Biographie

Blumenwitz, Dieter

Beruf: Staats- und Völkerrechtler
* 11. Juli 1939 in Regensburg
† 2. April 2005 in Würzburg

Dieter Blumenwitz begründete er frühzeitig seinen Ruf als exzellenter Staatsrechtslehrer und hervorragender Verfassungsrechtler, als er schon als junger Hochschullehrer mit 33 Jahren die Bayerische Staatsregierung 1973 in dem Normenkontrollverfahren zum Grundlagenvertrag mit der „DDR“ vertrat. Die damals in Karlsruhe erstrittene Entscheidung sollte die Rechtslage Deutschlands stabilisieren und die weitere Entwicklung auf Jahrzehnte prägen. Das Festhalten an der staatlichen Einheit und an der gemeinsamen Staatsangehörigkeit für alle Deutschen wurde 17 Jahre später zur Voraussetzung und Grundlage für den Beitritt der mitteldeutschen Länder zur Verfassungsordnung der Bundesrepublik und zur Vereinigung Deutschlands immerhin in den heutigen Grenzen.

Seit 1972 ordentlicher Professor an der Universität Augsburg, folgte er 1976 dem Ruf auf den Lehrstuhl für Völkerrecht an der Würzburger Universität, der er die folgenden fast drei Jahrzehnte bis zu seinem Tode die Treue gehalten hat. Im Mittelpunkt seines umfangreichen wissenschaftlichen Werkes steht die Nachkriegsordnung in Europa und ihre Weiterentwicklung auf den jeweils aktuellen Stand.

Fragen der Rechtsstellung Deutschlands, von Gebietshoheit und Souveränität, des Selbstbestimmungsrechts der Völker, des Minderheitenschutzes und des Rechtes auf die Heimat und deren Verankerung und Ausgestaltung in der nationalen wie internationalen Rechtsordnung hat er unermüdlich nachgespürt. Früher als andere erkannte er, daß das Schicksal der am Ende der Zweiten Weltkrieges Vertriebenen – wenn es ungesühnt bliebe – als böses Beispiel wirken und auch künftige Machthaber zu dem Versuch ermutigen würde, ethnische Konflikte gewaltsam durch Völkermord zu lösen. Die so genannten „wilden Vertreibungen“ der vergangenen Jahrzehnte auf dem Balkan und anderswo sind leider Bestätigungen für diese Befürchtung.

Insofern verlief das Forschen und Lehren von Dieter Blumenwitz immer eng an der politischen Entwicklung, ohne daß er sich jedoch durch den jeweiligen Zeitgeist hätte irritieren oder ablenken lassen, und nah an dem Schicksal der betroffenen Menschen. Umfangreiche und immer wieder aktualisierte Untersuchungen widmete er – nach dem Grundlagenvertrag mit der „DDR“ – auch den weiteren völkerrechtlichen Verträgen, die im Zuge er so genannten „neuen Ostpolitik“ geschlossen wurden. So erschien 1982 „Die Ostverträge im Lichte des internationalen Vertragsrechts“; 1985 folgte das grundlegende Werk zum „Prager Vertrag“, eine Analyse des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages von 1973 unter besonderer Berücksichtigung des Münchner Abkommens von 1938, und 1992 „Das Offenhalten der Vermögensfrage in den deutsch-polnischen Beziehungen“.

Dem Kreis der Wissenschaftler, die sich zu Beginn der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht zusammengefunden hatten, schloß er sich früh an und zählte schon bald zu ihren führenden Repräsentanten. Seit dem zweiten Band (1984) ist er Mitherausgeber der „Staats- und völkerrechtlichen Abhandlungen“ der Studiengruppe, von denen inzwischen 22 Bände vorliegen. Daneben ist er in der Schriftenreihe „Forschungsergebnisse der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht“, die in unregelmäßiger Folge erscheint, mit 14 eigenen Titeln vertreten, von denen mehrere auch in englischer Sprache vorgelegt wurden.

In der Debatte um die Beitrittsfähigkeit der Tschechischen Republik zur Europäischen Union bezog Dieter Blumenwitz die Gegenposition zu dem Heidelberger Völkerrechtler Jochen Frowein. In einem Gutachten für die Sudetendeutsche Landsmannschaft forderte er 2002 die Aufhebung der menschen- und völkerrechtswidrigen Beneš-Dekrete vor einer Aufnahme Tschechiens in die EU und vertrat dieses Position im März 2004 auch vehement in einer Anhörung vor dem zuständigen Ausschuß des Europäischen Parlamentes in Straßburg.

Dieter Blumenwitz war einer der prominentesten deutschen Staats- und Völkerrechtler der Gegenwart – ein Gelehrter, dessen wissenschaftliches Wirken nicht auf den akademischen Raum beschränkt blieb. Er vereinigte in seiner Person höchste fachliche Kompetenz in seltener Weise mit staatspolitisch begründeter Verantwortung. Seinen letzten Auftritt durften wir bei der Zeitgeschichtlichen Fachtagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen Ende Oktober 2004 in Ellwangen erleben. Die deutschen Heimatvertriebenen verlieren mit Dieter Blumenwitz einen ebenso streitbaren wie unbestechlichen Anwalt.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Blumenwitz

Hans-Günther Parplies