Biographie

Aulich, Herbert

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler, Grafiker, Objektkünstler
* 12. Januar 1927 in Wüstendorf, Kr. Breslau

Am 12. Januar 1927 wurde Herbert Aulich in Wüstendorf, Kreis Breslau, geboren. Früh zeigte sich seine künstlerische Begabung. Doch kurz vor Kriegsende wurde er eingezogen und konnte erst 1949 nach der Vertreibung aus Schlesien sein Studium an der Werkkunstschule in Hannover aufnehmen. Er studierte bei den Professoren Rhein und Vogel und erhielt eine fundierte, solide Ausbildung, die es ihm ermöglichte, als Grafiker und Gestalter am Landesmuseum für Naturkunde in Hannover tätig zu werden.

Diese Arbeit befriedigte seinen künstlerischen Tatendrang nicht. Es drängte ihn zur modernen Malerei und zu neuen Ausdrucksformen. Daher bemühte er sich um Unterricht bei dem profiliertesten modernen Maler in Hannover, bei Carl Buchheister. Dessen Informel kam Aulich entgegen. Buchheister ermunterte ihn, nicht beim Gegenständlichen zu verharren, sondern sich der Tendenz zum Gegenstandslosen zu verschreiben. 1956 schuf Herbert Aulich sein erstes gegenstandsloses Bild. 1966 entstanden die ersten konstruktivistischen Arbeiten.

Damit tat sich eine Trennung zwischen Brotberuf und künstlerischer Berufung auf. Aulichs künstlerisches Werk entstand nach Feierabend und in der Freizeit. Der Brotberuf am Landesmuseum bewahrte aber den Künstler vor dem Ausstellungszwang. Erst 1968 fand die erste Einzelausstellung seiner Arbeiten im Funkhaus Hannover statt. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits über vierzig Jahre alt, konnte dafür aber mit einem Paukenschlag auf sich aufmerksam machen, mit einer großen, qualitätvollen Auswahl. Rasch folgten Ausstellungen in der bbk-Galerie Hannover und in Loccum. 1971 stellte er in Frankfurt aus, im nächsten Jahr in Berlin, dann in München und Braunschweig, in Oldenburg und Nantes. Rund 150 Einzel- und Gruppenausstellungen sind es inzwischen geworden. 1974 wurde Herbert Aulich mit dem Rosenthal-Studiopreis ausgezeichnet, 1989 erhielt er den Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen, 2003 den Lovis Corinth-Preis.

Seine Arbeiten wurden von zahlreichen Museen und öffentlichen Einrichtungen angekauft, selbst in Frankreich. Herbert Aulich hatte, als er 1968 seine Arbeiten erstmals der Öffentlichkeit vorstellte, bereits einen eigenen Stil entwickelt, den er in den folgenden Jahrzehnten konsequent fortentwickelte. Seine informellen Arbeiten wurden nach und nach weniger wild, indem er ihnen zunehmend geometrische Figuren einfügte, die mit ihrer Asymmetrie und den abgerundeten Ecken durchaus dem Formenkanon der schönen Linie der ausgehenden 50er Jahre entsprach.

In den frühen 60er Jahren verließ Aulich die informelle Richtung und konzentrierte sich auf geometrische, asymmetrische Umrissformen. Damit war nicht mehr der individuelle Pinselstrich wichtig, sondern nur noch die einheitliche Farbfläche, die farblich abgestuft den Bildraum füllte und definierte. In dieser Phase seines Schaffens bezog Aulich den Bildrahmen in seine Komposition ein, übermalte ihn entsprechend der Farbfelder des Bildes. Gelegentlich ragten nun Bildteile über den Rahmen heraus. Die Bildtiefe wurde nicht nur durch die optischen Phänomene der Perspektive erzeugt, sondern real durch verschiedene Bildebenen. Aulich ging von der traditionellen Rechteckform des Rahmens ab.

In den 70er Jahren wandte sich Aulich mehr und mehr dem Konstruktivismus zu, arbeitete mit Umkehrformen und schuf damit neue Bildräume. Es entstanden Serien, die das gleiche Motiv in unterschiedlicher Farbwahl zeigen und dadurch jeweils andere Eindrücke des Räumlichen vorspiegeln. Es war nicht verwunderlich, dass Herbert Aulich begann, diese optisch erzeugten Räume auch als Objekte plastisch zu formen.

So wie Aulich fast unbemerkt konstruktivistische Bestandteile in seine informellen Arbeiten einfügte, so tauchten in den 80er Jahren realistische Elemente auf. Der Künstler füllte seine Bildfelder zuerst mit gezeichneten Strukturen, die schnell gegenständliche Elemente aufnahmen, Zweige, Gras, ganze Landschaften. Es konnten aber auch nur Farbflecken sein, die er mit raffiniertesten Techniken erzeugte. Er fügte in diese Felder Fotos ein und griff auf die klassische Collage zurück. Die Fotos sind ruhig. Er bevorzugte serielle Reihungen, entdeckte in der Natur die Struktur, suchte gezielt den Ausschnitt, der seinen künstlerischen Intensionen gerecht wird. Diese künstlerische Auseinandersetzung mit der Natur ist keine Verbeugung vor dem ökologischen Zeitgeist, sondern eher eine Facette der schlesischen Seele, denn bei aller Liebe zum Rational-formalistischen ist den Schlesiern meist auch ein Hang zum Poetisch-romantischen eigen. In diesem Sinne kommt bei Herbert Aulich, je älter er wird, dieses schlesische Element durch und bildet durchaus eine Bereicherung seines Œuvres.

Nicht vergessen werden sollte, dass Herbert Aulich neben Beruf und freier künstlerischer Tätigkeit rund 20 Jahre als Dozent tätig war, dass er seit 1958 Mitglied der Künstlergilde, viele Jahre als Leiter der Fachgruppe Bildende Kunst des Landesverbands Niedersachsen und als Vorstandsmitglied der Künstlergilde tätig war sowie als Mitglied im Vorstand der Stiftung Ostdeutsche Galerie in Regensburg wirkte.

Lit.: Ausstellungskatalog 1991: Herbert Aulich. Arbeiten 1956-1991. – Ausstellungskatalog 1996: Herbert Aulich. Bilder, Arbeiten auf Papier, Objekte. – Ausstellungskatalog 1999: Idis B. Hartmann, Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen an bildende Künstler 1978-1998. – Ausstellungskatalog 2006: Herbert Aulich. Retrospektive. Arbeiten aus 5 Jahrzehnten. – In den Ausstellungskatalogen weitere Literaturangaben.

Bild: Privatarchiv der Autorin.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Aulich

Webseite des Künstlers: https://herbert-aulich.bildkunstnet.de/

Idis B. Hartmann