Biographie

Arnoldt, Daniel Heinrich

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Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Theologe, Kirchenhistoriker
* 7. Dezember 1706 in Königsberg i.Pr.
† 30. Juli 1775 in Königsberg i.Pr.

Arnoldt entstammte einer Königsberger Kaufmannsfamilie. Bereits als Fünfzehnjähriger, am 2. Oktober 1721, an der Königsberger Universität immatrikuliert, geriet er dort frühzeitig in den pietistischen Kreis um den Theologie-Professor Georg Friedrich Rogall (1701-1733), ohne allerdings jemals dessen radikale Observanz zu teilen. Ebenso prägend wie die Begegnung mit Rogall, dessen jüngere Schwester Maria Juliana Arnoldt am 10. August 1733 in erster Ehe heiratete, wurde für ihn jedoch die Wolffsche Philosophie, die eben damals durch seinen Cousin Christoph Friedrich Baumgarten (1696-1746) an der Albertina vertreten wurde. Noch Jahrzehnte später zog er wegen seiner Vernunft- und Schriftmäßigen Gedanken von den Lebenspflichten der Christen (Königsberg und Leipzig 1764), einer Systematik der theologischen Morallehre auf der Basis des Naturrechts, die Kritik Johann Georg Hamanns auf sich, der seinen „Wolfinanismum“ scharf verurteilte. Dennoch führte ihn sein Studium kurzzeitig nach Halle, aus dem Christian Wolff 1723 vertrieben worden und das damals das Zentrum des Pietismus in Deutschland war; hier wurde er am 25. Oktober 1728 zum Magister promoviert. Zurückgekehrt nach Königsberg, erhielt Arnoldt dort, gefördert von König Friedrich Wilhelm I., 1729 eine außerordentliche Professur für Moralphilosophie. Ebenfalls dem Wohlwollen des Königs, der die pietistischen Strömungen in Königsberg durch seine Personalpolitik unterstützte, verdankte Arnoldt 1732 seine Berufung zum Konsistorialrat, außerordentlichen Professor der Theologie und stellvertretenden Pfarrer an der Altstädtischen Kirche. Nachdem er im November 1733 unter dem Vorsitz von Franz Albrecht Schulz (1692-1763),professor tertii an der theologischen Fakultät, Pfarrer an der Altstädtischen Kirche und sein freundschaftlicher Förderer, zum Doktor der Theologie promoviert worden war, erhielt Arnoldt 1734 eine ordentliche Professur sowie die Stelle als zweiter Hofprediger an der Schloßkirche. 1763 folgte er Schulz als Direktor des Friedrichskollegs und 1770 als Generalsuperintendent nach, dessen Zuständigkeit vor allem auch das im 18. Jahrhundert in Preußen planmäßig ausgebaute Schulwesen betraf; 1772 wurde er schließlich Oberhofprediger.

Von Hause aus Theologe, war Arnold weit mehr Gelehrter als Geistlicher. Er trat als Verfasser philosophischer, theologischer und historischer Werke in Erscheinung. Zu seinen frühen Schriften gehörten eine verbesserte und gereinigte Ausgabe des großen Katechismus von Luther (Königsberg 1734) und eine vornehmlich auf die Kirchenlieddichtung berechnete, allerdings literaturgeschichtlich wirkungslose Poetik (Versuch einer systematischen Anleitung zur Poesie überhaupt, Königsberg 1732, erweiterte und überarbeitete Auflage ebda. 1741); zudem verfaßte er deutsche Epicedien, von denen einige in Christian Friedrich WeichmannsPoesie der Nieder-Sachsen (Hamburg 1721-1738) Eingang fanden. Seine Poetik und seine eigenen poetischen Versuche führten ihn zur Mitgliedschaft in der 1744 im Geiste Gottscheds, mit dem er eine Korrespondenz pflegte, gegründeten „Deutschen Gesellschaft“, deren Präsident er 1770 wurde.

Untrennbar verbunden ist Arnoldts Name jedoch mit seinerAusführliche[n] und mit Urkunden versehene[n] Historie der Königsbergischen Universität, deren erste Auflage (Königsberg 1746) erst vor kurzem wieder, anläßlich des 450jährigen Jubiläums der Albertina, in einem Nachdruck erschienen ist (Aalen 1994). Damit ist eine der herausragenden biobibliographischen Quellen zur Königsberger und ostpreußischen Gelehrtengeschichte wieder leicht greifbar geworden. Denn Arnoldts Historie ist weit mehr als nur ein Abriß der damals gerade zweihundertjährigen Geschichte der Königsberger Universität. Werden im ersten Teil die Gesetze, Statuten und Verordnungen der Albertina dargestellt und mit reichen Beilagen dokumentiert, so behandelt der zweite Teil die einzelnen Fakultäten in der Form, daß nach jeweils kurzen historischen Einführungen in die Entwicklung der vier klassischen Fakultäten – der theologischen, der juristischen, der medizinischen und der philosophischen – sämtliche dort seit 1544 wirkenden Professoren in knappen Viten in ihrem Wirken und mit ihren Werken vorgestellt werden. Hinzu kommt ein Anhang, der einhundert Gelehrte, „so zwar bey der Academie nicht gestanden, aber doch durch Schriften und sonsten sich bekannt gemacht, und entweder aus dem Brandenburgischen Preußen bürtig gewesen, oder doch in demselben öffentliche Aemter bekleidet haben, und insgesamt bereits verstorben sind, nach alphabetischer Ordnung“ vorstellt. Die Zusätze zu dieser Universitätsgeschichte, die Arnoldt zehn Jahre später in Königsberg veröffentlichte (und die jetzt ebenfalls im Nachdruck vorliegen), fügen neben umfangreichen Korrekturen und Ergänzungen zu den ersten beiden Teilen die Lebensbeschreibungen weiterer 250 preußischer Gelehrten hinzu. So ist aus der Feder Arnoldts ein preußisches Gelehrtenlexikon entstanden, das in der Breite seines literärgeschichtlichen Ansatzes nur noch mit dem großen Entwurf einer preußischen Literärgeschichte Georg Christoph Pisanskis (1725-1790) zu vergleichen ist.

Nicht minder bedeutend ist Arnolds Stellung in der preußischen Kirchengeschichtsschreibung. Nach Christoph Hartknochs (1644-1687)Preußischer Kirchen-Historia (Frankfurt/M.und Leipzig 1686) schuf Arnold mit seiner Kurzgefaßten Kirchengeschichte des Königreichs Preußen (Königsberg 1769) die zweite große preußische, allerdings auf das ehemalige Herzogtum beschränkte Gesamtdarstellung, die von den heidnischen Prußen bis in seine Zeit reichte. Diesem Werk zur Seite stehen mit seiner Abhandlung zum Kirchenrecht des Königreichs Preußen (Königsberg 1771) und seinen posthum publizierten Kurzgefaßte[n] Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandenen Predigern (Königsberg 1777) zwei weitere wichtige Arbeiten zur ostpreußischen Kirchengeschichte. Seine von Friedrich Wilhelm Benefeldt vollendete Presbyterologie macht für Königsberg, die ostpreußischen Städte und Provinzen die Priester jeder Kirche namhaft und bietet damit – allerdings im Gegensatz zur Historie der Königsbergischen Universität, ohne deren Schriften anzuführen – wertvolles und nach wie vor unersetztes biographisches Material. Zweifellos gehört Daniel Heinrich Arnoldt zu jenen großen Königsberger Gelehrten des 18. Jahrhunderts, deren Werke wegen ihres Reichtums an Namen und zitierten handschriftlichen wie vor allem gedruckten Quellen heute, nach dem Untergang der Königsberger Archive und Bibliotheken im Zweiten Weltkrieg, unentbehrliche Nachschlagewerke für jede kulturgeschichtliche und regional perspektivierte Forschung zu Königsberg und Ostpreußen geworden sind.

Lit.: Eine Bibliographie seiner Schriften (v.a. auch seiner akademischen Programmschriften und Predigten) fehlt, die umfangreichsten Angaben bieten Georg ChristophPisanski: Entwurf einer preußischen Literärgeschichte. Hrsg. v. Rudolf Philippi. Königsberg 1886 (ND Hamburg 1994), und Heinrich Doering: Die gelehrten Theologen Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt. Bd. 1. Neustadt an der Orla 1831, S. 14-16. In beiden Werken findet sich auch vieles zur Biographie. Eine wissenschaftliche Gesamtdarstellung seines Lebens und Werkes ist ein Desiderat. Biographische Artikel finden sich in der Allgemeinen Deutschen Biographie 1 (Erbkam), in der Altpreußischen Biographie 1 (Borrmann), in der Neuen Deutschen Biographie 1 und in dem von Walther Killy herausgegebenen Literatur Lexikon 1 (Rathje). Das umfangreichste Lebensbild entwirft Ludwig von Baczko: Annalen des Königreichs Preußen. Königsberg 1793, S. 45-73. Einzelaspekte behandeln Gerhard Kessler: D. Daniel Heinrich Arnoldt und der Pietistenkreis in Königsberg. In: Altpreußische Geschlechterkunde 8 (1924) 9-24; Ders.: Daniel Heinrich Arnoldts Ahnentafel. In: ebda., S. 25-34; Wolfgang-Dieter Baur: Arnoldt und Hamann. Eine Kontroverse um die Begründung christlicher Ethik. In: Königsberg. Beiträge zu einem besonderen Kapitel der deutschen Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts. Begründet und hrsg. v. Joseph Kohnen. Frankfurt/M. [u.a.] 1994, S. 161-178; sowie das Nachwort zu: Christian Friedrich Weichmanns „Poesie der Niedersachsen“. Neuausgabe hrsg. v. Christoph Perels, Jürgen Rathje und Jürgen Stenzel. Wolfenbüttel 1983, S. 48-50. Wichtig für Arnoldts Stellung in der ostpreußischen Kirchengeschichtsschreibung ist der Anhang 1 bei Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Bd. 1. Göttingen 1968, S. 532f. Dort findet sich auch einiges zu Arnoldts Stellung im Königsberger Pietismus (s. Register); dazu sind auch die Briefe von Arnoldt zu nehmen, die Theodor Wotschke: Der Pietismus in Königsberg nach Rogalls Tode in Briefen. Königsberg 1929-30, veröffentlichte. Zu Arnoldts Tätigkeit am Friedrichskolleg vgl. G. Zippel: Geschichte des Kgl. Friedrichskollegs zu Königsberg. Königsberg 1898, S. 133f.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Heinrich_Arnoldt

Axel E. Walter