Biographie

Bethe, Erich

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Herkunft: Pommern
Beruf: Altphilologe
* 2. Mai 1863 in Stettin/Pommern
† 19. Oktober 1940 in Leipzig

Die Helden des griechischen Epos lernte Erich Bethe als Kind kennen, wofür er seiner Mutter, einer Nichte des Schriftstellers Friedrich Gerstaecker, zeitlebens dankbar blieb. Dem kindlichen Interesse an Erzählungen über vergangene Taten folgte später die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Mythos und Sage der alten Griechen. Sein Vater war ein in Stettin angesehener Arzt, dessen Beruf seine zwei Brüder nachfolgten. Daneben besaß er noch eine Schwester. Nach dem Besuch des Stadtgymnasiums in Stettin ging er zunächst mit noch unsicherem Studienziel nach Bonn (Ostern 1882), wo ihn die romantischen Burgen und Kirchen des Rheinlandes mehr als die Vorlesungen lockten. Im Herbst des gleichen Jahres unterbrach er das Studium, um in Greifswald seiner einjährigen Dienstpflicht als Soldat nachzukommen. Die Militärzeit blieb ihm immer in guter Erinnerung, und er leistete später gern seine Übungen als Reserveoffizier ab. Im 1. Weltkrieg diente er als Oberleutnant bei einem Leipziger Ersatzbatallion.

Das Studium nahm er in Göttingen wieder auf, wohin der damals bekannteste Philologe, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, gerade berufen worden war. Dieser gewann Bethe endgültig für die klassische Philologie und betreute seine Dissertation (1887). Dafür wählte Bethe – wie auch für die 1891 in Bonn angenommene Habilitationsschrift – ein mythologisches Thema.

Nach Stationen in Rostock als außerordentlicher Professor (1897), Basel (1897) und in Gießen (1903-1906) als ordentlicher Professor wurde Bethe auf den angesehenen Lehrstuhl in Leipzig berufen, den er bis zu seiner Emeritierung (1931) innehatte. Die Aufnahme in die dortige Akademie der Wissenschaften erfolgte schon in seinem zweiten Leipziger Jahr (1907).

In Leipzig entstanden seine großen Werke. Die Thesen seiner wissenschaftlichen Untersuchungen über die Entstehung der unter dem Namen Homer überlieferten Epen „Ilias“ und „Odyssee“ und zum griechischen Theaterwesen, die zu sehr darauf angelegt waren, aus dem Schatten seines Lehrers Wilamowitz herauszutreten, haben sich schon zu seinen Lebzeiten nicht immer durchsetzen können. Auch auf der persönlichen Ebene zerbrach das Verhältnis zu Wilamowitz. Von bleibendem Wert ist die entsagungsvolle Arbeit an der Herausgabe eines wichtigen antiken Lexikons (Pollux; 1900 bis 1937). Seine Stärke bestand in der Darbietung des Stoffes vor größerem Publikum, woraus manches auch heute noch sehr lesenswerte Buch entstanden ist.

Als vorbildlich ist zu bewerten, daß Bethe alle künstlerischen Schöpfungen einer Epoche heranzog, also Philologie und Archäologie miteinander zu verbinden suchte. Eine Frucht solchen Bemühens ist – neben seiner Literaturgeschichte „Griechische Dichtung“, die in bis heute unerreichtem Maße den darstellenden Text durch Abbildungen zu illustrieren suchte – sein Alterswerk „Buch und Bild im Altertum“, das sich der antiken Buchillustration widmete. Dabei konnte er auch eigene Entdeckungen von Handschriften mit Abbildungen aus der Zeit seiner Reisen in die Länder der antiken Zivilisation (1888 bis 1891) verwerten. Doch Bethes Interesse galt nicht nur seiner Arbeit, sondern auch dem zeitgenössischen kulturellen Geschehen. Besonders der Musik war er sehr zugetan; er spielte sogar die zweite Geige in einem Streichquartett. Verheiratet war er seit 1897 mit der Malerin Margarete Loewe (+ 1932).

Die letzten Jahre brachte er unter schweren Leiden an Asthma und Gicht zu, wobei er nicht ohne Humor ein Buch seinen behandelnden Ärzten widmete, in dem er „vom Ufer des Acheron“ (Fluß der Unterwelt) grüßte (1933). Durch einen unglücklichen Sturz brach ein Schenkelhals und damit wurde Bethes Lebenswille gebrochen (19. Oktober 1940).

Wegen seiner Gesichtszüge, des Spitzbarts und der oft blitzenden Augen konnte er etwas Satyrhaftes haben. Im Grund war er eine liebenswerte, harmonische, auch künstlerisch stark veranlagte Natur“ (Kern). Im politischen Bereich ist festzuhalten, daß Bethe den Frieden von Versailles, den er oft mit scharfen Worten geißelte, als eine große und unverdiente Belastung empfand. Wenn er auch häufig einen größeren Hörer- und Leserkreis suchte, betonte er dennoch den elitären Charakter der Wissenschaft. Ihre Aufgabe, zu geistiger Freiheit zu erziehen, könne sie jedoch nur dann erfüllen, wenn der wissenschaftliche Betrieb nicht von anderer Seite eingeschränkt würde.

Werke (Auswahl): Homer. Dichtung und Sage, 3 Bde. 1914-1927. Griechische Dichtung, 1924. Tausend Jahre altgriechischen Lebens, 1933. Ahnenbild und Familiengeschichte bei Römern und Griechen, 1935. Buch und Bild im Altertum, hrsg. v. E. Kirsten, 1945.

Lit.: Otto Kern, Erich Bethe, in: Gnomon 17,1941,142-144. Alfred Körte, Worte zum Gedächtnis an Erich Bethe (1863-1940), in: Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-hist. Kl. 94 Bd. 1942, 3. Heft, 1-8.