Biographie

Benecke, Berthold Adolph

Herkunft: Westpreußen, Ostpreußen
Beruf: Anatom, Fischereiforscher
* 27. Februar 1843 in Elbing/Westpr.
† 27. Februar 1886 in Königsberg i.Pr.

Berthold Benecke war das älteste von sechs Kindern eines Gymnasialdirektors. 1860 bestand er in der von seinem Vater geleiteten Lehranstalt die Reifeprüfung und nahm ein Jahr später zum Wintersemester 1861/62 in Königsberg das Studium der Medizin auf. Besonders zwei Hochschullehrer prägten damals den jungen Studenten, nämlich der Chirurg Albrecht Wagner und der Botaniker Robert Caspary, den Benecke des öfteren bei wissenschaftlichen Exkursionen – beispielsweise in den Berliner Botanischen Garten – begleitete. Am Ende seines Studiums wurde Benecke am 20. Juli 1866 mit der Dissertation De vi acidi picronitrici physiologica, einer Arbeit über die Pikrinsäure, zum Doktor promoviert. Nach Erhalt seiner Approbation meldete er sich 1867 freiwillig für ein Jahr zum Militärdienst. Seit 1870 wirkte Benecke als Privatdozent und Prosektor unter der Direktion Professor August Müllers an der Anatomischen Anstalt zu Königsberg. Am Deutsch-Französischen Krieg nahm Berthold Benecke als Arzt teil. In die Heimat zurückgekehrt, trat er im Jahre 1871 wieder seine alte Stelle an. Am 5. März 1877 wurde er schließlich zum außerordentlichen Professor ernannt; gleichzeitig erhielt er den Königsberger Lehrstuhl für topographische Anatomie.

Ein wichtiges Arbeitsgebiet Berthold Beneckes war – neben der Entwicklungsgeschichte – die Konstruktion bzw. Verbesserung mikrophotographischer Apparate. Ein herausragendes Verdienst des Forschers ist es, die Bedeutung der Mikrophotographie für die mikroskopische Anatomie – insbesondere für die Erforschung der Ei-Entwicklung – erkannt zu haben. Die neue Technik erlaubte es ihm, schnell und verhältnismäßig einfach naturgetreue Abbildungen zu erhalten. Die Schnelligkeit des Verfahrens ist von überaus großem Vorteil, wenn man Objekte photographisch festhalten will, die sich rasch verändern. In seinen Vorlesungen griff Benecke aus didaktischen Gründen bevorzugt auf Bilderserien zurück, die die verschiedenen aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien in geringen Zeitabständen darstellten; herkömmliche Demonstrationspräparate dagegen stießen bei ihm auf geringeres Interesse. In wissenschaftlichen Zweifelsfällen konnten Mikrophotogramme auf Grund ihrer hohen darstellerischen Präzision oft beweiskräftige Klarheit schaffen.

Ein weiteres Hauptforschungsgebiet Beneckes, auf dem er Herausragendes leistete, war die Entwicklungsgeschichte der Fische und Vögel. 1878 gab er die Monographie Ueber den Vorgang der Befruchtung am Ei der Neunaugen heraus, ein Jahr später zusammen mit Karl Wilhelm Kupffer die Photogramme zur Ontogenie der Vögel. In der zuletzt genannten Schrift wird die Entwicklung des Huhns und des Sperlings in epochemachender Weise abgehandelt: Erstmals wurde eine größere Sammlung von 90 embryologischen Mikrophotogrammen abgebildet und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Darstellungen erregten ein überaus großes Interesse, da die verschiedenen Entwicklungsphasen von Sperling und Huhn teilweise in fünfminütigen Abständen photographiert worden waren und die aufeinanderfolgenden ontogenetischen Stadien beider Vogelarten bildlich gegenübergestellt wurden. Auf Grund eingehender Betrachtung und genauen Vergleichen wurde jetzt die Annahme zur Gewißheit, daß zwischen den Entwicklungsphasen beider Tiere lediglich geringe Abweichungen bestehen. Beneckes Beschäftigung mit der Entwicklung des Eies lenkte seine Aufmerksamkeit sehr stark auf die Fischzucht. Über Jahre hinweg befaßte er sich theoretisch wie praktisch fast ausschließlich mit Fragen aus diesem Fachgebiet. Benecke legte seine diesbezüglichen Forschungsergebnisse in den Schriften Fische Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreußen (1880), Die Teichwirtschaft (1885) und Naturgeschichte und Leben der Fische (1886) nieder. In seiner Heimat förderte er durch zahlreiche populäre Vorträge sowie auf Grund tätiger Mithilfe die Entwicklung der Fisch-, insbesondere der Karpfenzucht.

Längere Reisen führten Benecke auch ins Ausland, so beispielsweise nach Italien – in Neapel besuchte er zweimal die Zoologische Station -, und England, wo er 1883 in London als Delegierter der deutschen Reichsregierung an der Internationalen Fischereiausstellung teilnahm. Während des harten Winters 1885 arbeitete Benecke im norditalienischen Comacchio über die Biologie des Aales und führte seine embryologischen Studien fort. Mit einer ernsten Kehlkopferkrankung, die sich auf Grund der kalten Witterung weiter verschlimmert hatte, kehrte er zu Neujahr 1886 nach Deutschland zurück. Trotz seiner schweren Erkrankung arbeitete er in den folgenden sieben Wochen weiter an seinen wissenschaftlichen Werken und hielt darüber hinaus sogar Vorlesungen. Sein Zustand verschlimmerte sich jedoch derart rasch, daß Berthold Benecke bald darauf – nämlich genau am Morgen seines 43. Geburtstages – dem heimtückischen Leiden erlag. Ein heftiger Blutsturz hatte zu einem plötzlichen Tod geführt.

Werke: Berthold Adolph Benecke: De vi acidi picronitrici physiologica, Königsberg/ Pr. 1866 [Inauguraldissertation]. – Ders.: Die Photographie als Hilfsmittel mikroskopischer Forschung, Braunschweig 1868. – Ders.: Über den Wert der mikroskopischen Photographie für entwicklungsgeschichtliche Arbeiten, in: Wiener med. Z. 22 (1877), S. 396. – Ders.: Ueber den Vorgang der Befruchtung am Ei der Neunaugen, Königsberg 1878. – Ders.: Die ersten Entwicklungsvorgänge am Ei der Reptilien, Königsberg 1878. – Ders. und Karl Wilhelm Kupffer (Hrsg.): Photogramme zur Ontogenie der Vögel ( = Nova Acta der Kaiserl. Leopoldinisch-Carolischen Akademie der Naturforscher, 12), Halle/Saale 1879. – Ders.: Fische, Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreußen, Königsberg 1880. – Ders.: Die Teichwirtschaft. Praktische Anleitung zur Anlage von Teichen und deren Nutzung durch Fisch- und Krebszucht, Berlin 1885. – Ders.: Naturgeschichte und Leben der Fische (= Handbuch der Fischzucht und Fischerei, hrsg. von Max von dem Borne), Berlin 1886.

Lit.: Anonym, in: Mittheilungen der Section für Küsten- und Hochseefischerei [des Deutschen Fischereivereins], Berlin 1886, S. 34. – [ ] Caspary: Benecke, Berthold Adolph, in: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, hrsg. von Franz Hübotter, I, 2. Aufl. Berlin und Wien 1929, S. 453. – Ilse Andres: Der Prosektor Berthold Benecke. Ein Beitrag zur Entwicklung der Mikrophotographie, in: Anatomischer Anzeiger 101 (1954/55), S. 147 -152.

Werner Gerabek