Biographie

Alexander, Adalbert

Herkunft: Ungarn
Beruf: Arzt und Röntgenologe, Heimatdichter
* 31. Mai 1857 in Kesmark
† 16. Januar 1916 in Budapest

Adalbert (ungarisch: Béla, slowakisch: Vojtech) Alexander wurde am 31. Mai 1857 in Kesmark (Kežmarok) geboren. Sein Vater war Stadthauptmann (Bürgermeister) der königlichen Freistadt in Oberungarn. Der Junge konnte die Schulen in seiner Heimatstadt besuchen und 1876 am ehrwürdigen deutsch-evangelischen Gymnasium in Kesmark seine Matura ablegen. Er studierte anschließend an der Universität in Budapest Medizin, fiel dabei durch seine Begabung und seinen Fleiß auf und erwarb sich gründliche Kenntnisse in der Anatomie und Histologie des menschlichen Körpers. Noch als Student veröffentlichte er seine erste wissenschaftliche Arbeit in der Fachzeitschrift Orvosi hétilap über pathologische Formen der Hyperkeratosen. Am 26.11.1881 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert und gleich anschließend Assistent am Institut für Anatomie und für pathologische Anatomie der Universität bei Prof. Scheuthauer. Es schien ihm eine wissenschaftliche Karriere vorgezeichnet.

Doch Alexander kam dem Wunsche seiner Eltern nach und ließ sich 1882 als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt Kesmark nieder, wo er bald eine gut gehende Praxis führte und 1886 Elisabeth Schwarz, die Tochter des Advokaten Karl Wilhelm Schwarz heiratete. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen drei überlebten.

Alexander übte seinen Beruf aus sozialer Verantwortung aus und behandelte arme Menschen sogar umsonst. Er bemühte sich um die Schaffung eines Krankenhauses in der später nach ihm benannten Alexanderallee bei der Gerbergasse (Garbianska ulica). Sehr aktiv war er im Zipser Ärzte- und Apothekerverein, auch im Ungarischen Arbeiter-, Invaliden- und Pensionärsverein. Um einem großen Leid abzuhelfen, wollte er eine Lungenheilstätte für Mittellose gründen und sammelte in den Jahren 1900 bis 1906 Spenden. Als die Heilstätte nicht zustande kam, verwendete er das Geld für den Ausbau des Kesmarker Krankenhauses. Mit dem stattlichen Betrag von 7.313 Kronen kaufte man das Meese’sche Hotel, das die Stadt in ein Krankenhaus umbauen ließ. Alexander setzte sich aber auch für die Kanalisierung und die Elektrifizierung seiner Heimatstadt ein, vor allem, um Infektionskrankheiten wie Typhus und Cholera zurückzudrängen.

Alexander liebte die Natur und hielt sich besonders gern in seinem großen Garten am Mühlenarm der Popper, in der Nachbarschaft des Friedhofes, auf, von dem er einen Blick auf die Gipfel der Hohen Tatra hatte. Im honorigen Kesmarker Bürger-Schützenverein wirkte er sogar als Oberschützenmeister. Er beschäftigte sich auch mit Numismatik und sammelte Keramik.

Nur zwei Jahre nach der Entdeckung der X-Strahlen durch Wilhelm Konrad Röntgen kaufte Alexander 1897 mit Hilfe des Ärzte- und Apothekervereins eine Kathodenstrahlröhre, mit der man Organe durchleuchten und verschiedene Gewebearten sichtbar machen konnte und von der er sich bessere Diagnosen versprach. Er machte Aufnahmen von kleinen Tieren, experimentierte auch an Menschen. So soll er z.B. die Hand seines Freundes Paul Stenczel aufgenommen haben, an der zwei Glieder des rechten Zeigefingers fehlten. Da die Gefahren der X-Strahlen für den menschlichen Organismus noch nicht bekannt waren, machte er 1901 bei seiner schwangeren Frau in monatlicher Folge Aufnahmen des Embryos, um daran Studien anzuschließen. Diese seltenen Abbildungen sind noch heute im Kesmarker Museum zu sehen. Doch schädigten die Strahlen das Gehirn des Kindes, so dass es 1902 mit einer geistigen Behinderung geboren wurde. Dieser Sohn Imrich lebte noch bis 1975, blieb aber auf dem Niveau eines 4- bis 5-jährigen Kindes.

Bei seinen Experimenten gelangen ihm Verbesserungen der Aufnahmen und 1906 erstmals plastische Abbildungen. Sein Ruf drang bis nach Budapest und im Jahre 1907 wurde Béla Alexander als Leiter eines neu eingerichteten zentralen Röntgenlabors an die Universität nach Budapest berufen. Hier wurde er 1909 Dozent der Budapester Ärztefakultät und 1914 Professor der Röntgenologie. Ab 1915 war er auch Direktor des Radiologischen Institutes der Universität.

Die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit publizierte Alexander in mehr als 110 Fachabhandlungen und bei vielen Vorträgen an Weltkongressen (z.B. Die Untersuchung der Nieren und der Harnwege mit X-Strahlen; Leipzig,1912).

Béla Alexander war seiner Zipser Heimat sehr verbunden, was sich in seinen vielen Gedichten ausdrückt. Er war Deutscher und schrieb meist in seinem Kesmarker Dialekt. Zwar hatte er schon seit seiner Jugendzeit Gedichte geschrieben, doch er machte sie erst öffentlich, als er bereits an der Universität in Budapest war. Ab 1909 erschienen sie nach und nach in der in Kesmark herausgegebenen Karpathenpost oder in Sonderdrucken. So setzte er seine Jugenderinnerungen und manche Jugendstreiche in lustige Reime, wie in Ich, s’Lineal und s’Piepenrohr oder in Mische und Voters Gedicht oder auch in Weißst noch, wie’s wor? Er schildert auch die Zipser Landschaft sehr bildhaft in Summernocht oder in Frihleng, Summer, Herbst und Wenter. Ein Frühlingsgedicht besonderer Art ist sein Wer bin ich? Träutz! (Rate es!), wo er den nach einem langen Winter aufbrechenden Frühling beschreibt. Voller Heimweh und Zipser Patriotismus schrieb er Eheim! Eheim! (nach Hause, nach Hause!) und schließlich das Gedicht, welches in der Zips vielen Menschen bekannt gewesen ist:Halt, Zepser, fest.

Wohl, weil er mit den X-Strahlen auch seine eigene Gesundheit beschädigt hatte, starb Alexander bereits 1916 mit 58 Jahren in Budapest. Auf eigenen Wunsch wurde er aber in seiner Heimatstadt Kesmark beerdigt, wo seine Grabstätte auf dem Historischen Friedhof bis heute erhalten ist.

In einem Nekrolog stand in der Karpathenpost geschrieben:„Das Erbteil der Väter in Sprache und Sitten, in Einfachheit und Gemeinnützigkeit zu wahren, das hielt er für seine Pflicht, und um daran zu erinnern, dafür zu begeistern, wird er zum Dichter und singt uns im Zipser Dialekt ergreifende Lieder, so zart und sinnig, so anmutsvoll und wehmütig und wieder so glaubensstark und gedankentief, dass man über den Poeten ganz den Doktor und Mann der Wissenschaft vergisst.“

Aber auch als Wissenschaftler wurde Alexander über die Zeit hinaus gewürdigt. Das Radiologische Institut in Budapest wurde nach ihm benannt und die ungarische radiologische Gesellschaft vergibt jährlich an die besten Wissenschaftler die Dr. Alexander-Gedenkmedaille. Im Pantheon der Radiologie in München steht eine Büste von ihm. Das Kulturministerium der Slowakischen Republik erklärte die Sammlung der ältesten Röntgenaufnahmen des MUDr. Alexander zum nationalen Kulturandenken.

Auch die Stadt Kesmark ehrte ihren Sohn auf vielfältige Weise. Die Straße vom Hauptplatz (Hlavné námestie) bis zur Gerbergasse (Garbianska) ist seit 1990 nach ihm benannt (ulica MUDr.Alexandra), genauso das Krankenhaus in Kesmark. Im Kesmarker Stadtmuseum in der Burg (Hrad) bzw. Tököly-Schloss ist ein Raum seinem Leben und Werk gewidmet, wo u.a. das erste Röntgengerät und Kopien der ältesten Röntgenaufnahmen ausgestellt sind.

Im Jahre 1984 gab ein Kollektiv von Ärzten ein Buch heraus: Priekopnik Röntgenologie Univ. Prof. MUDr. Vojtech Alexander (Bahnbrecher der Röntgenologie …); in der kurzen deutschen Zusammenfassung heißt es, Prof. Alexander war „die hellste Persönlichkeit in der Galerie der Zipser Ärzte“.

Lit.: Persönlichkeiten der Geschichte Kesmarks. Historischer Friedhof, Kesmark 2005. – Friedrich Lam, Béla Alexander (1858-1916) – ein Zipser Mundartdichter (Kjb. 1966). – Guido Roth, Univ. Prof. Dr. Bela Alexander, Bahnbrecher der Röntgenologie (Kjb. 1987).

Bild: Privatarchiv des Autors.

Hans Kobialka