Matthias (Matej) Bél besuchte die Schule in Lizenz (Lucenec) und Neusohl (Banská Bystrica). Anschließend studierte er auf dem deutsch-evangelischen Lyzeum in Preßburg und beherrschte hier schon die drei Sprachen des Landes: Slowakisch, Ungarisch und Deutsch. Vom Jahre 1704 an studierte er in Halle Theologie und Philosophie und war Hörer von August Hermann Francke, des Pietisten und Begründers des berühmten Waisenhauses in Halle. Der Pietismus legte das Schwergewicht auf die persönliche Frömmigkeit und die daraus sich entwickelnde Tätigkeit in diakonisch-sozialen Bereichen. Sehr bald war Matthias Bél auch Lehrer an einer Schule A. H. Franckes und Erzieher von dessen Kindern.
Im Jahre 1708 wurde Matthias Bél Rektor der Lateinschule und Pfarrer an der St. Elisabethkirche in seiner Heimat in Neusohl (Banská Bystrica), dann 1714 Rektor des deutsch-evangelischen Lyzeums in Preßburg. Seit 1719 war er Pfarrer und ab 1744 auch Senior der deutsch-evangelischen Kirchengemeinde zu Preßburg (Bratislava). Als Lehrer und Rektor gestaltete er den Unterricht im Sinne des Halleschen Pietismus zeitgemäß durch die Einführung neuer Fächer, besonders der Erdkunde und der Landesgeschichte in den Lehrplan. Da es an Lehrbüchern mangelte, verfaßte er selbst einige, wie die GrammaticaLatina, die Institutiones Rhetoricae, auch die Institutiones grammaticae in usum adaloscentiae hungaricae(Leutschau1718). Im Unterricht strebte er nach Anschaulichkeit und nach der Anpassung an das Erkenntnisvermögen der Schüler. Er sorgte auch für eine strenge Schulordnung; den Schülern war der Besuch von Wirtshäusern und Tanzlokalen sowie das Baden in der Donau verboten.
Matthias Bél war auch Historiker. In seinem umfassenden Werk Hungariae antiquae et novae prodomus (Nürnberg 1723) versuchte er die grundlegenden Kenntnisse über Ungarn zu vermitteln: Landesgeschichte, physikalische und politische Erdkunde, wirtschaftliche Daten, die Beschreibung der Sprachen und Sitten der Völker Ungarns und die Besonderheiten der Natur. Weitere Werke warenAdparatus ad Historiam Hungariae (Preßburg 1735) und Notitia Hungariae novae historico-geographica (Wien 1735/42). So wurde er von Kaiser Karl VI., als König von Ungarn Karl III., zum kaiserlichen Hofgeschichtsschreiber bestellt.
Bél hatte auch bestimmenden Anteil am Entstehen der ersten regelmäßig erscheinenden Wochenzeitung Ungarns, der Nova Posoniensia, die 1721 in lateinischer Sprache mit der Beilage Syllabus in Preßburg erschien. Matthias Bél gilt als “der Hauptvertreter des Pietismus im Karpatenland”. In seiner pietistischen Grundhaltung verstand er sich als “Lingua Slavus, natione Hungarus, eruditione Germanus”, also der Sprache nach Slowake, der Staatszugehörigkeit nach Ungar und der Bildung nach Deutscher. So war er ein Kosmopolit oder dem Verständnis dieser europäischen Region nach ein wahrer Wegweiser tiefster Völkerverständigung.
Lit.: Rudolf Ulreich: Karpatendeutsches Biografisches Lexikon, Herborn, 1988, S. 33-34. – Kautz, Karl: Matthias Bél, der Hauptvertreter des Pietismus im Karpatenland, Karpatenjahrbuch 1976, S. 59/60.
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Matej_Bel
Bilder: Porträt Béls sowie Titelblatt seines Hauptwerkes.
Hans Kobialka