Biographie

Bock, Karl

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Prälat, Generalvikar
* 27. Oktober 1879 in Prälat, Generalvikar
† 27. Juni 1967 in Großenpinning/ Kr. Landau

Am 27. Juni 1967 verstarb Prälat Karl Bock, der von 1938 bis 1945 Generalvikar für den deutschen Anteil der Erzdiözese Prag war. Er wurde 1879 in Schönwald bei Tachau geboren, in einer bäuerlichen Familie. Die Dörfer des nördlichen Böhmerwaldes und südlichen Egerlandes hatten damals viele Priesterberufe. Als Prälat Bock starb, gab es noch 82 lebende deutsche Priester aus dem Kreis Tachau in der Vertreibung. Am Staatsobergymnasium in Mies (Stříbro) und im erzbischöflichen Konvikt, dieser Pflanzstätte vieler Priester aus bescheidenen Verhältnissen, absolvierte Bock die Gymnasialstudien. Der aus dem hessischen Friedberg stammende nachmalige Moralprofessor und Politiker, Prälat Karl Hilgenreiner, war sein damaliger Konviktsdirektor. Die theologischen Studien absolvierte Karl Bock an der Theologischen Fakultät der deutschen Universität in Prag im dortigen Seminar der Erzdiözese Prag, in dem Deutsche und Tschechen gemeinsam wohnten, obwohl die Karls-Universität 1882 geteilt worden war.

Am Fest der Apostelfürsten Peter und Paul im Jahre 1905 weihte ihn Erzbischof Leo Skrbensky im Presbyterium des damals noch nicht vollendeten St. Veits-Domes auf der Prager Burg zum Priester. Sein erster Kaplanposten war die rein deutsche Pfarrei Weipert (Vejprty) im Erzgebirge, hart an der Grenze zweier Kaiserreiche. Und das Erzgebirge ließ ihn viele Jahre nicht mehr los. 27 Jahre war er Pfarrer in Bärringen (Pernink) auf der Höhe des Gebirges. Hier lebten Klöppler, wandernde Musiker und Handschuhmacher. Dort ist der Sohn des südlichen Egerlandes den Erzgebirglern ein Erzgebirgler geworden.

Das Vertrauen seiner deutschen Mitbrüder machte ihn zum Obmann des deutschen Priestervereins in der Erzdiözese Prag, die Wertschätzung seines Erzbischofs, Kardinal Karl Kaspar von Prag, brachte ihm die Bestellung zum Pfarrer der Pfarrei Schlackenwerth (Ostrov) und die Auszeichnungen eines Dechanten ad personam, eines Erzbischöflichen Notars und die Ernennung zum Erzbischöflichen Bezirksvikar des großen Vikariates Karlsbad (Karlový Vary). Ein Vikariat war in Böhmen ein Dekanat; der Vikar war kein Vikar wie im Deutschen Reich, sondern ein Dekan bzw. Dechant. Das Jahr 1938 brachte mit seinen politischen Umwälzungen mit dem Münchner Abkommen vom 29. September durch den Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich nicht nur die widernatürliche Zerreißung des böhmischen Landes, sondern auch die Teilung aller böhmischen Diözesen. Nur die Bischofsstadt Leitmeritz (Litoměřice) lag im Reich, für die Katholiken der anderen böhmischen und mährischen Diözesen residierte der zuständige Bischof nun im Ausland. Daher ernannte der Vatikan für die von Deutschland abgetrennten Gebiete einige Generalvikare. Für den sudetendeutschen Anteil der Erzdiözese Prag bestellte der Prager Erzbischof, Kardinal Kaspar, den Pfarrer von Schlackenwerth wegen seiner guten menschlichen, priesterlichen und politischen Eignung zuerst zum erzbischöflichen Kommissar und mit Wirkung vom 30. November 1938 zu seinem Generalvikar. Die jurisdiktionelle Stellung wurde unterstrichen durch die Verleihung weiterer kirchlicher Auszeichnungen: Monsignore, Päpstlicher Hausprälat und wirklicher Kanonikus beim böhmischen Kollegiatskapitel in Altbunzlau. Als Sekretär und engster Mitarbeiter holte sich Prälat Bock den jungen Karl Reiß, der nach der Vertreibung Pfarrer in Offenbach-Waldheim und bis zu seinem Tode 1985 Diözesanvertriebenenseelsorger im Bistum Mainz sowie nach dem Tode von Weihbischof Kindermann Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerkes war. Das neue Generalvikariat umfasste den neuen Regierungsbezirk Eger (Cheb), der größer war als das historische Egerland, und gehörte nun zum Reichsgau Sudetenland. Nach dem Schematismus 1940 trug Karl Bock den Titel eines fürsterzbischöflichen Generalvikars. Als Kardinal Kaspar 1941 starb, wurde der Prager Generalvikar Theophil Opatrný zum Kapitelsvikar gewählt und blieb es, bis 1946 mit Josef Beram ein Erzbischof in Prag ernannt wurde. Nach Kardinal Kaspars Tod bestätigte Kapitelsvikar Opatrný Bock als „Leiter des sudetendeutschen Anteils der Erzdiözese Prag“ im Umfang der bisherigen Vollmachten. Dem Generalvikar unterstanden 1940 272 Weltgeistliche, siebzehn Pensionisten und 115 Ordenspriester. Die theologische Ausbildung der Priesteramtskandidaten war weiterhin an der Deutschen Universität in Prag. Als Opfer der Kirchenverfolgung durch die Nationalsozialisten musste der Generalvikar vierzehn Weltpriester und drei Ordensleute im KZ beklagen, andere im Gefängnis oder Zuchthaus. Sechs Priester und dreizehn Theologiestudenten fielen im Zweiten Weltkrieg.

Letzte Messe in Mies

Die beiden Konvikte in Duppau (Doupov) und Mies wurden vom NS-Regime verstaatlicht, ebenso manche Ordenshäuser und kirchliche Schulen der Ordensschwestern. Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches hörte das Generalvikariat auf zu bestehen. Bocks Sekretär Karl Reiß wurde fünf Monate im Gefängnis Karlsbad festgehalten, weil er dem Nuntius in Prag Meldungen über Übergriffe der Tschechen gemacht hatte.

Wie die anderen Priester und die deutsche Bevölkerung wurde auch Prälat Bock 1946 vertrieben. Er musste die Rechtlosigkeit der Deutschen ebenso erleben wie seine ihm anvertrauten Gläubigen. In der Diözese Regensburg fand er Aufnahme, wo er am 30. Juni 1967 in Großenpinning im 88. Lebensjahr und 62. Priesterjahr zu Grabe getragen wurde. Weihbischof Kindermann würdigte damals die Verdienste des Verstorbenen um Kirche und Volk. Ein Stück politische und Kirchengeschichte Böhmens wurde mit ihm zu Grabe getragen.

Lit.: Schematismus der Geistlichkeit des Generalvikariates Schlacken­werth, des deutschen Anteils der Erzdiözese Prag für das Jahr 1940, Schlackenwerth 1940. – Nachruf auf Generalvikar Bock, Mitteilungen des Sudetendeutschen Priesterwerkes, Königstein 1967, S. 83f. – Karl Reiß, Das Deutsche Generalvikariat in Westböhmen 1938-1945. In: Kirche, Recht und Land. Festschrift zum 70. Lebensjahre von Weihbischof Adolf Kindermann, Königstein 1969, S. 228-239.

Bild: Privatarchiv Schmid, Buchheim

Rudolf Grulich