Biographie

Bauch, Bruno

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Philosoph
* 19. Januar 1877 in Groß-Nossen/Schlesien
† 27. Februar 1942 in Jena

Bruno Bauch, geboren am 19. Januar 1877 in Groß-Nossen (Schlesien) als Sohn eines Grundbesitzers, studierte in Freiburg/Br., Straßburg und Berlin Naturwissenschaften und (angeregt durch diese) Philosophie, das Fach, in dem er sich einen Namen machte, zunächst in Halle als Privatdozent und Mitherausgeber (neben Hans Vaihinger) der Kant-Studien.

1911 wurde er als Nachfolger Otto Liebmanns auf den Jenaer Lehrstuhl berufen, den er bis zum Tode innehatte und von dem aus er als Autor und akademischer Lehrer nachhaltig wirkte. Die großen Toten, zu denen er sich bekannte, waren Kant und der heute zu Unrecht vergessene Logiker Hermann Lotze; die Lehrer, denen er sich verpflichtet wußte, Wilhelm Windelband, Heinrich Rickert und Kuno Fischer; die neueren Denker, denen er fremd blieb, Nietzsche und Dilthey. Zusammen mit Windelband, Rickert und Richard Kroner bildete er die „badische“ oder „südwestdeutsche“ Schule des Neukantianismus, die Gegenkraft zum Marburger Neukantianismus. Bauch war bei aller analytischen Schärfe ein synthetischer Kopf. Nicht nur schärfte er seinen Schülern ein, daß alle Analysis (nach seinem Vorgänger Liebmann) der Synthesis dient; zudem wußte er, daß Analysis sich selbst bereits als Synthesis verstehen muß. Das wurde seinen Lesern und Hörern deutlich, wenn er die mathematische Funktionsgesetzlichkeit als Sonderfall der logischen Funktion erwies; wenn er nur eine im Dienste des Systems der Philosophie kritische Philosophiegeschichte gelten ließ und pflegte mustergültig in seinem großen Werk über Kant (1917,21923), welches in der Kantforschung auch dadurch Epoche machte, daß es die dritte Kritik („der Urteilskraft“) als die bestimmende Mitte des kritischen Systems darstellte (was damit zusammenhing, daß Bauch den Wissenschaften vom Lebendigen so viel Fleiß gewidmet hatte; denn der zweite Teil der dritten Kritik bildet deren Grundlegung); wenn er schließlich einen philosophischen Idealismus verfocht, welcher die Wirklichkeit und das einzelne Wirkliche dem Reich der Ideen bzw. „Werte“ nicht als ein unversöhnliches Anderes gegenüberstellt, sondern als so konstituiert, daß in jener und auf dieses vernünftig, im Sinne der Idee oder des Wertes, gewirkt werden kann, was zugleich heißt, daß jene und dieses erkannt werden können. Vgl. Wahrheit, Wert und Wirklichkeit (1923) und Die Idee (1926).

Wird Wirkliches erkannt, so wird Wahrheit, der theoretische Wert, verwirklicht, der zusammen mit dem sittlichen, dem ästhetischen, dem Gerechtigkeitswert und noch weiteren Werten den Wertkosmos bildet; Wert ist somit der Oberbegriff von Wahrheit, Kriterium dafür, ob eine Zielsetzung als werthaft gelten kann.  Aber die Wertphilosophie muß ihrerseits dem theoretischen Wert Wahrheit genügen; der Wert Wahrheit „gilt“ für das ganze System der Werte – ein Beleg für den dialektischen Charakter von Bauchs Denken. Weil der theoretische Wert auch für den sittlichen und für alles durch diesen Gebotene gilt, ist auch Ethik als Wissenschaft möglich. Vgl. Grundzüge der Ethik (1935).

Als akademischer Lehrer wirkte Bauch auf seine Studenten zunächst vor allem korrekt und etwas steif. Nur die Schüler im engeren Sinn, die er als Doktoranden annahm, erfuhren seine väterliche Güte und Strenge in Form einer gewissenhaften, keine Mühe scheuenden Betreuung ihrer Studien, zuweilen und, wo es not tat, auch in der eines pädagogischen Winks; darüber hinaus in Gestalt einer unvergeßlichen Gastfreundschaft, wenn sie nach guten Leistungen im Seminar zum Semesterschluß zu einem Abendbrot und Umtrunk in sein Haus – Jena, Wörthstraße 7 – eingeladen wurden.

Bruno Bauch schuf als Lehrer und philosophischer Autor sein aus der Philosophie der ersten Jahrhunderthälfte nicht wegzudenkendes Werk unter der Belastung durch ein in stoischer Haltung ertragenes Leiden; schon 1916 mußte er sich eine Niere entfernen lassen; am Versagen der anderen lag es, daß er – eben 65 Jahre alt – am 27. Februar 1942 starb, betrauert von den vielen, die er gefördert hatte, nicht zuletzt von dem damals an der russischen Front stehenden

Wolfgang Ritzel.

Bild: Universitätsarchiv Jena.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Bauch