Über Kindheit und Schulzeit Agricolas ist wenig bekannt. Der Sohn eines wohlhabenden Tuchmachers und Färbers besuchte wahrscheinlich in Zwickau die Lateinschule und nahm mit 20 Jahren in Leipzig das Studium der Alten Sprachen, der Philosophie und Theologie auf.
Nach Abschluß seines Studiums wirkte er von 1518 bis 1522 in Zwickau als Griechischlehrer. 1520 veröffentlichte Agricola sein Erstlingswerk, eine lateinische Grammatik.
1522 nahm er in Leipzig ein Zweitstudium auf (Medizin, Chemie, Physik), das er von 1523 bis 1526 in Italien – wahrscheinlich in Padua oder Bologna – fortführte. Während eines zweijährigen Aufenthalts in Venedig arbeitete er mit dem bekannten Drucker Manutius an wissenschaftlichen Werkausgaben des antiken Arztes Galen. In Italien erwarb Agricola auch seinen medizinischen Doktorgrad.
Von 1527 bis 1533 finden wir ihn zunächst als Stadtphysikus in Joachimsthal, einem Zentrum des böhmischen Silbererzbergbaus. Dort betrieb er auch eine Apotheke und bildete sich unter Anleitung des Hüttenschreibers Lorenz Bermann zum Geologen sowie Berg- und Hüttenkundigen aus. Sein Interesse für die Naturwissenschaften nahm in den Folgejahren immer mehr zu. Fortan beschäftigte er sich mehr mit Mineralogie, Geologie und Bergbaukunde als mit der Heilkunde. 1530 gab er sein Amt als Joachimsthaler Stadtarzt auf. Sein Buch ‚Bermannus sive de re metallica dialogus‘ (Basel 1530) machte ihn als bergbaulichen und mineralogischen Gelehrten berühmt. In den letzten Jahren seiner Joachimsthaler Zeit scheint er eine Reihe von Studienreisen in bekannte deutsche Bergbaugebiete (Harz, Thüringen, Schlesien, Mähren) absolviert zu haben.
Die Zeit von 1533 bis 1555 verbrachte Agricola dann in Chemnitz, wo er zum sächsischen Hofgeschichtsschreiber und Stadtphysikus, 1546 auch zum Mitglied des Stadtrates und später zum Bürgermeister berufen wurde. Sein Verbleiben in der katholischen Kirche brachte ihn in scharfen Gegensatz zur Chemnitzer Bürgerschaft.
1546 kam Agricolas Buch über die Entstehung und Gesetzmäßigkeit der Dinge unter der Erde (,De ortu et causis subterraneorum libri tres‘) in Basel heraus, 1556 dann sein bekanntestes und reichillustriertes Werk ,De re metallica‘ (Basel), in dem er sich insbesondere mit dem sächsischen Silbererzbergbau beschäftigt.
Agricolas medizinisches Hauptinteressengebiet galt zunächst der Anatomie, die damals durch das anatomische Werk des Andreas Vesalius ,De humani corporis fabrica‘ (1543) gerade einen Aufschwung erlebte. Doch auch mit der Pest, die während seiner Zeit als Chemnitzer Stadtarzt wütete, hatte sich Agricola auseinanderzusetzen. 1554 verfaßte er über die Seuche die Schrift ‚De peste libri tres‘ (Basel).
Agricola gehört zu den Naturwissenschaftlern und Ärzten des ausgehenden Mittelalters, die großen Wert auf die unmittelbare Beobachtung legten und das spekulativ-philosophische Element in der wissenschaftlichen Methodik zurückdrängten. Er war der Begründer der neueren Bergwissenschaften, der Berg- und Hüttentechnik in Deutschland, er war bahnbrechend auf den Gebieten der Geologie und Mineralogie und wirkte verdienstvoll auch auf dem Gebiet der Heilkunde.
Agricola war zweimal verheiratet und hatte mindestens fünf Kinder, zwei Söhne aus erster, drei Töchter aus zweiter Ehe.
Lit.: ADB. – NDB. – Agricola-Bibliographie 1964–1999 (elektronische Ressource). Zum 450. Todestag Georgius Agricolas, hrsg. durch die Stadtbibliothek Chemnitz und Martina Jähn, Chemnitz 2005 (Umfang:1 CD-ROM, enthält auch: Rudolf Michaelis und Hans Prescher, Agricola-Bibliographie, Teil I: 1520–1963). – Georgius Agricola und der Geist seiner Zeit. Zum 450. Todestag des großen Gelehrten, hrsg. vom Chemnitzer Geschichtsverein in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Chemnitz, Chemnitz 2005 (= Mitteilungen des Chemnitzer Geschichtsvereins 75 [N.F. 14]). – Werner Gerabek (Hrsg.), Enzyklopädie Medizingeschichte, Berlin 2005, S. 18f. (Manfred Vasold). – H. Hartmann, Georg Agricola, Stuttgart 1953. – Helmut Hilz, Georgius Agricola: Arzt und Montanist. 450 Jahre ‚De re metallica‘, in: Kultur und Technik 30 (2006), 2, S. 46–47.
Werner E. Gerabek