Biographie

Bielz, Julius

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Kunsthistoriker, Volkskundler, Museologe
* 18. März 1884 in Orlat bei Hermannstadt
† 9. Juni 1958 in Hermannstadt/Siebenbürgen

Von der Ausbildung und seinem ersten Beruf her war Julius Bielz Jurist und Staatsbeamter; einen Platz in der siebenbürgisch-sächsischen Kulturgeschichte hat er sich aber als Kunsthistoriker, Volkskundler und Museologe erworben. Bei der Gedenkfeier zu seinem 100. Geburtstag (1984) in Gundelsheim sprach Dr. Horst Moefert in seinem Festvortrag von einem „Bielz-Effekt“, der darin bestehe, dass es in der Bielz-Familie in jeder Generation jeweils einen Repräsentanten gab, dessen beachtenswerte Leistungen für die siebenbürgische Gemeinschaft nicht in dem erlernten und ausgeübten, sondern im Nebenberuf erfolgte. Moefert nennt als Beispiele den Theologen und Pfarrer Michael Bielz (1787-1886), der als Lithograph und Herausgeber der Zeitschrift Transsylvania bekannt wurde sowie dessen Sohn Eduard Albert Bielz (1827-1898), der Jurist war, jedoch als Naturforscher berühmt wurde.

Julius Bielz wurde am 18. März 1884 in Orlat bei Hermannstadt als Sohn des Arztes Julius Friedrich Bielz (1856-1927) und dessen Ehefrau Bertha, geborene Rannicher (1863-1925) geboren. Nach Abschlussdes Gymnasiums in Hermannstadt studierte er an der Rechtsakademie von Kecskemet und an den Universitäten von Berlin, München und Klausenburg. An der letztgenannten Universität promovierte er 1907 zum Dr. rer. pol. 1908 trat er in den Staatsdienst, zunächst am königlich-ungarischen Gerichtshof von Hermannstadt, wechselte aber schon nach einigen Monaten zum österreichisch-ungarischen Obersten Staatsrechnungshof in Wien, wo er zum Hofrat aufstieg. Von 1914-1918 kam er während des Weltkrieges seiner Militärpflicht nach. Von 1919-1924 wirkte er in Wien, Budapest und Rom als rumänischer Vertreter in der Liquidierungskommission bei verschiedenen Verhandlungen zur Regelung von Angelegenheiten, die sich aus der Auflösung der österreichischen Monarchie ergaben. Dann kehrte er nach Hermannstadt zurück, bekleidete vorübergehend die Stelle eines Sektionsrates der neu gegründeten Hermannstädter Handels- und Gewerbekammer, um sich dann dem Brukenthalmuseum und der Forschung zu widmen. Damit gab er seinem Leben eine neue Wende, die zu dem eigentlichen fruchtbaren Abschnitt seines Schaffens überleitete. Gestützt auf eine gesicherte Existenz, konnte er sich seinen Neigungen hinwenden, zumal er unverheiratet blieb. Nachdem er 1926 dem Kuratorium des Brukenthalischen Museums eine Denkschrift für die Neugestaltung des Museums überreicht hatte und auch mit der Durchführung betraut wurde, folgte 1927 die Ernennung zum ehrenamtlichen Kustos des Museums.

Im Jahre 1928 übernahm Rudolf Speck als erster hauptamtlicher Direktor die Leitung des Museums, das sich unter seiner Leitung zu einer wissenschaftlichen Anstalt von europäischer Geltung und zum bedeutendsten Museum der Südostdeutschen entwickelte. Die Bibliothek des Museums wurde zum Mittelpunkt eines repräsentativen Kulturinstituts der Deutschen in Rumänien. Zu dieser Entwicklung hat Bielz als produktiver Mitarbeiter wesentlich beigetragen. Er widmete sich vor allem der Volkskunst, deren Sammlungen neu- und umgestaltet wurden. Er legte außerdem eine Sammlung kirchlicher Altertümer an. Für beide Sammlungen verfasste er Museumsführer. Allmählich weitete er seine volkskundlichen und kunstgeschichtlichen Studien auf weitere Gebiete aus, wobei er den siebenbürgisch-sächsischen Trachten, der Goldschmiedekunst, der Töpferkunst, den bemalten Kacheln, den bäuerlichen Möbeln und deren Bemalung und dem sonstigen Kunsthandwerk eine besondere Aufmerksamkeit widmete. Er nahm sich auch der Klärung zahlreicher anderer Fragen an, so der Identifizierung von Porträts von Künstlern und anderer Persönlichkeiten oder einzelner Kunstwerke. Auch Bauwerke beschäftigten ihn.

Julius Bielz hat sodann mehrere führende Ehrenämter im deutschen Kulturleben innegehabt und diesem fördernde Impulse verliehen. 1927 übernahm er den Vorstand des Sebastian-Hann-Vereins für heimische Kunstbestrebungen, 1930 gehörte er zu den Gründern der Gesellschaft der Freunde des Baron Brukenthalischen Museums und wurde auch deren Präsident, 1937 traute man ihm den Vorsitz der Deutschen Theatergemeinschaft in Rumänien an; seit 1933 gehörte er dem Ausschuss des Vereins für siebenbürgische Landeskunde an; von 1937 bis 1940 leitete er als Vorsitzender den Kulturrat der Deutschen Volksgemeinschaft in Rumänien. Von 1931 bis 1947 erschien unter der Redaktion von Bielz und Rudolf Speck die Zeitschrift Mitteilungen aus dem Baron Brukenthalischen Museum, in der er auch zahlreiche Beiträge veröffentlichte.

Eine entscheidende Zäsur in der Geschichte des Museums brachte der politische Umsturz in Rumänien vom 23. August 1944, dem die Verfolgung, Diskriminierung, Enteignung und Deportation von Deutschen folgte. Für einige Jahre verstummte das deutsche Kulturleben. Das Brukenthalmuseum konnte trotzdem auch unter diesen schwierigen Bedingungen noch einige Jahre bestehen. 1946 und 1947 erschien noch je ein Band der Mitteilungen des Museums. Außer den Kirchlichen Blättern waren sonst alle deutschen Zeitungen und Zeitschriften verboten worden. 1945 wurde Bielz vom evangelischen Presbyterium Hermannstadt in die neu eingerichtete Stelle eines akademischen Kustos des Museums berufen. Im Jahre 1948 folgte die Enteignung und Verstaatlichung des Museums, das laut Testament von Brukenthal der evangelischen-sächsischen Kirche in Hermannstadt gehörte. Direktor Rudolf Speck wurde von den kommunistischen Machthabern verhaftet, und er ist im Gefängnis 1953 verstorben. Das Museum erhielt eine vom sozialistischen Staat ernannte Direktion und vor allem rumänische Mitarbeiter. Bielz war es vergönnt, als Angestellter weiterhin im Museum zu bleiben und wissenschaftlich und publizistisch tätig zu sein. Als in den fünfziger Jahren die speziellen Repressionsmaßnahmen gegen die Deutschen eingestellt wurden, wurde er 1955 sogar zum Abteilungsleiter und stellvertretenden Direktor des Museums ernannt. In Hermannstadt wurde ferner eine deutsche Forschungsabteilung der Klausenburger Zweigstelle der Akademie der Wissenschaften eröffnet und Bielz als Mitarbeiter in die Sektion für Gesellschaftswissenschaften aufgenommen. Seine Arbeiten gehörten in jenen Jahren zu den wenigen landeskundlichen Veröffentlichungen über die Deutschen in Rumänien und er selbst zu den wenig noch tätigen Wissenschaftlern. Er hat in den fünfziger Jahren den rumänischen Kunsthistoriker und das Akademiemitglied George Oprescu auf die siebenbürgischen Kirchenburgen aufmerksam gemacht und diesen auf dessen Dokumentations- und Feldforschungsreisen begleitet. Das Ergebnis war ein Buch von Oprescu über die Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen in rumänischer Sprache (Bisericile cetăţi ale saşilor din Areal), in dem der Verfasser nicht nur auf den hohen Wert dieser Denkmäler hinwies, sondern auch die Tüchtigkeit und den Gemeinschaftssinn der Sachsen lobte. Das war in jener Zeit eine wichtige moralische Aufmunterung für die nach dem Krieg so hart getroffenen und diffamierten Deutschen Rumäniens.

Dieser segensreichen Arbeit wurde Bielz unerwartet entrissen, als er am 9. Juni 1958 während eines Konzertes an Herzversagen zusammenbrach und verstarb. Er wurde am 11. Juni in Hermannstadt auf dem Zentralfriedhof beerdigt.

Das Werk von Bielz zählt etwa 100 veröffentlichte, wissenschaftliche Abhandlungen und Mitteilungen. Mehrere Ausstellungen verdanken seiner Initiative und Durchführung ihr Entstehen. Nicht zuletzt war Bielz ein bedeutender Sammler von Gegenständen siebenbürgischer Kunst, wodurch er den geerbten Bestand um beachtliche Stücke vermehrte. Diese reiche Sammlung hat er dem Brukenthalmuseum übergeben. Seit 1997 bildet sie im so genannten „Schatzkästlein“ auf dem Kleinen Ring in Hermannstadt mit anderen Sammlungen den Grundbestand des „Sächsischen Volkskundemuseums Emil Sigerus“.

Das Brukenthalmuseum ist 2006 dem rechtmäßigen Eigentümer – das ist die Evangelische Kirche in Rumänien – zurückerstattet worden.Im Frühjahr des Jahres 2007 wurde im Rahmen der Veranstaltungen der Europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt im Friedrich-Teutsch-Haus eine Ausstellung„Sammlungen und Sammler“ gezeigt, angefangen mit Samuel Brukenthal, fortfahrend mit Emil Sigerus, Julius Bielz, Helmut Klima, Karl Engber, Horst Klusch, Mircea Braga und Ilie Moise.

Werke (Auswahl): Siebenbürgisch-sächsische Volkskundereise durch Deutschland. Sonderdruck aus dem Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt, Hermanstadt 1927. – Die Sammlung heimischer Altertümer des Baron Brukenthalischen Museums, in: Ostland, Hermannstadt, Nr. 3, 1928, S. 247-250. – Führer durch die volkskundliche Sammlung des Baron Brukenthalischen Museums, Hermannstadt 1928. – Führer durch die Sammlung kirchliche Altertümer des Baron Brukennthalischen Museums. Hermannstadt, 1929. – Das Werk des Sebastian Hann, in: Mitteilungen des Baron Brukenthalischen Museums (hinfort abgekürzt: Mitteilungen), Nr. 2, 1932, S. 37-42. – Porträtkatalog der Siebenbürger Sachsen, in: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde, Hermannstadt, Bd. 49, 1936, S. 1-100; auch als Sonderdruck, Leipzig-Hamburg 1936. – 150 Jahre deutsches Theater in Hermannstadt, in: Deutsche Kultur in der Welt, Bd. 16, 1939, S. 39-44. – Die volkstümliche Möbelmalerei der Siebenbürger Sachsen, in: Klingsor, Kronstadt, Heft 16, 1939, S. 268-271. – Das deutsche Kunsthandwerk in Siebenbürgen, in: Deutsche Leistungsschau /auf der 9. Hermannstädter Mustermesse, Hermannstadt, 1941. – Schrifttum zur Kunst in Siebenbürgen. Krakau 1943. – Siebenbürgische Exlibris des 16. Jahrhunderts, in: Mitteilungen, Leipzig, Nr. 2, 1947, S. 43-45. – Die Graphik in Siebenbürgen, in: Mitteilungen, Nr. 1, 1947; als Sonderdruck Kronstadt 1947, – Die sächsische Goldschmiedekunst Siebenbürgens, Bukarest 1957. (Erschien auch in rumänischer, englischer, französischer und russischer Sprache.). – Die Volkstracht der Siebenbürger Sachsen, Bukarest 1957 (Erschien auch in rumänischer Sprache).

Lit.: Hermann A. Hienz (Hrsg), Julius Bielz, in: Beiträge zum Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, Folge 6, 1982, S. 100-114 (= Beilage zur Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, Köln-Wien, Heft 2, 1982). Erfasst außer der Biographie über Bielz 19 Titel mit Literatur über ihn, 100 Titel von Werken, 12 Titel mit Verschiedenes, 17 von Manuskripten, 39 von Vorträgen und 13 mit Besprechungen. – Rudolf Speck, Dr. Julius Bielz, Präsident der Gesellschaft der Freunde des Brukenthalischen Museums, 60 Jahre alt, in: Mitteilungen, Nr.9/10, 1944, S. 7-8. – Harald Krasser, Julius Bielz. Ein Lebenswerk im Dienste unserer Kunst- und Volkskundeforschung, in: Hermannstädter Zeitung, 1968, Nr. 21. – In memoria Dr. Julius Bielz. Die Gedenkfeier zu seinem 100. Geburtstag, in: Siebenbürgische Zeitung, München, 31.3.1984, S. 4. – Julius Bielz, in: Stefan Stefănescu (Hrsg.), Enciclopedia istoriografiei româneşti, Bucureşti, 1978, S. 60. – Julius Bielz, in: Walter Myß (Hrsg.), Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Innsbruck 1993, S. 52.

Bild: Lexikon der Siebenbürger Sachsen.

Michael Kroner