in Wien Medizin, promovierte 1936 zum Dr. med. und emigrierte nach Palästina und wurde 1940 dort eingebürgert.

Neben seinem Beruf entfaltete Otto Abeles eine rege publizistische Tätigkeit als Redakteur und Mitarbeiter verschiedener jüdischer Organe. So publizierte er unter anderm in den Zeitschriften „Jüdische Volksstimme“, „Die Welt“, „Neue Welt“, „Neue jüdische Monatshefte“, „Menorah“, „Jüdische Rundschau“, „Selbstwehr“ sowie in der Tageszeitung „Neues Wiener Journal“. Im Auftrag des zionistischen Studentenvereins in Wien gab er die nachgelassenen Gedichte von Hugo Zuckermann (1881-1915) heraus, der in weiten Kreisen durch sein Reiterlied bekannt geworden war. Hugo Zuckermann war ein böhmischer jüdischer Dichter, geboren in Eger, der auch jiddische Übersetzungen machte und bereits 1914 während des Ersten Weltkrieges tödlich verwundet wurde. Im Gegensatz zum Reiterlied, das sehr patriotisch und kriegsbejahend war, legte Abeles bei der Auswahl seiner Gedichte Wert auf die jüdische Thematik in Zuckermanns Gedichten. Während des Ersten Weltkriegs gab er zusammen mit Ludwig Bato, der aus der Slowakei stammte, den Jüdischen Nationalkalender heraus, der von 1915 bis 1920 jährlich erschien und eine Sammlung von politischen Ereignissen, Kommentaren, auch zur Entwicklung der zionistischen Politik und zum Stand der Besiedlung Palästinas enthielt, ebenso Beiträge von jüdischen Schriftstellern und Gedenktage. Durch seine Tätigkeit bei der Bahn hatte Abeles sehr viel Kontakt zu jüdischen Flüchtlingen, die massenhaft aus dem Osten in Wien ankamen. Er beobachtete, half und gewann so einen Einblick in ihre Schicksale und Lebensumstände. Alle diese Erfahrungen verarbeitete er in dem Buch Jüdische Flüchtlinge (1918). Er beschreibt dort die Vielfalt der ostjüdischen Lebenswelten, er skizziert Charaktere, wie sich in diesen jüdischen Menschen, ob arm oder reich, unter diesen widrigsten Umständen Geistigkeit, Frömmigkeit, ja Weis­heit zeigen.

1920 erscheint von ihm der Lyrikband Die Genesung, in dem er jüdische Mentalität und Charakter beschreibt.

1925 bekam er die Chance, eine für ihn sehr wichtige Palästinareise zu unternehmen. Seine Erfahrungen fasste er in dem Buch Besuch in Erez Israel zusammen, das 1926 erschien. Mit Erich Stricker gründete er die „Wiener Morgenzeitung“, die erste zionistische Tageszeitung, und arbeitete dort vor allem als Theaterkritiker.

Als er 1928 seinen Dienst bei der österreichischen Bahn beendete, fungierte er als Delegierter des „Keren Hayesod“. Diese Organisation wurde beim Zionistischen Weltkongress in London gegründet, um Spenden zu sammeln, damit Menschen nach Israel auswandern und die dortige Integration leichter bewältigen konnten. Sie unterstützte und tut es immer noch, mit Reisekostenzuschüssen, kostenlosen Sprachkursen, Hilfe bei der Wohnungssuche und vielem mehr.

Der erste Vorsitzender war Berthold Feiwel von 1920-1926 in London. Otto Abeles bereiste als Delegierter viele Länder wie die Ukraine, Ungarn und die Tschechoslowakei. 1933 übernahm er die Leitung der Außenstelle in den Niederlanden.

1931 erschien sein Buch Zehn Jüdinnen, darin er Geschichten aus dem Leben von bemerkenswerten jüdischen Frauen schildert, wie z.B. Glückel von Hameln.

1934 übersiedelte er mit der Familie nach Holland, wo er sich in der jüdischen Gemeinde von Amsterdam stark engagierte. Schon 1933 war ihm die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt worden und somit waren er und seine Familie staatenlos. Von der Universität Wien wurden ihm auch die akademischen Titel aberkannt. Erst 2003 wurde er posthum wieder rehabilitiert. 1939 machte er noch eine mehrwöchige Palästinareise, von der er jedoch wieder in die Niederlande zurückkehrte. Nach dem Einmarsch Hitlers in den Niederlanden im Mai 1940 verstärkte Abeles seine Hilfstätigkeit für verfolgte Juden, bis er selbst im Konzentrationslager Westerbork interniert wurde und von da aus am 19. Mai 1944 in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert wurde. Er überstand die Strapazen und Qualen dieser Lagerhaft, aber kurz nach der Befreiung starb er am 25. Mai 1945 während des Heimtransports der befreiten Häftlinge in der Nähe von Frankfurt an der Oder in Tröbnitz an Flecktyphus.

Werke (Auswahl): Die Genesung, Gedichtband Wien 1920. – Jüdische Flüchtlinge, Wien 1918. – Besuch in Erez Israel, Wien 1926. – Zehn Jüdinnen, Wien 1931. – Begegnung mit Juden, Wien 1936.

Bild: Titelblatt Besuch in Erez Israel.

Hildegard Schiebe