Biographie

Böhm, Wolfgang Rudolf

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Abt von Tepl
* 10. Juli 1914 in Dotterwies bei Chodau
† 13. April 1988 in Villingen

Als 1946 die Chorherren des Stiftes Tepl vertrieben wurden, war seit 1944 Petrus Möhler der erste Abt in der Vertreibung. Nach einen vorübergehenden Aufenthalt im oberpfälzischen Stift Speinshart, das Abt Helmer 1921 vom bayerischen Staat zurückgekauft hatte, ließen sich die vertriebenen Tepler Prämonstratenser 1948 im Kloster Schönau bei St. Goarshausen im Rheinland nieder, von wo aus Abt Petrus Möhler weiter segensreich für die sudetendeutsche Volksgruppe wirkte. Hier starb er am 7. März 1968. Sein Nachfolger wurde Abt Wolfgang Böhm. In dessen Person zeigt sich die Tragik der sudetendeutschen Klöster und Stifte nach der Vertreibung. Wie Tepl wurden auch andere Konvente ausgesiedelt und versuchten im Exil einen Neuanfang. Das gilt von den Zisterzienserklöster Ossegg und Hohenfurth ebenso wie von den Benediktinern in Braunau und den Ordensprovinzen der sudetendeutschen Augustiner und der Redemptoristen. Bis auf die Braunauer Benediktiner im niederbayrischen Rohr sind diese Konvente und Ordensprovinzen heute nicht mehr existent. Das gilt auch von den weiblichen Ordensgemeinschaften wie den Kreuzschwestern von Eger, den Klarissen von Leitmeritz, den Ursulinen von Freiwaldau und anderen sudetendeutschen Schwesternklöstern.

Abt Böhm wurde am 10. Juli 1914 in Dotterwies bei Chodau geboren und auf den Namen Rudolf getauft. Er besuchte das Gymnasium in Duppau und Eger, wo er 1934 maturierte und dann ins Stift Tepl eintrat und den Ordensnamen Wolfgang erhielt. Abt Helmer sandte ihn zum Studium nach Rom ins Angelikum. 1940 erwarb er in Rom das Lizenziat. In der römischen Kirche St. Antonio erhielt er bereits 1939 die Priesterweihe. In die Heimat zurückgekehrt war er als Seelsorger in Wiesengrund und Staab tätig, außerdem in Petersheim und in Stadt Tepl. In dieser Zeit wurde er mehrfach von der Gestapo vorgeladen und in Karlsbad verhört, seine Predigten wurden überwacht, ihm selber KZ angedroht. Nach Kriegsende folgten Verhöre und Verwarnungen durch die tschechischen Behörden und schließlich die Vertreibung der deutschen Chorherren von Tepl am 6. August 1946. In Regensburg war P. Böhm zunächst Präfekt bei den Regensburger Domspatzen, dann Dekanats­flüchtlingsseelsorger in Halsbach (Oberbayern) und Lagerseelsorger in München-Allach, ehe er mit dem Konvent in Schönau im Taunus eine neue klösterliche Heimat fand. 1949 konnte er in Erlangen zum Doktor beider Rechte promovieren. Das Thema seiner Dissertation war Die Türkensteuer des Klerus im Bistum Regensburg. Als Pfarrer im hessischen Aßlar baute er eine Kirche mit Kindergarten, ehe er als Nachfolger von P. Möhler 1968 die Abtsweihe in Schönau empfing. Wie seine Vorgänger stellte sich auch Abt Böhm der sudetendeutschen Volksgruppe zur Verfügung und nahm an Heimattreffen, Wallfahrten und an Sudetendeutschen Tagen teil. Er war auch Protektor des Sozialwerks der Ackermanngemeinde. Als Wahlspruch in seinem Abtswappen hatte er „Caritate et prudentia“ (Mit Liebe und Klugheit) gewählt. Über sein Abtswappen schrieb Rudolf Hemmerle, es sei „ein zeitgeschichtliches Dokument, denn es versinnbildlicht den Kreuzweg des Stiftes Tepl. Die von den Zeichen der Abtswürde gekrönten vier Felder zeigen das Tepler Stiftswappen (drei Hirschgeweihe) in Silber, den Buchstaben M zu Ehren Marias in Blau, das Stift Tepl in Ketten, versinnbildend die Verfolgung des Klosters und seiner Angehörigen und endlich im vierten Feld einen Anker auf grünem Feld, der Hoffnung und Vertrauen auf Gott symbolisiert“.

Um die Zukunft des Stiftes zu sichern, verlegte Abt Böhm das Stift von Schönau nach Villingen im Schwarzwald, wo es auch die Seelsorge der neuen Pfarrkirche im Stadtteil Bickeberg übernahm. Von Villingen aus gründete Böhm im Süden Indiens in im Bundesstaat Kerala ein Kloster seines Ordens, das im Gegensatz zum deutschen Stift Tepl aufblühte und bis heute auf 100 Patres und Brüder anwuchs. Von Krankheit heimgesucht legte Böhm die Leitung des Klosters 1985 in jüngere Hände. Er starb am 13. April 1988 und ist auf dem Friedhof des Stifts Speinshart in der Oberpfalz begraben. Sein Nachfolger P. Norbert Schlegel hatte nur die Würde eines Priors, da die Zahl der zur Abtswahl zugelassenen Professen gesunken war. Prior Schlegel verlegte das Stift 1987 von Villingen ins schwäbische Obermedlingen. Die Wende in der Tschechoslowakei durch die Samtene Revolution 1989 ließ in Tepl 1990 das dortige tschechische Stift neu entstehen, das wie alle Klöster und Stifte der CSSR 1950 aufgehoben worden war. In Obermed­lingen endete das Klosterleben und das deutsche Stift Tepl leider 1996. Der Ordensschematismus der Prämonstratenser im deutschsprachigen Raum verzeichnete heute nur noch dem Namen nach ein „deutsches“ Stift Tepl-Obermedlingen in Manamthavady in Indien. Unter seinen Chorherren wurde noch P. Norbert Schlegel bis zu seinem Tode geführt, obwohl er als Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerkes nicht in Indien, sondern in Brannenburg tätig war.

Bild: Kulturstiftung.

Rudolf Grulich