Biographie

Besch, Otto

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Theologe, Musikkritiker, Komponist
* 14. Februar 1885 in Neuhausen, Königsberg i.Pr.
† 2. Mai 1966 in Kassel

Der Komponist und Musikkritiker Otto Besch wird von seinem Fachkollegen und Freund Erwin Kroll in dessen Geschichte „Musikstadt Königsberg“ so charakterisiert: „Für mich steht fest: Besch wird als der bedeutendste ostpreußische Komponist der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Musikgeschichte eingehen, und mehr als das: Er hat durch seine Musik ein Stück verlorener Heimat für uns, für unsere Herzen gerettet.“ Mit dieser Feststellung sind zwei der wesentlichsten Züge des Menschen Besch und seines künstlerischen Werkes angesprochen.

Mit Ausnahme einiger Studienjahre in Berlin hat Besch seine Heimat Ostpreußen bis zum 60. Lebensjahre nicht für längere Zeit verlassen, bis er mit seiner Familie aus dem bereits zerstörten Königsberg dem herannahenden Feind über die Ostsee entkam. Etwa 400 Jahre mußten vergehen, bis in Ostpreußen ein Musiker wirken konnte, dessen künstlerischer Ruf die Grenzen seiner Heimatlandschaft überschritt, ohne daß er sie verlassen hätte. Alle anderen bedeutenden ostpreußischen Komponisten haben ihren gewichtigen Beitrag zur deutschen Musikgeschichte gleichsam als Auswanderer in deutschen Musikzentren oder sogar vom Ausland her geleistet. Die literarischen Selbstzeugnisse von Otto Besch wie seine Kompositionen beweisen die enge Verflechtung seines Lebenswerkes mit diesem eigenartig schönen Land an der Nordostgrenze Deutschlands. Dem sensiblen Künstler erwachsen die musikalischen Einfälle aus tiefwirkenden Naturerlebnissen im Samland, auf der Kurischen Nehrung, aber auch als Bewohner der Stadt Königsberg mit ihrer reizvollen ländlichen Umgebung, in der sein Geburtshaus, das Pfarrhaus in Neuhausen, steht. Hier, im Paradies seiner Kinderjahre, empfängt er bereits tiefe Eindrücke durch die Stille und Einfachheit, aber auch durch die unendlich erscheinende Weite seiner Umwelt, in der nur die Naturgewalten zu regieren scheinen. Später übt die Dichtung ostpreußischer Menschen, denen er vor allem in Königsberg freundschaftlich begegnet, eine nicht geringe Wirkung aus. All das schlägt sich deutlich in seinen Kompositionen nieder; auch die Tatsache, daß er zunächst auf Drängen seiner Familie ein Theologiestudium mit dem Abschluß des Pfarrexamens absolviert. So entstehen immer wieder Klavierlieder, vor allem auf Texte ostpreußischer Dichter, so erklärten sich z.B. die Adventskantate auf Texte der Bibel und Werke für Orgel, die von seiner religiösen Einstellung zeugt, wie auch das 1933 uraufgeführte „Requiem“. Kompositionen wie: Kurische Suite, Ostpreußische Tänze, Ostmark-Ouvertüre, Ostpreußisches Bilderbuch, Samländische Idylle, Aus einer alten Stadt, sprechen für seine tiefe Bindung an die ostpreußische Heimat. Bekannt wurde er als Komponist mit einem Schlage durch seine E.T.A. Hoffmann-Ouvertüre, die später zu einer noch nicht aufgeführten Hoffmann-Oper ausgebaut wurde. Kompositionen für Klavier, Kammermusik verschiedener Besetzung, darunter drei bedeutende Streichquartette, Orchesterwerke von kleinerer Besetzung bis zur Sinfonietta für großes Orchester beweisen die Spannweite dieses Schaffens, das heute in Vergessenheit zu geraten droht. Nach dem Krieg war die Basis seines kompositorischen Lebenswerkes zerstört. Zahlreiche bekannte Dirigenten, die sich vor dem Kriege und auch noch während der Kriegszeit für seine Werke in vielen Aufführungen eingesetzt hatten, waren aus dem Konzertleben abgetreten oder mußten erst selbst wieder mühsam Fuß fassen, ja lebten inzwischen im Ausland wie etwa Hermann Scherchen. Als ihre vordringliche Aufgabe sahen sie es nun – mit Recht – an, den Anschluß des deutschen Musiklebens an das der lange versperrten Außenwelt wieder herzustellen. Auch die stilistische Entwicklung ging andere Wege, denen sich Besch von Anfang an nicht angeschlossen hatte. Seine ursprünglich impressionistische Klangsprache wandelte sich zu einer herben Linearität, besonders in den Werken, die nach dem Krieg entstandensind.

So bleibt heute im nachgelassenen Werk von Otto Besch viel Wertvolles neu zu entdecken und wieder zu beleben. Die Insellage Ostpreußens vor dem Krieg wirkte sich auf die Erhaltung dieses Werkes in schwerwiegender Weise aus. Der Lebensgang des Komponisten ist wegen seiner Bodenständigkeit schnell skizziert: Am 14. 2.1885 in Neuhausen bei Königsberg geboren, erhielt er im Elternhause reiche musikalische Anregungen. In Königsberg besuchte er das Wilhelmsgymnasium bis zum Abitur, studierte an der Universität Theologie bis zum Abschlußexamen. Bei Otto Fiebach begann er mit musikalischen Studien, setzte sie ab 1910 in Berlin bei Philipp Rufer fort und schloß sie als Meisterschüler bei Engelbert Humperdinck ab.

In Königsberg beginnt er 1918 seine berufliche Tätigkeit als Musikkritiker, die er bis in die Kriegszeit hinein an bekannten Zeitungen ausübte. Zeitweise lehrte er Musiktheorie an einem der beiden Konservatorien. Freier Mitarbeiter beim Rundfunk. 1945 Flucht nach Dänemark, dort Internierung bis 1947. Dann in Hamburg beim NDR und als Musikkritiker beschäftigt.

1959 erfolgt der Umzug nach Kassel, wo er am 2. 5.1966 stirbt. Sein Nachlaß wird dort von seiner Frau Erika betreut, die er im Jahre 1923 ehelichte und die ihn durch alle Fährnisse des Lebens, besonders in Krieg, Flucht und Internierung und in den Jahren des Neuanfangs begleitete.

Lit.: Otto Besch „Erinnerungen“ (Selbstdarstellung) Privatdruck, Kassel 1973; Erwin Kroll: Musikstadt Königsberg, Freiburg i. Br. 1966; Lexika: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG) Bd. 15, Riemann Musiklexikon, Mainz 1959; ferner: H. Simbriger: Werkkatalog zeitgenössischer Komponisten aus den deutschen Ostgebieten, dazu Ergänzungsbände; Esslingen.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Besch

Gotthard Speer