In Julius Bielz fließen Erbströme zweier Familien zusammen, die im Hermannstadt des 19. Jahrhunderts Klang und Namen hatten. Der Urgroßvater, Michael Bielz, eröffnete 1822 die erste Lithographische Anstalt Siebenbürgens in Hermannstadt, damit wurde die Erfindung des in Prag geborenen Alois Senefelder, der Steindruck, auch in Siebenbürgen bahnbrechend. Unter seinen Großvätern war der eine, Eduard Bielz, ein über die Grenzen seiner engeren Heimat anerkannter Naturforscher; der andere, Jakob Rannicher, im k.k. Verwaltungsdienst bewährt, gilt als Mitschöpfer der 1861 ins Leben getretenen, neuen Verfassung der evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen. Bielz hat sein Studium an der ungarischen Rechtsakademie in Kecskemet begonnen und an den Universitäten von Berlin, München und Klausenburg fortgesetzt, wo er 1907 zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert. Ab Herbst 1908 am gemeinsamen Österreich-ungarischen Obersten Staatsrechnungshof beschäftigt, steigt er dort zuletzt zum Hofrat auf. Dazwischen liegt ein voller Einsatz im Ersten Weltkrieg als Hauptmann der Reserve. Nach dem Zusammenbruch wird er in die rumänische Liquidierungskommission für Angelegenheiten der aufgelösten Monarchie berufen und der Gesandtschaft des neuen Rumänien in Wien zugeteilt. Auf den zahlreichen Tagungen und in den Verhandlungen dieser Kommission, auch in internationalen Bereichen, wo vielfach um Kunstgegenstände und Archivbestände gerungen wurde, empfängt er neue Denkanstöße, die ihn veranlassen, nach Auflösung dieser Kommission im Jahr 1924 aus dem Staatsdienst zu scheiden.
Es ist ein entscheidender Entschluß, den er damit im Alter von 40 Jahren faßt, und er hat seinem Leben eine Wende gegeben, die zu dem eigentlich fruchtbaren Abschnitt seines Schaffens hinüberleiten sollte. Denn eine gesicherte Existenzgrundlage macht es Bielz möglich, sich nunmehr ganz seinen inzwischen ausgereiften Neigungen zum vertieften Eindringen in Volkskultur und Kunsthandwerk des Siebenbürger Sachsentums hinzugeben. Das Baron Brukenthalische Museum mit seinen reichen Sammlungen, den bedeutendsten Siebenbürgens, zieht ihn völlig in seinen Bann. 1927 wird er zum ehrenamtlichen Kustos an diesem Museum berufen und geht damit eine Bindung ein, der er sich bis zu seinem jähen Ende in seltener Treue verpflichtet wußte. Mit dem 1928 eingesetzten neuen Museumsdirektor, Dr. Rudolf Spek, bahnt sich rasch eine sich glücklich ergänzende Arbeitsgemeinschaft an, und Bielz nimmt an der nunmehr zielbewußt aufgenommenen Neugestaltung des Museums den ihm gemäßen Anteil. Sein Interesse ist in erster Reihe und vornehmlich auf die Sachgüter ausgerichtet. Unter seiner fachkundigen Leitung wird die große volkskundliche Sammlung völlig um- und neugestaltet. Er ist es auch, der die Sammlung kirchlicher Altertümer neu schafft. Und für beide Sammlungen schreibt er vielbeachtete „Führer“, die vorbildlich wirken. Sein ständig sich erweiterndes und sich vertiefendes Wissen um die Kunst- und Sachkulturbestände legt er im Lauf der Jahre in über hundert wissenschaftlichen Untersuchungen und Abhandlungen nieder, die in ihrer breiten thematischen Streuung von der Vielseitigkeit seines Forschens ebenso zeugen wie von der Weite seines Horizontes.
Darüber hinaus steht Julius Bielz in den dreißiger und beginnenden vierziger Jahren im Brennpunkt des gesamten Kulturlebens seiner Vaterstadt: Vorstand des Sebastian-Hann-Vereins für heimische Kunstbestrebungen, Gründungspräsident der Gesellschaft der Freunde des Baron Brukenthalischen Museums, Ausschußmitglied des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, Vorsitzender der Deutschen Theatergemeinschaft in Rumänien, Kulturrat usw. – eine Fülle von Ehrenstellen und Ämtern, die ihm zuteil wird und der er sich hingebend annimmt.
Über allem aber steht der Mensch mit seinem bezwingenden Charme wienerischer Prägung, dessen Zauber sich niemand entziehen kann, vornehm zurückhaltend und wiederum hilfsbereit und entgegenkommend gegen jedermann. In seinem behaglichen Heim in der Heltauergasse 25, seit 1822 im Besitz der Familie Bielz, das mit seinen eigenen Sammlungen ein Museum in nuce war, hält er, der unverheiratet geblieben ist, ein offenes Haus. 1930 war seine Schwester Erna Baronin Bedeus von Scharberg mit ihrer Tochter Ingrid (später als stellvertretende Bundesvorsitzende und Kulturreferentin der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen tätig) zu ihm gezogen. Und es gibt in diesen Jahren kaum einen Gelehrten oder Künstler von Ruf, der bei einem Besuch Hermannstadts nicht seine Gastfreundschaft genossen hätte. Er war stellvertretender Direktor des Brukenthalmuseums, als ihn 1958 der Tod überraschte.
Werke: Porträtkatalog der Siebenbürger Sachsen. Leipzig-Hamburg 1936; Schrifttum zur Kunst in Siebenbürgen, Krakau 1943; Die Graphik in Siebenbürgen, Kronstadt 1947; Die sächsische Goldschmiedekunst Siebenbürgens, Bukarest 1957 (auch engl., franz., rum., russisch); Die Volkstracht der Siebenbürger Sachsen, Bukarest 1957; Ein Hermannstädter Malerkreis um 1850. In: Forschungen zur Volks- und Landeskunde, Hermannstadt, Bd. 13/1, 1970, S. 37-56 (aus dem Nachlaß herausgegeben von H. Krasser).
Lit.: R. Spek, Sektionsrat Dr. Julius Bielz, Präsident der Gesellschaft der Freunde des Baron Brukenthalischen Museums, 60 Jahre alt. In: Mitteilungen aus dem Brukenthalischen Museum 9/10, 1944, S. 7; L. Tilleweit, Das Baron Brukenthalische Museum in Hermannstadt – heute, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 13, 1964, S. 234-236; H. Krasser, Ein Lebenswerk im Dienste unserer Kunst- und Volkskundeforschung, in: Hermannstädter Zeitung l, 1968, Nr. 21; A. Armbruster/Bielz, Julius, in: Enciclopedia isto-riografiei româneşti (Enzyklopädie der rumänischen Geschichtsschreibung). Bukarest 1978, S. 60; A. Heinz, Bielz, Dr. Julius, in: Beiträge zum Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, Folge 6, 1982, S. 101 bis 114.