Biographie

Bergmann, Ernst von

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Chirurg
* 16. Dezember 1836 in Rigasch-Krone
† 26. März 1907 in Wiesbaden

Zu den bedeutendsten Gelehrten, die aus der Universität Dorpat hervorgegangen sind und an ihr gelehrt haben, gehört der Chirurg Ernst von Bergmann. In Riga als Sohn eines Pastors geboren, besuchte er das Livländische Landesgymnasium in Birkenruh, studierte von 1854-1860 an der Universität Dorpat Medizin, wo er (1860) zum Dr. med. promovierte und Assistent an der Chirurgschen Klinik wurde. Er war von 1864-1871 Privatdozent der Chirurgie in Dorpat, wurde 1865 ins Ausland abkommandiert und ging 1866 als Kriegschirurg nach Böhmen. Er nahm 1870/71 am deutsch-französischen Krieg als leitender Chirurg teil. Von 1871-1877 war Bergmann ordentlicher Professor der Chirurgie in Dorpat. Er wurde zum Wirklichen Staatsrat ernannt und nahm 1877 als Konsultant-Chirurg der russischen Donau-Armee am russisch-türkischen Kriege teil. 1878 verließ Bergmann seine baltische Heimat; er wünschte sich aus den russischen Verhältnissen heraus, denn, so sagte er, es bestehe zwischen den Anschauungen eines Deutschen und eines Russen, zwischen Pflichtbewußtsein und Arbeitsweise eine nicht zu überbrückende Kluft. Dennoch wurde ihm der Abschied von der Heimat nicht leicht. Er ging zunächst nach Würzburg, wo er von 1878-1882 als Ordinarius der Chirurgie an der dortigen Universität, deren Rektor er auch war, und als Oberwundarzt des Julius-Spitals gewirkt hat. 1882 wurde er als ordentlicher Professor der Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik nach Berlin berufen.

Bergmann war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Berliner Medizinischen Gesellschaft, deren Ehrenpräsident er 1906 wurde, Vorsitzender der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Nürnberg, Bayerischer und Preußischer General-Arzt, Ehrendoktor der Universitäten St. Louis und Edinburgh sowie Ehrenprofessor der Medizinischen Fakultät in Kostantinopel. Bergmann, der sich bleibende Verdienste um die Einführung der Asepsis in die Chirurgie und als Begründer der Hirnchirurgie erworben hat, wurde besonders bekannt durch seine richtige Diagnose bei der zum Tode führenden Krankheit des damaligen Kronprinzen und Kaisers Friedrich III. Die von ihm als lebensrettend erkannte und geforderte Operation des Patienten unterblieb, der Kaiser starb.

Konsultationsreisen führten Ernst von Bergmann nach St. Petersburg und Moskau, nach Konstantinopel und Spanien, in verschiedene Städte des In- und Auslandes. Kaiser Wilhelm II. verlieh ihm den Hohenzollernorden und berief ihn zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses. Ernst von Bergmann, der in Berlin die „Rettungsgesellschaft für Erste Hilfe und Bergung von Kranken“ gegründet hat, sagte aus Anlaß seines 70. Geburtstages in einer Dankesrede u.a.: „Wenn ich etwas geleistet habe, so lag es in der Liebe zur Kunst, der eines Chirurgen und Arztes. Diese Kunst habe ich geliebt und verehrt, mit jedem Jahrzehnt meines Lebens mehr. Ich liebe sie desto aufrichtiger und inniger, je weniger ich meine Arbeit und Leistung anschlage. Ich gehöre nicht zu jenen, die schieben, wohl aber habe ich mich gern und dankbaren Herzens schieben lassen. Ich wurde der Chirurgie zugeschoben und habe das nie bereut.“

Ernst von Bergmann heiratete in erster Ehe in Dorpat (1866) Hildegard Adelmann (+ 1868) und nach deren Tode Pauline Asbrand, genannt von Porbeck (1871). Aus dieser Ehe stammt Gustav von Bergmann, geboren am 24. Dezember 1878 in Würzburg, der durch bahnbrechende Forschungen auf dem Gebiet der Inneren Medizin und der Wechselbeziehungen zwischen Leib und Seele (die nicht zu trennen sind) Weltruf erlangt hat. Ernst von Bergmann starb in Wiesbaden am 25. März 1907. Unter seinen zahlreichen fachwissenschaftlichen und populären Schriften verdienen besondere Erwähnung „Die Lehre von den Kopfverletzungen“ (1880) und „Die chirurgische Behandlung der Hirnverletzungen“ (1888).

Lit.: Deutsch-Baltisches Biographisches Lexikon 1710-1960. Köln/Wien 1970; Alice Freifrau v. Brand, geb. v. Bergmann: Ernst v. Bergmann (1836/1907). Baltisches Erbe, Bd. I, hrsg. v. Erik Thomson, Frankfurt/Main 1964.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Bergmann

Erik Thomson