Biographie

Arndt, Ernst Moritz

Herkunft: Pommern
Beruf: Dichter, Historiker
* 26. Dezember 1769 in Groß-Schoritz/Rügen
† 29. Januar 1860 in Bonn

Ernst Moritz Arndt stammte aus Rügen, wo sein Vater Landwirt war. Arndt besuchte die Gelehrtenschule in Stralsund. Nach dem Abschluß der Schule studierte er von 1789 bis 1794 Geschichte, Theologie und Sprachen, schließlich auch Naturwissenschaften in Greifswald und Jena. In den Jahren von 1798 bis 1799 unternahm er eine Bildungsreise, die ihn nach Österreich, Ungarn, Italien und Frankreich führte. Im Jahre 1800 wurde er Privatdozent für Geschichte und Philosophie in Greifswald, 1805 Professor. Aber auch dort hielt es den unruhigen Geist nicht lang, in den Jahren von 1806 bis 1809 hielt er sich in Schweden auf, wo er Mitarbeiter der schwedischen Gesetzeskommission für Pommern war. In den Jahren von 1809 bis 1816 wurde er schließlich bekannt als einer der namhaftesten Mitstreiter des Freiherrn vom Stein im Kampf gegen Napoleon.

Im Jahre 1818 war er wieder als Professor, diesmal in Bonn tätig. Dort wurde der schwärmerische Liberale, in seiner Sprache bisweilen sehr drastisch und polemisch, 1820 wegen sogenannter „demagogischer Umtriebe“ vom Amt suspendiert. Im Jahre 1822 wurde zwar das laufende gerichtliche Verfahren gegen ihn eingestellt, doch bis zum Jahre 1840 durfte er keine Vorlesungen halten. Das änderte sich erst unter dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. Er wurde wieder eingesetzt als Professor. Im Jahre 1848 war Ernst Moritz Arndt als Abgeordneter für Solingen in der Paulskirche Anhänger der preußischen „Erbkaiserpartei“.

Ernst Moritz Arndt war ein Kind der Aufklärung, der sich gegen das ancien régime wandte. So war es nicht verwunderlich, daß er zunächst auf Seiten der französischen Revolution im Jahre 1789 stand, doch später stieß ihn diese Bewegung ab. Zu einer theologischen Tätigkeit als Pastor konnte er sich nicht durchringen. Hervorhebenswert ist, daß Ernst Moritz Arndt ein typischer Repräsentant war, der hin- und hergeworfen war zwischen zwei Nationen, zwischen Schweden und Deutschland, da ja die Schweden nach 1648 in Vorpommern Fuß gefaßt und viele Pommern im 18. Jahrhundert geprägt hatten, wie etwa auch den bekannten Feldmarschall Gebhard von Blücher, der auch noch als schwedischer Untertan geboren war und seinen militärischen Dienst unter schwedischen Fahnen begonnen hatte. Im Zuge der nachfolgenden Ereignisse der französischen Revolution bekannte sich Arndt, und nun in besonders krasser Weise, zu Deutschland. Dennoch blieb der schwedische Einfluß auch weiterhin erhalten. Vor allem ist Arndt durch den Schweden Thomas Thorild beeinflußt, der seinerseits von den Deutschen Geistern wie Kant, Herder und Klopstock beeinflußt war. Doch andererseits fußte Thorild stark auf einer schwedischen Volkstradition, verbunden mit einer Forderung nach „germanischen Rechtsideen“, die zu einer neuen „Volksordnung“ führen sollten. Auch Ernst Moritz Arndt lehnte sich hier im romantischen Sinne sehr stark an.

Im Jahre 1808 schrieb er „Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen“. Diese Schrift war eine Kampfschrift gegen das Bauernlegen Gustavs IV. Schweden und führte mit zur Aufhebung der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen im Jahre 1806. Ein weiteres, bekannteres Werk war „Germanien und Europa“, das im Jahre 1803 erschien. Es war eine Kampfansage gegen den Geist Roms, gegen den Katholizismus, der seiner Auffassung nach die Zerstörung der griechischen Harmonie zwischen Natur und Geist, in seiner Verfallszeit das Christentum und seit der Renaissance und Reformation die verderbliche Selbstgesetzlichkeit des Absolutismus hervorgebracht habe. Ernst Moritz Arndt huldigte dem Ideal einer vom Einzelnen innerhalb eines Volkes geübten Humanität, bei der dann der Staat das Volk beschützen sollte in seinen natürlichsten Rechten, das Volk, das durch Klima wie Sprache in seinen Grenzen bestimmt war. In seinem Buch „Fragmente über Menschenbildung“ (1805) ging er von einer Gutartigkeit des Menschen als Grundlage der Erziehung aus. Von dieser These ausgehend, schuf er auch sein Buch „Geist der Zeit“ (1806). Er bekannte sich in diesem Buch zum Zusammenschluß Nord- und Süddeutschlands, damit in Gegensatz geratend zu Napoleonischen Vorstellungen. Arndt stand stark unter dem Einfluß Skandinaviens und der Romantik, die bei dem Theologen aufklärerisch-heidnische Elemente nicht ausschlossen.

Ernst Moritz Arndt trat für die „Uridee der Volksfreiheit“ ein, bei der sich die germanischen Völker, hinweg über alle Stände, einigen sollten, etwa nach dem Vorbild der Schweiz.

Nach der Flucht vor der Besetzung Greifswalds durch französische Truppen, im Jahre 1806, wurde er stark durch eine Schwedin beeinflußt, Elisabeth Maria von Munk, die ihn jetzt zum Christentum führte. Zwar war er immer noch skeptisch, dennoch näherte er sich vermeintlich dem Christentum. Er faßte Luther als den Apostel des menschenfreundlichen Christus in seiner ursprünglichen Reinheit auf. Freilich fühlte sich Ernst Moritz Arndt nicht an die Kirche gebunden.

Seiner Auffassung nach mußte sich der Staat auf die „Volkskultur“gründen. In den Schriften und Äußerungen von Ernst Moritz Arndtverbanden sich germanische und christliche Vorstellungen zu einemkaum zu begreifenden schwärmerischen Gemisch.

In den Jahren zwischen 1812 und 1814 rief er das deutsche Volk zumKampf gegen den Antichristen Napoleon auf. Das war die Zeit, alser Mitstreiter des Freiherrn vom Stein war. Zahlreiche politischeSchriften und Lieder entstanden in dieser Zeit, etwa „Katechismusfür den deutschen Kriegs- und Wehrmann“, „Was bedeutet Landsturm und Landwehr?““, „Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze“, „Was ist des Deutschen Vaterland?“, „Der Gott, der Eisen wachsen ließ“. Diese Werke waren geschaffen für die deutsche Erhebung gegen Napoleon. In der Schrift „Was bedeutet Landsturm und Landwehr?“ heißt es 1813:

„… Nun, da Gott den Weg gewiesen hat, müssen alle Völker sich erheben, vor allem aber muß in allen Landschaften, Kreisen und Gauen das deutsche Volk sich erheben, denn kein Volk ist von ihm (Napoleon) mehr geschunden und gemißhandelt worden, als gerade das deutsche Volk.“

Zahlreich sind Ernst Moritz Arndts Schriften allerlei Inhalts, so etwa auch „über den deutschen Studentenstaat“ und den „Entwurf der Erziehung und Unterweisung eines Fürsten“. Auch entwarf er den Plan „einer deutschen Gesellschaft“. Auch dieser war verschroben und ohne alle realistische Einsicht. Die deutsche Gesellschaft sollte in lokalen Bünden zusammengeschlossen sein. Steinsche Gedanken eines alten Ständestaates flossen bei den Arndtschen Vorstellungen mit ein. 1858 erschienen von Arndt: Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Reichsfreiherrn vom Stein.

Ohne Zweifel ist Arndts Einfluß auf die Neoromantik in Schweden und Deutschland äußerst stark gewesen. Den in Frankreich entstandenen Nationalismus hat er in Deutschland sehr stark gefördert. Vielleicht geschah dies nicht bewußt, aber er steht an der Wiege des deutschen Nationalismus. Deutschland sollte den Ausgleich der europäischen Völkerideen herbeiführen, allerdings eine politische Auswertung im Sinne der Herrschaft über andere Völker lehnte Arndt ab, da er dies als eine Vergewaltigung der von Gott geschaffenen, deshalb unverletzlichen Volkspersönlichkeit ansah. Ein „völkischer“ Gedanke wuchs bei Ernst Moritz Arndt. Schließlich näherte er sich sehr stark dem Staat Preußen an, nicht zuletzt bis zu einer Freundschaft mit Gneisenau, Jahn und den Burschenschaftlern. Dies brachte ihn in Gegensatz zu dem einst vertretenen Liberalismus. Ernst Moritz Arndt schuf auch Kirchenlieder. In den Jahren zwischen 1830 und 1840 wurde er zum Mahner deutscher Einigkeit. Der Pommer Ernst Moritz Arndt spiegelt in besonderen Weise die Umbruchzeit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider, die weitreichende Folgen hatte.

Lit.: D. Lange: Der Dichter Arndt. 1910. E. Cremer: Ernst Moritz Arndt als Geschichtsschreiber, Kiel 1926. – W. v. Eichborn: Ernst Moritz Arndt und das deutsche Nationalbewußtsein. 1932. – H. Plath: Ernst Moritz Arndt und sein Bild vom deutschen Menschen. 1935. – L. Haas: Arndt und Stein, Erlebnisse und Darstellungen. Bonn 1946. O.F. Bollnow: Von Arndt bis Fröbel. 1952. – Dirk Alvermann/Imfried Garbe (Hrsg.): Ernst Moritz Arndt. Anstöße und Wirkungen, Köln u. a. 2011.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Moritz_Arndt

Hubertus Neuschäffer