Wie heißt es in einem Vers des Gedichtes „Trennende Jahre“ von Gerhart Baron: „Und all das zu singen,/ Was geschah und geschieht,/ Mit Zartheit zu zwingen/ Das Leid mir ins Lied – / Es fehlt mir das Wort und die Gnade, und auch die Zeit mir entflieht.“ Wie sind diese seine Worte von dem Wunsch beseelt, dem Unsagbaren womöglich zum Ausdruck verhelfen zu können, um das eine oder andere erlösende Wort mitzuteilen, was den Menschen zu helfen vermag. Diesen Vers stellte der Dichter auch seinen 80 Gedichten voran, die 1963 unter dem Titel „Die Wiedergeburt“ im Verlag Josef Habel in Regensburg erschienen sind.
Gerhart Baron wurde am 7. Mai 1904 in Kandrzin, Kreis Cosel, in Oberschlesien geboren. Er ist das älteste von zehn Kindern eines früh verstorbenen Oberpostschaffners und es stand ihm ein hartes und entbehrungsreiches Leben bevor. Nach dem Besuch der Volksschule trat er in Hindenburg eine Uhrmacherlehre an und war danach als Arbeiter in der Industrie tätig.
Durch eine Anstellung in einer Öffentlichen Arbeiterbücherei in Hindenburg im Jahre 1924 war es für ihn leichter geworden, seinen schriftstellerischen Vorhaben nachzugehen und von 1926 bis 1933 wurde ihm auch die Leitung der Zweigbüchereien der Städtischen Volksbücherei, der Waldorfschule Meisengrund und der Pestalozzischule in Mathesdorf übertragen.
Schon mit seinen ersten lyrischen Arbeiten ließ Gerhart Baron aufhorchen und er verstand es von da ab zunehmend in ergreifender Weise, die Liebe zu seiner oberschlesischen Heimat und seinen Menschen leise und eindringlich kundzutun. So wurde ihm bereits 1928 der „Jungoberschlesische Lyrikpreis“ zugesprochen.
An der Gründung des „Oberschlesischen proletarischen Schriftstellerverbandes“ im Jahre 1929 war er als einer der Arbeiterdichter dieses Landes wesentlich beteiligt. Das mochte auch dazu geführt haben, daß er 1933 arbeitslos wurde. Erst 1937 fand Gerhart Baron wieder eine Anstellung und zwar als Bibliothekar im Amt für Oberschlesische Landeskunde. Zu dieser Zeit soll er durch einen Zufall der Einweisung in ein KZ entgangen sein. 1938 nahm Baron im Stadtarchiv von Neisse die Arbeit an einer Gesamtbibliographie das Neissegaues auf mit ihrem Kernstück, dem Gesamtverzeichnis der Altneisser-Drucke 1555-1795. Von 1940 bis 1941 bereitete er sich auf das Abitur vor.
Schließlich kam es zur Einberufung zum Kriegsdienst, wo er in Polen und Schlesien eingesetzt wurde. Gegen Ende des Kriegeswurde Gerhart Baron bei Fürstenberg an der Oder schwer verwundet.
Im Jahre 1946 gelangte er als Heimatvertriebener nach Oberösterreich und arbeitete zunächst in der Zeilwollefabrik Lenzig, bis er 1955 als Archivar der Arbeitskammer für Oberösterreich in Linz a.d. Donau angestellt wurde. Diese hat er mit aufgebaut und vorbildlich bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1969 geführt. Für seine außerordentlichen Verdienste wurde Gerhart Baron 1964 vom österreichischen Bundespräsidenten der Professorentitel verliehen.
Als Werkdaten wären zu erwähnen der 1944 in Potsdam mit oberschlesischen Gedichten erschienene Lyrikband „Ankunft“, der bereits angesprochene Gedichtband „Wiedergeburt“ und die, sei es in der Literaturzeitschrift „Das innere Reich“ von 1936-1942 vereinzelt erschienenen 20 Gedichte oder die in der Zeitschrift „Stillere Heimat“ von 1952-1963 veröffentlichten lyrischen Arbeiten. Sein literaturwissenschaftliches Hauptwerk war die „Bibliographie der Arbeiterdichtung des deutschen Sprachraums mit Einschluß des Arbeiterbildungswesens“, begonnen 1950. Im Jahre 1971 erschien sein Sachbuch „Der Beginn – Die Anfänge der Arbeiterbildungsvereine in Oberösterreich“, herausgegeben von der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich“ (Verlagsanstalt Gutenberg).
An weiteren Ehrungen hat es dem Dichter nicht gefehlt. Darunter wären der Lyrikpreis der Zeitschrift „Die Dame“ 1935 (Berlin), der „Lyrikpreis der Heimatvertriebenen“ 1954 (Stuttgart), die Theoder-Körner-Preise 1955 und 1973 (Wien), der „GroßeFörderpreis“ des Wiener Ministeriums für Unterricht und Kunst 1973 (Wien) und der „Joseph-Luitpold-Stern-Preis“ 1976 (Wien) zu nennen.Baron war Mitglied des PEN-Clubs Österreich.
Die Gedichte von Gerhart Baron erinnern unwillkürlich an seinen großen schlesischen Landsmann Joseph von Eichendorff, aber an einen Eichendorff, der in der heutigen Zeit steht und sich mit ihr immer noch auf romantische Weise auseinandersetzt. 45 seiner Lieder wurden vertont, so u.a. von Günter Bialas und Alexander Ecklebe.
Am 7. März 1978 verstarb der Dichter und wurde am 13. März 1978 auf dem Stadtfriedhof in Linz St. Martin zur letzten Ruhe gebettet.
Lit.: Hans Enden: Gerhart Baron zum 70. Geburtstag, in: Vierteljahresschrift Schlesien II (1974). – Arno Lubos: Geschichte der Literatur Schlesiens, Bd. 2, München 1967, S. 249-254.
Bild: Kulturbeilage „Gerhart Baron“.
Konrad Werner, Ergänzungen durch Bernhard M. Baron, Weiden i.d.OPf.