Biographie

Arbusow, Leonid Hans Nikolaus

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Historiker
* 31. Oktober 1882 in Bauske/Kurland
† 16. Februar 1951 in Göttingen

Der Historiker Leonid Hans Nikolaus Arbusow wurde als Sohn des Historikers Leonid Arbusow (1848–1912) und dessen Frau Olga, geb. Anschütz, am 31. Oktober 1882 in Bauske/Kurland geboren. Der Vater, der u.a. bei G. Waitz in Göttingen studiert hatte, war zunächst Lehrer in Bauske und Tuckum, dann seit 1893 Privatlehrer in Mitau, später in Riga, wo der Sohn das Privatgymnasium von Eltz und 1900–1902 das Stadtgymnasium besuchte. 1902–1906 studierte er in Dorpat Theologie und 1906–1909 in Göttingen Geschichte. Dort promovierte er mit Auszeichnung. Er fungierte 1909–1910 als Volontär an der vorgeschichtlichen Abteilung des Museums für Völkerkunde in Berlin. Nach Riga zurückgekehrt, war er 1910–1919 Privatgelehrter. Seit 1911 wirkte er als Mitherausgeber der III. Abteilung des Livländischen Urkundenbuches. Er stand damit in der Nachfolge seines Vaters, der seit 1893 die II. Abteilung dieses Urkundenbuches herausgegeben hatte. 1911–1922 war Arbusow Dozent, anschließend bis 1936 Professor der Geschichte und der historischen Hilfswissenschaften an der Lettländischen Universität und zugleich 1921–1931 und 1936–1939 Professor am Herder-Institut zu Riga. Nach der Umsiedlung der Deutschen aus den Baltischen Staaten in das Wartheland 1939 wurde er 1941–1945 Professor an der Reichsuniversität Posen und nach der Flucht aus Posen Lehrbeauftragter für seine Fächer an der Universität Göttingen. So mußte er aus politischen Gründen viermal die Universität wechseln.

Zwischen 1926 und 1931 machte Arbusow mehrere Studienreisen nach Rom, um an den Archiven des Vatikan zu arbeiten. Berichte darüber publizierte er in den „Acta Universitatis Latviensis“. Entsprechend den Schwerpunkten seiner Vorlesungen veröffentlichte er zum 16. Jahrhundert: „Plettenberg und der Untergang des Ordensstaates Preußen“ (1919), „Geschichte der Einführung der Reformation in Liv-, Kur- und Estland“ (2 Bde. 1919/1921), zur Sozialgeschichte Livlands: „Studien zur Geschichte der lettischen Bevölkerung Rigas im Mittelalter und 16. Jahrhundert“ (1921 in den Acta Univ. Latv.), „Die altlivländischen Bauernrechte“ (1926), zu Problemen Livlands vorwiegend im 12. und 13. Jahrhundert: Mitarbeit an Dr. Albert Bauers Übersetzung der „Livländischen Chronik“ des Heinrich von Lettland, die erst nach Arbusows Tode 1959 erschienen ist und 1975 ihre 3. Auflage erhielt. Über dieses Thema haben beide Autoren über Jahrzehnte zusammengearbeitet. Eine Bibliographie der Arbeiten Arbusows befindet sich in „Minerva, Jahrbuch der gelehrten Welt“, Berlin 1950.

In Nachrufen wird die Vielseitigkeit und Gründlichkeit betont, mit der Arbusow gearbeitet hat. Und es wird betont, daß er ein rücksichtsvoller und umgänglicher Mensch gewesen sei. Die Leistungen Arbusows wurden durch viele Anerkennungen gewürdigt. 1932 verlieh ihm die Universität Rostock den Dr. theol. h.c., und zu ihrem Ehrenmitglied ernannten ihn die Gelehrte Estnische Gesellschaft zu Dorpat, die Estländische Literarische Gesellschaft zu Reval, die Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde in Riga, der Hansische Geschichtsverein zu Hamburg, die Philosophische Gesellschaft der Lettländischen Universität und die Herder-Gesellschaft zu Riga.

Der Verfasser dieser Zeilen hat Professor Arbusow 15 Jahre gekannt und ihn als sehr bescheidenen und fast immer heiteren Menschen erlebt.

Lit.: R. Wittram: Leonid Arbusow, 1882–1951, in: Zeitschrift für Ostforschung 1 (1952), S. 109–114.

Werke: Die Beziehungen des Deutschen Ordens zum Ablaßhandel seit dem 15. Jahrhundert, Phil. Diss. Göttingen 1909. – Die Einführung der Reformation in Liv-, Est- und Kurland (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. III), Leipzig 1921. – Wolter von Plettenberg und der Untergang des Deutschen Ordens in Preußen. Eine Studie aus der Reformationszeit Livlands (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bd. 131), Leipzig 1919. – Studien zur Geschichte der Bevölkerung Rigas im Mittelalter und 16. Jahrhundert, in: Acta Universitatis Latviensis 1 (1921), S. 76–100.

Bild: Archiv der Carl-Schirren-Gesellschaft.

Friedrich Blum