Biographie

Berenz, Adam

Herkunft: Donaugebiet
Beruf: Theologe
* 19. September 1898 in Apatin/Batschka
† 21. Oktober 1968 in Kalotschau/Ungarn

Nach dem Prinzip der „Kollektivschuld“ büßten seit 1944 mehr als 15 Millionen Deutsche in Ostdeutschland und Ostmitteleuropa mit dem Verlust der Heimat, über zwei Millionen sogar mit ihrem Leben für die verbrecherische Politik der Nationalsozialisten. Erst seit dem Film von Steven Spielberg Schindlers Liste wird der Öffentlichkeit wieder etwas mehr bewusst, dass es auch unter den Ostdeutschen und unter den Auslandsdeutschen im Osten Widerständler gegen Hitler gab. Unter den Donauschwaben Jugoslawiens war es vor allem Pfarrer Adam Berenz. Er hatte 1935 in Apatin die katholische Wochenzeitung Die Donau gegründet. Sie konnte zehn Jahre lang erscheinen, bis 1941 in Jugoslawien, dann in Ungarn, als die Batschka nach der Zerschlagung Jugoslawiens 1941 wieder an Ungarn kam, zu dessen Reich der Stephanskrone dieses Gebiet bis 1918 gehört hatte. Adam Berenz und seine Zeitung sind ein Ruhmesblatt in der Geschichte des auslandsdeutschen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, aber leider bis heute fast unbekannt.

Berenz wurde 1898 in Apatin geboren, wo er die Volksschule besuchte. Die Reifeprüfung legte er in Kalocsa ab, in dessen Seminar er auch studierte. Als Priester der durch das Ende des Weltkrieges vom ungarischen Kalocsa abgetrennten neuen Apostolischen Administratur Batschka im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das seit 1929 Jugoslawien hieß, leistete er in verschiedenen Pfarreien Seelsorge, ehe er 1933 Vikar der neu erbauten Herz-Jesu-Kirche in Apatin wurde. Von den 500.000 Jugoslawiendeutschen, die es nach 1918 in dem neuen Staat gab, waren über drei Viertel katholisch. Als sich nach 1933 unter ihnen unter dem Schlagwort „Erneuerungsbewegung“ nationalsozialistisches Gedankengut breitmachte und immer mehr Nationalsozialisten in Führungspositionen der deutschen Volksgruppe gelangten, schuf Pfarrer Adam Berenz ein katholisches Sprachrohr gegen diese „Erneuerer“. Die bedeutendsten Beiträge dieses sonst heute schwer erreichbaren Blattes sind bereits 1968 unter dem Titel Weitblick eines Donauschwaben nachgedruckt worden. Sie verdienen auch heute Beachtung. Außer der Donau erschien damals auch der katholische Jugendruf, der insbesondere die jüngere Generation vor dem Nationalsozialismus warnte.

Zur Gründung der Donau schreibt Adam Berenz selbst: „Als nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich die neuheidnische Weltanschauung zuerst im geheimen (besonders in Ferienlagern), später durch die sogenannte ‚Erneuerungsbewegung‘ durch ihr Kampfblatt ‚Volksruf‘ offen beim Schwabenvolk propagiert wurde, zeigte sich immer deutlicher die dringende Notwendigkeit, daß ein – wenn noch so bescheidenes – Presseorgan gegründet werde, das, die spezielle Mentalität der Deutschen in der Batschka und im Banat berücksichtigend, besonders seine weltanschaulichen Belange wahrnehme. So entstand das katholische Wochenblatt ‚Die Donau‘. Es folgte eine fast zehn Jahre dauernde weltanschauliche Aufklärung des Deutschtums in der Batschka und im Banat und ein erbitterter, kompromißloser Kampf zwischen den Vertretern des nationalsozialistischen Neuheidentums und den Vertretern des katholischen Lagers.“ Erst 1944 musste das Blatt sein Erscheinen einstellen, und zwar auf Druck Berlins gegenüber der ungarischen Regierung.

„Wahrheit und Gerechtigkeit“ gehörten zu den Grundprinzipien, die Adam Berenz stets vor Augen hatte. Immer wieder von deutschen Vertretern verleumdet und angegriffen schrieb er im Jahre 1942: „Wir dienen der Wahrheit. In den Dienst der Wahrheit stellen wir unsere schwachen, menschlichen Kräfte; unseren Verstand, unseren Guten Willen, alle unsere geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Und weil die Wahrheit immer Wahrheit bleibt, sich also niemals ändern kann, darum ist unser Programm stets unverändert das gleiche, unser Ziel immer dasselbe, unser Weg eindeutig klar.“

Diese Wahrheit, die sich die Donau als Leitstern setzte, war oft sehr schmerzlich, weil Berenz die drohende Katastrophe vor­aussah, die seit 1944 gerade die Donauschwaben traf: „Seit Jahren führen wir einen unentwegten Kampf in den Spalten der ‚Donau‘ gegen Strebergestalten, die das hiesige Deutschtum in eine Haltung hineinterrorisieren, die weder seinem wohlbestandenen Interesse, noch seiner Ehre und Vergangenheit, am wenigsten aber seiner Zukunft dienlich ist. Lange hat es gedauert, bis unsere Stimme durchgedrungen ist. Aber die sich immer mehr häufenden Ereignisse im Leben unserer Volksgruppe haben endlich sehr vielen zum Bewußtsein gebracht, daß der Weg der ‚Bewegung‘ eher oder später, aber mit Sicherheit zu einer Katastrophe führen muß!“

Schon früh berichtete die Donau über den Kirchenkampf im Deutschen Reich, z.B. 1938 über die Angriffe gegen Bischof Dr. Sproll von Rottenburg. Die Donau wurde deshalb von den Nazis als Hetzblatt verschrieen, aber sie berichtete nur „über Vorkommnisse, die auch zur Zeit eines offenen Kulturkampfes nicht schlimmer sein könnten“, so Berenz 1938.

„Wir sind zu jedem Opfer bereit, auch zum Opfer unseres Lebens. (N.B.: Man drohte ihm oft, in auf der Straße nachts zu erschlagen.) Wir ziehen es vor, als Herolde der Wahrheit in Ehren zu sterben, als an der Wahrheit Verrat zu üben und so mit Schmach bedeckt das Leben weiterzufristen. Weg mit jeder Zaghaftigkeit, weg mit jeglicher Menschenfurcht, weg mit jeder Feigheit! Nur solange ist unser Leben lebernswert, solange wir im Dienste der Wahrheit stehen.“

Offen war seine Sprache auch gegen Rassenideologie und gegen die Lehre vom Herrenmenschen. In zahlreichen Beiträgen wandte sich die Donau gegen Rosenbergs „Mythos des 20. Jahrhunderts“. Auch der Jugendruf, der ebenfalls 10 Jahre hindurch Wegweiser für die jungen Donauschwaben war, leistete dazu seinen Beitrag. Aber trotzdem verfielen alle Jugoslawiendeutschen 1945 der Entscheidung Titos, sie als Volksgruppe zu vertreiben. Adam Berenz wurde 1944 nach der Kapitulation Ungarns in seinem Pfarrhaus in Apatin verhaftet und ins Lager nach Batschka Topola (Bačka) und von dort in das Gestapo-Gefängnis nach Sombor überführt. Auf die energische Intervention des ungarischen Erzbischofs von Kalocsa hin wurde er freigelassen und in den Sitz des Erzbischofs nach Kalocsa gebracht. Hier blieb er auch nach dem Kriege, ohne je nach Apatin zurückzukehren. 1957 wurde er Prediger an der Domkirche in Kalocsa und trat bei den Franziskanern ein. Er starb am 21. Oktober 1968. Ausgewiesene und vertriebene Donauschwaben, die ihn gekannt hatten, veröffentlichten nach seinem Tode in einem Sammelband wichtige Beiträge aus der Donau und stellten das Werk von Pfarrer Berenz in kurzen Beiträgen vor. Nach dem Ende Jugoslawiens wurde in Apatin der Kulturverein Adam Berenz gegründet, das Pfarrhaus wurde ein Kulturzentrum für die deutsche Minderheit.

Lit.: Michael Merkl, Weitblick eines Donauschwaben. Widerstand gegen nationalsozialistische Einflüsse unter den Donauschwaben Jugoslawiens und Ungarns 1935 bis 1944, Dieterskirchen 1968.

Bild: Deutscher Bürgerverein Adam Berenz.

Rudolf Grulich